Lithium-Ionen-Batterien werden langlebiger
Große Lithium-Ionen-Batterien für den Automobilbereich sollen zehn bis zwölf Jahre durchhalten. Das setzt präzise Fertigung mit Echtzeit-Qualitätsprüfungen voraus. Gerade die Zellmontage birgt große Herausforderungen für Automatisierer. Hauchdünne Elektroden und Separatoren müssen zugeschnitten, in Sekundenbruchteilen µm-genau gestapelt und mit Leitern verschweißt werden, ehe die Zellen versiegelt, mit Elektolyt befüllt und erstmals unter Strom gesetzt werden.
Schon die Randbedingungen der Montage von Lithium-Ionen-Zellen sind eine Herausforderung. „Die Luftfeuchte darf 0,5 % nicht übersteigen, beim Befüllen mit Elektrolyt sind sogar Werte um 0,1 % gefordert“, so Rudolf Simon, Technology Manager im Bereich Automotive + Batteries der M+W Group, Stuttgart. Damit minimieren die Hersteller das Risiko unerwünschter Reaktionen in den Zellen. Denn die sollen in Elektrofahrzeugen über zehn Jahre und 2000 Ladezyklen durchhalten.
Die Lufttrocknung ist in der Batteriefertigung eine der leichteren Aufgaben. Trocknungsmittel wie Silikagel oder Zeolithe entziehen der Luft Feuchtigkeit. Diese wird ihnen in einem zweiten Schritt mit Wärme ausgetrieben. Kreislaufkonzepte halten den Energieaufwand dabei im Zaum. Auch beim energieintensiven Formieren der Batteriezellen, bei dem sie tagelang in Dutzenden Ladezyklen gealtert und auf ihre Kapazität hin geprüft werden, wird die eingesetzte Energie – soweit möglich – zurückgewonnen. Das treibt laut Simon zwar die Anfangsinvestition in die Höhe, zahlt sich aber letztendlich aus. „Auch effizienter Umgang mit Energie hilft, die Batteriekosten zu senken“, erklärte er.
Kosten für Lithium-Ionen-Batterien sollen auf 200 €/kWh sinken
Niedrige Kosten – eine Notwendigkeit. Während Lithium-Ionen-Batterien heute noch deutlich über 400 €/kWh kosten, rechnen Marktbeobachter bis zum Ende des Jahrzehnts mit Kosten unter 200 €/kWh. Bis dahin soll der Weltmarkt auf viele hundert Millionen großformatiger Zellen wachsen. Einzelne Fabriken werden dann Jahreskapazitäten um 500 MWh haben. Laut einer Studie von VDMA und Roland Berger steigen die Investitionen in Batterie-Produktionstechnik auf weltweit 4,8 Mrd. € im Jahr auch weil die Anlagen wegen der hohen Dynamik der Batterieentwicklung im Schnitt nur vier Jahre in Betrieb bleiben dürften.
Die Planer müssen Layouts und die IT-Landschaften der Fabriken also offen gestalten, damit neue Prozesse und Anlagen auch nachträglich eingebunden werden können. Gerade beim Zuschneiden der beschichteten Elektroden und Separatoren und der anschließenden Zellmontage dürften sich in den kommenden Jahren viele neue Lösungen ergeben. So gilt Laserschneiden als Mittel der Wahl, um die frisch beschichteten, kaum 150 µm dicken Aluminium- und Kupferfolien der Anoden und Kathoden auf das richtige Zellformat zu bringen. Die Toleranzen liegen bei maximal 4 µm. Doch das ist weniger problematisch als die Steuerung der Laserintensität: Gebündeltes Licht trifft in Sekundenbruchteilen auf Metallfolien und Beschichtungen, die es ohne Schmelzwulste und ohne Materialspritzer exakt trennen muss.
