Lichtantennen ergeben hocheffiziente Solarzellen
Mit Gold Strom produzieren – das klingt zunächst unwirtschaftlich. Doch ist es Würzburger Forschern gelungen, mit winzigen Antennen aus dem Edelmetall viel Sonnenlicht aus einem – bezogen auf ihre Fläche – großen Bereich einzufangen und es auf wenige stromerzeugende Moleküle zu konzentrieren. Das könnte die Photovoltaik effizienter machen.
Die Entwicklung von Photovoltaiksystemen, die sich günstiger herstellen lassen und Sonnenlicht mit einem höheren Wirkungsgrad in Strom umwandeln als die bisher gängigen Siliziumsolarzellen, ist Ziel weltweiter Forschung. Lichtsammelkomplexe, die dank optischer Nanoantennen aus Gold mehr als 30 % Effizienz erreichen, könnten dieses Ziel näher rücken lassen.
Golddrähte im Nanobereich können wie Radioantennen funktionieren. Nur sind sie mit maximal 300 nm Länge und 30 nm Dicke rund 10 Mio. Mal kleiner als Radioantennen und fangen statt Radiowellen die Wellen des sichtbaren Lichts aus ihrer Umgebung ein.
Die Strahlungsenergie des Lichts bündeln die Goldantennen wie ein Brennglas in 1000-facher Konzentration auf Farbstoffmoleküle. Diese wiederum produzieren daraus Strom. Entwickelt hat dieses komplexe System die Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
„In fünf Jahren wollen wir die ersten Prototypen präsentieren und die großtechnische Umsetzung vorbereiten“, sagt der Physiker Bert Hecht, der sich an der Würzburger Hochschule am Lehrstuhl für Experimentelle Physik auf Nanooptik und Biophotonik spezialisiert hat.
Die Innovation von Hechts Arbeitsgruppe könnte die Gestehungskosten für Solarstrom deutlich senken. Bisher ist er nicht wirtschaftlich, denn die Herstellung der marktbeherrschenden Siliziumzellen ist wegen der aufwändigen Rohstoffgewinnung und vielen Prozessschritten teuer.
Die Stromausbeute von Standard-Siliziumzellen ist mit derzeit maximal 22 % Wirkungsgrad relativ gering. Nanoantennen versprechen nicht nur eine höhere Effizienz, sondern sie ließen sich wohl auch billiger herstellen. Als ausschlaggebend hierfür gilt, dass die Nanostrukturen wie beim Zeitungsdruck von Rolle zu Rolle auf einen kostengünstigen Träger gedruckt werden können. Das Interesse an den Mini-Stromgeneratoren ist daher groß: Die Volkswagen-Stiftung unterstützt die Würzburger Forscher mit 569 000 €.
Aber auf die Wissenschaftler wartet noch viel Arbeit. Nur winzige Antennen im Nanoformat können Licht konzentrieren. 1 nm entspricht gerade mal einem Milliardstel Meter. Die Produktion so kleiner Antennen ist schwierig.
„Die Nanofabrikation steckt erst in den Kinderschuhen“, erklärt Hans Eisler, Leiter der Arbeitsgruppe Nanoscale Science am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Bisher werden optische Antennen erzeugt, indem zunächst mehrere Metallschichten auf einen Träger aufgedampft und die gewünschten Formen anschließend mit einem Ionenstrahl herausgeschnitten werden. Doch bestehen die Schichten aus vielen einzelnen Kristallen und weisen eine grobkörnige Struktur auf. Daher lassen sich daraus nur sehr unregelmäßige Formen schneiden, die nicht die gewünschte Funktion haben.
Bert Hechts Forscherteam versucht daher einen anderen Weg. Es nutzt die Methode der chemischen Selbstorganisation. Danach fügen sich Substanzen spontan zu komplexen Strukturen zusammen. Damit gewinnen die Wissenschaftler einkristalline Goldplättchen ohne Körnung. „Daraus modellieren wir präzisere Antennen, die Licht zehnmal besser konzentrieren als herkömmliche Antennen“, sagt Hecht.
Die Antennen bestehen jeweils aus zwei Goldstäbchen, deren Enden sich fast berühren. In die nur wenige Nanometer breite Lücke zwischen den Enden platzieren die Physiker Farbstoffmoleküle mit besonderen Eigenschaften: „Sie können sich leitfähig mit dem Gold verbinden und negative Elektronen von den positiven Elektronenlöchern trennen.“ Über durchsichtige Elektroden einer Indiumverbindung kann der Strom abgegriffen werden.
Langfristig wollen Hecht und sein Team viele Nanoantennen auf einem Gitter anordnen und in ein Modul integrieren. Damit ließe sich dann zum Beispiel Licht eines bestimmten Wellenlängenbereichs sammeln – so, wie die Radioantenne ebenfalls nur die Radiowellen einer bestimmten Frequenz aufgreift.
„Man bekäme eine Solarzelle mit steuerbarer Wellenlängenempfindlichkeit“, sagt Hecht. Zudem soll das Gold künftig durch günstigere Materialien ersetzt werden. Das wird nicht leicht: Zwar eignen sich einige Metalle wie Silber für den Elektronentransport sehr gut, aber diese sind nicht robust genug und korrodieren.
Dabei drängt die Zeit für die Würzburger Forscher. Sie stehen in einem harten Wettbewerb mit anderen Wissenschaftlern, die ebenfalls Solarzellen der dritten Generation entwickeln. Das KIT zum Beispiel arbeitet an Antennen, die Wellen des sichtbaren Lichts nicht nur einsammeln, sondern sie auch direkt in elektrische Energie umwandeln – ladungstrennende Moleküle werden damit überflüssig.
Auch marktgängige Silizium- oder Dünnschichtsolarzellen haben noch Entwicklungspotenzial. Siliziumzellen erzielen im Labor bis zu 25 % Wirkungsgrad, in der Praxis im Durchschnitt aber nur 16 % – diese Lücke wollen die Ingenieure in den kommenden Jahren schließen. Gleichzeitig soll die Technik mithilfe neuer Verfahren zur Siliziumgewinnung und effizienteren Produktionsprozessen billiger werden.
Bei der Dünnschicht entwickeln sich Innovationen ebenfalls rasch. Bisher erreichen die leistungsstärksten Dünnschichtmodule aus Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIS) in der Serienproduktion maximal 13 % Wirkungsgrad. Doch arbeitet etwa das Zentrum für Energie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Stuttgart an sogenannten Tandemzellen, bei denen zwei verschiedene Dünnschichthalbleiter übereinandergestapelt werden, um einen größeren Spektralbereich der Sonne zu nutzen.
„Die Dünnschicht wird damit in Effizienzbereiche vorstoßen, die bisher kristallinen Siliziumzellen vorbehalten waren“, sagt Michael Powalla, Leiter des Geschäftsbereichs Photovoltaik am ZSW. Die Frage ist, ob die Nanotechnik dann noch benötigt wird. SASCHA RENTZING
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