Mach es wie die Pflanzen: Neue Solarzellen ahmen Photosynthese nach – mit Erfolg
Bei der Photosynthese der Pflanzen verwandeln Minireaktoren CO2 und Wasser mit Licht in Bioenergie. Kollektoren fangen die Photonen ein und leiten sie dem jeweiligen Reaktor zu. Eine neue Solartechnik nutzt das Bauprinzip, um die Ausbeute zu erhöhen.
Die Photosynthese-Leistung von Pflanzen, Algen und manchen Bakterien basiert auf der Arbeit vieler winziger Minikraftwerke: Jeder dieser Reaktoren besteht aus einem Kraftwerk, das von Kollektoren umgeben ist. Sie fangen die Photonen des Sonnenlichts ein und leiten sie in die Mitte. Die Struktur und das Zusammenspiel der einzelnen Bestandteile sorgen für einen außergewöhnlich hohen Wirkungsgrad. Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Physikalische Chemie I der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben Solarzellen nach diesem Bauprinzip entwickelt. Ihre aktuellen Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift „Nature Chemistry“ publiziert.
Photosynthese: 2 Reaktionszentren sind entscheidend
Bei der Photosynthese absorbieren bestimmte Pigmente im grünen Blattfarbstoff Chlorophyll elektromagnetische Strahlung. Sie lösen in den an der Photosynthese beteiligten Elektronen chemische Reaktionen aus. Diese spielen sich im Inneren komplexer Proteinstrukturen statt, die Biologen als die Photosysteme I und II bezeichnen. Sie sind zugleich auch die Reaktionszentren. Die Photosynthese-Prozesse laufen hierbei in einer definierten Reihenfolge ab. Katalysatoren beschleunigen die Reaktionen.
Die Reaktionszentren sind von lichtabsorbierenden Pigmenten umgeben. Sie sind zu konsolidierten Komplexen gruppiert. Das vergrößert die Oberfläche, so dass mehr Photonen eingefangen werden können. Jeder Reaktorkern ist von etwa 30 Kollektor-Komplexen umgeben. Zudem decken die Pigmente ein breites Spektrum von verwertbaren Wellenlängen ab. Aufbau und Struktur der Reaktoren sowie die Pigmenteigenschaften machen die Photosynthese hocheffizient.
Neue Solarzellmodule ahmen Reaktionszentrum „Photosystem II“ nach
Ein Wissenschaftler-Team um Dirk Guldi von der Universität Erlangen-Nürnberg hat nun eine Solartechnologie entwickelt, die in Struktur und Funktion an das Reaktionszentrum „Photosystem II“ der Photosynthese angelehnt ist. In den neu entwickelten Solarzellmodulen sind lichtabsorbierende Kristalle zu einem Netzwerk aus sechseckigen Waben um einen wasseroxidierenden Katalysator mit 4 Rutheniummetall-Atomen im Zentrum geschichtet. Die eingesetzten Kristalle werden bereits in LEDs, Transistoren und Solarzellen verwendet.
Die kompakten, stabilen Einheiten bestehen aus 2 Komponenten mit einer gemeinsamen langen Achse. Sie erinnern an zylindrische Batterien. In einem selbstorganisierenden chemischen Prozess bauen die „Miniaturkraftwerke“ zweidimensionale Lamellen auf. Sie bilden einen Block, der die Energie der Sonnenstrahlen sammelt.
5 Wabenmoleküle umgeben jeden Reaktorkern
Zwar geben die neuen Solarzellmodule das natürliche Photosystem nicht exakt wieder. Aber das Bau- und Funktions-Prinzip ist dasselbe. 5 Makromoleküle bilden eine Hülle um jeden Reaktorkern. Sie sind in Form einer Wabe geschichtet und fangen das Licht ein. Die Wissenschaftler konnten in Tests zeigen, dass die Minireaktoren die Sonnenenergie effizient und erfolgreich nutzen. Die neuen Module erreichten demnach einen Wirkungsgrad von mehr als 40 % – bei minimalen Ausbeute-Verlusten. Die Module verwerten auch Wellenlängen aus dem grünen Bereich des Farbspektrums, die von Pflanzen reflektiert werden.
Basierend auf den aktuellen Forschungsergebnissen hoffen die Wissenschaftler, dass die Solartechnik eines Tages die Sonnenenergie ähnlich effizient nutzen kann wie die Pflanzen. Die neu entwickelten Solarzellen-Module könnten dazu beitragen, die Solarzelltechnik revolutionieren, so die Forscher.
Die Idee, Solarzellen nach dem Vorbild von Pflanzen zu konstruieren, ist jedoch nicht ganz neu. So haben Photovoltaik-Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) die Mikrostruktur von Rosenblüten analysiert und nach deren Vorbild eine organische Solarzelle konstruiert. Auch sie produziert mehr Strom – der Bionik sei Dank.
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