Lithium aus Thermalwasser: Wie der geothermische Schatz im Rheingraben geborgen werden soll
Kaum ein Akku ohne Lithium: Das soll bald aus dem Oberrheingraben kommen – also direkt aus Deutschland. Sitzen wir auf einem großen Schatz? Wie weit das Pilotprojekt von den Pfalzwerken geofuture schon ist, hat INGENIEUR.de mit Geschäftsführer Jörg Uhde besprochen.
INGENIEUR.de: Lithium aus Thermalwasser, wie sind Sie auf diese Entwicklungsidee gekommen, Herr Uhde?
Jörg Uhde: Wir lassen seit Inbetriebnahme des Geothermiekraftwerks Insheim regelmäßig das Thermalwasser untersuchen und kennen daher bereits seit acht Jahren den interessanten Lithium-Gehalt. Die Transformation zur Elektromobilität führt zu einer immensen Steigerung der Nachfrage für Lithiumionenbatterien und damit auch nach Lithium. Deshalb wollen wir die Chancen, die mit dem vergleichsweise hohen Lithium-Gehalt in den Thermalsolen des Rheingrabens verbunden sein können, intensiv prüfen.
Wie weit ist das Vorhaben schon? Sie gehen von einer Pilotphase in zwei Jahren aus…
Wir haben mit Vulcan Energy Resources, die mehrere Aufsuchungserlaubnisse auf Lithium und Geothermie im Rheingraben beantragt haben, erste Überlegungen zur Lithiumabscheidung aus unserem Thermalwasser begonnen. Es müssen jedoch noch wesentliche Grundlagen, die insbesondere die Fällungsprozesse betreffen, erarbeitet werden, um ein geeignetes Extraktionsverfahren auswählen zu können. Dafür benötigen wir mindestens zwei Jahre, um zusammen mit Forschungsinstituten und Fachplanern die passenden verfahrenstechnischen Grundoperationen zu bestimmen.
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Wofür verwenden Sie das Thermalwasser des Geothermiewerks Insheim sonst?
Wir erzeugen mit einem sogenannten Organic Rankine Cycle seit acht Jahren CO2-freien Strom. Darunter versteht man ein Verfahren beim Einsatz von Dampfturbinen, wobei ein anderes Medium als Wasserdampf zum Einsatz kommt. Das Thermalwasser wird dabei vollständig in das Reservoir zurück gepumpt.
Welche Technologie ist nötig, um Lithium aus Thermalwasser zu gewinnen?
Grundsätzlich können unter anderem Sorptionsverfahren, Flüssig-Flüssig-Extraktionsverfahren, Membranverfahren und Fällungsoperationen zur Lithiumabscheidung eingesetzt werden. Aufgrund des komplexen Thermalwasserchemismus müssen wir ein Verfahren mit einer hohen Selektivität auswählen, um unerwünschte Verunreinigungen des Lithiumprodukts weitgehend zu vermeiden. Besonders die Vergrößerung des Produktionsmaßstabes und der Energiehaushalt eines Verfahrens sind dabei entscheidende Fragen.
Wie kann die Pilotanlage in Insheim aussehen?
Wir werden nach einer Vorfestlegung auf eine Verfahrenstechnik ausgehend von orientierenden Laborversuchen zunächst eine erweiterte Laboranlage im Bypass des Thermalwasserkreislaufs betreiben und anschließend die Maßstabsvergrößerung zu einer halbtechnischen Pilotanlage durchführen. Diese Anlage wird dann den Umfang von zwei Überseecontainern haben.
In welchen Mengen könnten Sie Lithium fördern?
Wir gehen davon aus, dass an unserem Standort jährlich circa 1.000 Tonnen Lithiumkarbonatäquivalent („LCE“) gewonnen werden können.
Wozu verwenden Sie sonst die Wärme von Wasser?
Zur Stromerzeugung und zukünftig auch zur Nahewärmeversorgung einer geplanten Gewächshausanlage.
Im Oberrheingraben enthält das Thermalwasser Lithium, das abgefiltert werden soll. Können Sie den Prozess näher erklären?
In den Thermalwasserkreislauf wird vor der Einleitung des abgekühlten Thermalwassers in den Untergrund eine noch zu definierende Separationsanlage integriert, mit der ein Lithium-Konzentrat erzeugt werden soll. Dieses Vorprodukt muss dann an einem anderen Standort zu batteriefähigem LCE aufbereitet werden. Dabei müssen die Temperatur- und Druckverhältnisse möglichst ungestört bleiben, um eine ungewollte Veränderung des Thermalwassers zu vermeiden.
Welches Energiepotenzial schlummert noch in unserer Erde? Wenn man mal die insgesamt schwindenden Ressourcen betrachtet.
Aus dem Innern der Erde steigt ein ständiger Strom von Energie an die Oberfläche. Die Erde strahlt täglich etwa viermal mehr Energie in den Weltraum ab, als wir Menschen derzeit an Energie verbrauchen. 30 % des an die Erdoberfläche steigenden Energiestroms kommen aus dem heißen Erdkern selbst. 70 % entstehen durch den ständigen Zerfall natürlicher radioaktiver Elemente in Erdmantel und Erdkruste.
Was macht die Region Südpfalz so besonders energievoll?
Unter der Erde die unerschöpfliche geothermische Energie des Rheingrabens und über der Erde die wundervolle Weinbauregion mit exzellenten Weiß- und Rotweinen. Die Rotweine werden, bedingt durch den Klimawandel, auch in der Südpfalz heimisch und immer besser.
Wie nachhaltig agiert Geofuture? Worin sehen Sie die Zukunft?
Wir erzeugen nachhaltig und CO2- frei Strom und arbeiten derzeit an einem spannenden Projekt zur Wärmeauskopplung zur Versorgung einer ebenfalls nachhaltig geplanten und später bewirtschafteten Gewächshausanlage. Damit können wir die geothermische Energie noch umfassender Nutzen bevor wir das Thermalwasser zurück in den Untergrund leiten.
Vielen Dank für dieses Interview, welches wir schriftlich geführt haben.
Jörg Uhde ist seit September 2017 Geschäftsführer der Pfalzwerke geofuture GmbH, Eigentümer und Betreiber des Geothermiekraftwerks Insheim. Von September 2015 bis Juli 2017 war er als Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Waldsee tätig. Uhde war dort verantwortlich für die Entwicklung des 12 MW Windparks und eines geothermischen Fernwärmenetzes.
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