Leviathan-Gasfeld: Energiefrühling für Israel
„Moses führte uns 40 Jahre lang durch die Wüste, nur um uns zu dem einzigen Flecken im Mittleren Osten zu bringen, der kein Öl hat“, klagte Golda Meir, die legendäre israelische Premierministerin 1973 bei einem Staatsbankett. Israel hängt noch heute bei Öl und Gas völlig von Importen ab. Das ändert sich total mit dem Fund riesiger Gasfelder im Mittelmeer vor Israels Küsten.
Das schon 2009 gefundene kleinere Tamar- und das ungleich größere, 2010 entdeckte Leviathan-Gasfeld liegen in dem israelischen Teil des sogenannten Levantinischen Beckens, das sich von Ägypten über Zypern bis zur Türkei im östlichen Mittelmeer erstreckt. Der jüngste geologische Report aus den USA, der US Geological Survey, schätzt die Reserven dort auf mehr als 120 Billionen cubic feet, umgerechnet rund 34 Billionen m3 Erdgas. Davon vermuten die Wissenschaftler 40 % in israelischen Hoheitsgewässern.
Während der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu die Gasfunde als „Manna vom Himmel“ preist, hat besonders die Entdeckung von Leviathan die Spannungen in der politisch hochsensiblen, von Bürgerkrieg, Revolution und „arabischem Frühling“ geprägten Region noch erhöht.
Leviathan-Gasfeld erhöht Spannungen zwischen Israel und Libanon
Das riesige Gasfeld liegt nämlich nahe an der heiß umstrittenen Grenze zwischen den Hoheitsgewässern Israels und des Libanons. Die Hisbollah, die Gruppe libanesischer Schia-Anhänger und erbitterter Israelfeinde, hat das Land schon beschuldigt, eigentlich dem Libanon gehörendes Gas zu stehlen.
Leviathan ist aber bei Weitem noch nicht entwickelt, geschweige denn in voller Produktion, im Gegenteil. Die drei bisher dort tätigen Konsortien, die Noble Energy aus den USA sowie die israelischen Partner Delek Drilling und Avner Oil & Gas Exploration haben Leviathan zwar entdeckt, allein aber weder die Finanzmittel noch genug Know-how oder gar politischen Rückhalt, um Leviathan voll in Produktion zu bringen.
Große westliche Ölkonzerne wie Exxonmobil oder Royal Dutch Shell zeigen wenig oder gar kein Interesse sich dort zu engagieren. Denn sie fürchten damit andere neue Chancen sowie ältere Investitionen im Mittelmeerraum und ihre Beziehungen zu den arabischen Staaten zu gefährden.
Deshalb hat das Leviathan-Konsortium jetzt die britische HSBC Bank gebeten, als Käufer einer 30 %igen Beteiligung einen finanzstarken Partner zu suchen, der überdies noch technisches Know-how einbringt. Damit, so hoffen die Partner, könnte dann 2013 oder spätestens im ersten Halbjahr 2014 die Förderung beginnen.
Staatliche Öl-und Gaskonzerne aus China sowie Russland sollen schon Interesse angemeldet haben. HSBC, die größte Bank Europas, zu der in Deutschland die HSBC Trinkaus & Burkhardt gehört, verfügt schon traditionell über exzellente Beziehungen in Fernost. Das zeigt schon der Name: Er steht für Hong Kong Shanghai Banking Corporation.
Spannungen zwischen Russland und Israel sprechen gegen Beteiligung russischer Unternehmen an Leviathan
Gegen eine Beteiligung russischer Unternehmen an Leviathan spricht das traditionell eher gespannte Verhältnis zu (besonders russischen) Juden und in Folge auch zu Israel. Schon die Sowjetunion pflegte bessere Beziehungen zu Ländern wie Ägypten und Syrien. Kleinere westliche oder noch junge Unternehmen wie die vom früheren BP-Chef Tony Hayward geleitete Genel Energy kommen als Partner für Leviathan schon aus Geldmangel kaum infrage.
Dagegen verfügen chinesische Unternehmen wie Sinopec oder die CNOC (Chinese National Oil Corporation), wenn es um Öl und Gas geht, über denkbar tiefe Taschen. Das ist auch nötig. Denn bevor Leviathan wirklich in großem Stil Gas liefern kann, sind Milliarden Euro an Investitionen fällig, etwa für eine Pipelineverbindung entweder nach Israel oder Zypern oder für eine schwimmende Verflüssigungsanlage, wie sie Shell derzeit erprobt.
Uzi Landau, der israelische Energieminister, betont, engere politische und wirtschaftliche Verbindungen zu Zypern knüpfen zu wollen. Der Inselstaat, der selbst in seinen levantinischen Gewässern reiche Öl- und Gasvorkommen vermutet und dafür schon international Bohr- und Explorationslizenzen ausgeschrieben hat, sei für Israel ein Wunschpartner.
Leviathan-Gasfeld könnte Israel weniger erpressbar machen
Mit einer anderen Pipeline hat Israel gerade Schiffbruch erlitten: Einst als Zeichen von Freundschaft und Kooperation gefeiert, ist die Sinai-Pipeline von Ägypten nach Israel in den vergangenen 18 Monaten 14-mal von Bomben- und Sprengstoffattentaten getroffen worden.
Nicht nur die Hisbollah, auch viele Ägypter hassen die Gasexporte nach Israel, vor allem dann, wenn ihr Land selbst unter Energieproblemen leidet. Der unter dem früheren ägyptischen Diktator Mubarak noch gefeierte Erdgas-Versorgungsvertrag mit Israel ist deshalb gekündigt.
Ob Leviathan, wie Landau hofft, mehr Frieden in die zerrüttete Region bringen kann, ist noch völlig offen. Aber zumindest könnte das eigene Erdgas Israel weniger erpressbar machen.
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