Eine Batteriezelle besteht aus Stapeln von jeweils bis zu 40 etwa DIN-A4-großen Anoden- und Kathodenlagen, die von 80 Separatorlagen getrennt werden. Diese Lagen sind kaum 0,15 mm dick, flexibel, teils porös und obendrein unterschiedlich groß. Das stellt höchste Anforderungen an die Automatisierer. Die Hersteller streben Taktzeiten von 1 s an, um Anode, Separator, Kathode und einen weiteren Separator zu stapeln. Pro Zelle bleibt so kaum eine halbe Minute, in der trotz der rasenden Handhabung keine Lage verrutschen, knautschen oder knicken darf. Nicht minder schwierig ist es, die dann geschichteten Stapel der hauchdünnen Elektroden ausnahmslos mit Stromleitern zu verschweißen und anschließend in Folien zu versiegeln. Lecks sind für mindestens ein Jahrzehnt absolutes Tabu.
Lithium-Ionen-Batterien: Lebensdauer durch präzise Monate deutlich verlängert
Die Präzision muss mit diesen Entwicklungen Schritt halten, damit die geforderte Kapazität und Lebensdauer der Zellen sowie deren sicherer Betrieb dauerhaft gewährleistet sind. Die spätere Betriebsfestigkeit hängt laut Ernst Barenschee, Geschäftsführer der Evonik Litharion GmbH, Kamenz, mindestens so sehr an präziser Fertigung wie an der Zellchemie. Und weil sich die Zellfunktion erst nach dem endgültigen Versiegeln prüfen lässt, wünschen sich Hersteller Echtzeit-Qualitätsüberwachung jedes einzelnen Schrittes der vollautomatisierten Zellmontage. Auch das anschließende Befüllen der Zellen mit Elektrolyt, das zügig, gleichmäßig und absolut blasenfrei erfolgen muss, soll sensorisch überwacht werden. Sämtliche Messwerte dokumentieren die Hersteller, um rückverfolgen zu können, wo sich Fehler einschleichen, und um Kunden das Einhalten geforderter Prozessparameter nachweisen zu können.
Elektrisch aktiv werden die Batteriezellen mit der ersten Aufladung. Auch danach können sich die Hersteller ihrer Sache aber noch nicht sicher sein. Erst wenn die Formierung abgeschlossen ist, bei der sich während des „Alterns“ feine Schutzschichten auf den Elektroden bilden, kann die eigentliche Klassifikation und Endkontrolle erfolgen. Erst danach folgt die Montage der Zellen zu Batteriemodulen mit Management- und Kühlsystemen, aus denen dann komplette Batteriesysteme zusammengesetzt werden. Die bislang weitgehend händische Montage könnten in Zukunft Roboter übernehmen.
Lithium-Ionen-Batterien: Echtzeit-Qualitätsprüfungen sind das Ziel
Peter Haan, der in der Industrieautomationssparte der Siemens AG, Nürnberg, das Business Development im Bereich Batterieproduktion leitet, hat klare Vorstellungen von zukünftigen Batteriefabriken. „Um Hochvolt-Batterien zu vernünftigen Kosten in den Markt zu bringen, braucht es Mengendegression bei höchster Qualität“, sagte er. Das könne Automatisierungstechnik nur leisten, wenn es praktisch in jeder Maschine Echtzeit-Qualitätsprüfungen gebe. Die Homogenität der Elektroden, Präzision der Schnittkanten und Elektrodenstapel sowie der Elektrolytdurchfluss müssten künftig auf allen Fertigungsebenen nachvollziehbar sein, um ohne Zeitverzug auf Störungen reagieren zu können. Solche digital vernetzten Fabriken, mutmaßt der Experte, dürften bis 2020 Kapazitäten von jährlich 20 Mio. produzierten Zellen erreichen.
Weil in solchen Großserienfertigungen verschiedene Batterietypen gefertigt werden dürften und die Produktionstechnik voranschreitet, spricht sich auch Haan für flexible Fabriklayouts aus. Als zentrale Voraussetzung dafür sieht er offene, durchgängige Standards. Sie könnten schon sehr bald dazu dienen, Produktentwicklung und Fabrikplanung parallel voranzutreiben. Das würde es den Fabrikplanern erlauben, Materialflüsse und Rüstzeiten zu simulieren und dabei Layouts zu entwickeln, in denen nicht mehr und nicht weniger Maschinen und Anlagen als nötig für durchgängige Verfügbarkeit sorgen.
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