Lithium-Ionen-Speicher sollen Stromversorgung stabilisieren
Für die Elektromobilität scheint die Lithium-Ionen-Technologie für Stromspeicher zurzeit erste Wahl zu sein. In den Hintergrund rückt dabei bisher die Anwendung, mit den Batterien als Pufferspeicher Verteilstromnetze zu stabilisieren. Unternehmen wollen diesen Markt mit neuen Technologien bedienen.
Mitte des Jahres soll es so weit sein, dann will Ulrich Ehmes im badischen Willstätt mit der Großserienproduktion neuartiger Lithium-Ionen-Batterien loslegen. „Wir befinden uns mit unserem Werk in Willstätt auf dem Gelände der ehemaligen BASF-Magnetbandfabrik und profitieren somit bei der Fertigung von Elektroden von der Erfahrung der früheren BASF-Mitarbeiter im Bereich präziser Beschichtungen“, erklärt der Vorstandschef des Schweizer Batterieherstellers Leclanché aus Yverdon-les-Bains.
Die Zellen, die Leclanché in Willstätt bereits heute auf einer automatisierten Pilotanlage herstellt, haben mit den Lithium-Ionen-Akkus, die viele aus Han-
dys und Notebooks kennen, äußerlich wenig gemein. Die taschenbuchgroßen, aber in der Grundfläche quadratischen Batteriezellen (s. Bild) arbeiten mit einem Keramikseparator und Titanat-Anoden. Gestapelt zu sogenannten Stacks, können aus den etwa zentimeterhohen Zellen dann Stromspeichersysteme mit Leistungen von bis zu 1 MW gebaut werden, erklärt Ehmes.
Lithium-Ionen-Speicher für die stationäre Speicherung von erneuerbaren Energien
„Üblich sind wegen der höheren Energiedichte bei Lithium-Ionen-Stacks Graphitanoden, aber wir wollen mit unseren Produkten vor allem in den Markt der stationären Speicherung von erneuerbaren Energien.“ Ziel seien, so Ehmes, vor allem räumlich verteilte Systeme wie Containerlösungen für das Gewerbe und Eigenheimlösungen. Dort spielten Betriebssicherheit und Langlebigkeit eine große Rolle – weniger die Leistungsdichte. „Mit unseren Keramikseparatoren erreichen wir eine hohe Sicherheit. Durch den Einsatz von Titanat-Anoden erreichen wir eine höhere Lebensdauer von 15 000 vollen Lade- und Entladezyklen.“
Welche Produkte Leclanché im Sinn hat, war auf der Solarmesse Intersolar 2011 zu sehen. Dort stellte Schüco ein Energiemanagement- und Stromspeichersystem für Photovoltaikanlagen in Eigenheimen vor, basierend auf den 2,1-kWh-Zellstacks der Schweizer.
Knackpunkt sind für Ehmes die Kosten: „Der größte Anteil der Zellproduktionskosten sind zurzeit die Materialkosten.“ Die bisherige Pilotanlage für 100 000 Stück/Jahr sei eher ein „Technikumsbetrieb“. Das neue Werk sei für 1 Mio. Stück/Jahr ausgelegt. „Wir werden eine weitere signifikante Kostensenkung durch ein Sourcing unter anderem in China erreichen. Hierfür haben wir unlängst ein Memorandum of Understanding mit einem chinesischen Lieferanten unterschrieben.“ Kurz vor Weihnachten wurde eine Zusammenarbeit mit dem Lithium-Ionen-Zellhersteller Unipower bekannt gegeben. Den Bereich von deutlich unter 10 Cent für die gespeicherte kWh hält Ehmes in nicht allzu ferner Zukunft für möglich. „Das existiert bereits auf Zellebene.“
Varta Microbattery kooperiert im Bereich Lithium-Ionen-Technik mit Volkswagen
Konkurrenz Varta Microbattery aus dem schwäbischen Ellwangen ist seit 2010 im Bereich Lithium-Ionen-Technik mit Kooperationspartner Volkswagen (VW) in einem Forschungs-Joint-Ven-
ture zur Elektromobilität unterwegs (s. VDI nachrichten, 14. 10. 11, S. 10). Jetzt hat Varta-Chef Herbert Schein zusammen mit dem viertgrößten deutschen Stromkonzern, der EnBW, die stationäre Energiespeicherung im Niederspannungssegment ins Visier genommen.
„Wir sehen wesentliche Synergien zwischen der Elektromobilität und der Energiezwischenspeicherung“, erklärt Schein. Zusammen mit VW forsche man an der nächsten Generation der Lithium-Ionen-Zellen. „Für diese Speichergeneration sehen wir Einsatzgebiete sowohl in der Elektromobilität wie in der Energiezwischenspeicherung. Für beide Anwendungsgebiete sind Lithium-
Ionen-Zellen vorteilhaft.“
Für die Energiezwischenspeicherung hat Varta ein neues, der Anwendung angepasstes Batteriemanagement entwickelt. Genau wie Ehmes nennt er die möglichst lange Lebensdauer als kritische Kundenanforderung in diesem Bereich. „Wir wollen unserem Kunden ein System anbieten, das zehn, sogar 20 Jahre im Einsatz sein kann.“
Varta und EnBW: Erstes Projekt zur Lithium-Ionen-Technik im Niederspannungsnetz
Am Donnerstag (nach Redaktionsschluss) wollte Varta mit EnBW ein erstes Projekt zur Lithium-Ionen-Technik im Niederspannungsnetz aus der Taufe heben. Konkret wolle Varta mit dem Projekt „Spitzenspeicher Nr. 1“ die Eigenschaften, wie so ein Speicher im Netz letztendlich betrieben werden soll, und die Leistungsfähigkeit der Technik testen. „In den nächsten Wochen und Monaten wissen wir das genauer und können diese Erkenntnisse dann in unsere Produktentwicklung einfließen lassen.“
Für Schein ist die Energiewende vor allem abhängig von der Speichertechnologie. „Wir sehen als unsere erste Priorität, die Energie im Niedrigspannungsnetz zwischenzuspeichern. Durchschnittliche Haushalte werden 5 kWh bis 15 kWh benötigen. Da sehen wir unsere Technologie als alternativlos.“ Im Netzbereich lägen die Kapazitäten bei 50 kWh bis 200 kWh. Zwar sei die Technologie weiter nach oben skalierbar, so Schein, „bis zu einem niedrigen zweistelligen Megawatt-Bereich“, aber dann müsse man in Konkurrenz treten mit anderen Speichermedien wie den Pumpspeicherkraftwerken.
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