Maria Telkes: Die Königin der Sonnenenergie
Als Maria Telkes forschte, waren Begriffe wie Klimawandel und Energiewende in der Öffentlichkeit noch kein Thema. Trotzdem versuchte sie, eine der größten uns bekannten Energiequellen zu nutzen – die Sonne. Unter anderem erfand sie das erste „Solar House“.
Maria Theresa Telkes wurde im Jahr 1900 im ungarischen Budapest geboren. Sie war das älteste von 8 Kindern. Sie studierte physikalische Chemie und schloss 1924 mit einem Doktortitel ab. Offensichtlich hatte sie ihre Professoren von ihrem wissenschaftlichen Talent überzeugt, denn sie bekam direkt im Anschluss eine Stelle als Dozentin an der Hochschule. Doch Maria Telkes hatte andere Pläne – als sie Alter von 95 Jahren starb, liefen 20 Patente auf ihren Namen, die meisten dafür im Zusammenhang mit Solarenergie.
Es war ein Verwandtenbesuch, der ihre Karriere in eine andere Richtung schob. Sie reiste 1925 in die USA, wo ein Cousin als bulgarischer Konsul in Cleveland tätig war. Zur damaligen Zeit war es noch leichter möglich, in den USA zu leben und arbeiten zu dürfen – Maria Telkes blieb in den Vereinigten Staaten und fand eine Stelle als Biophysikerin bei der Cleveland Clinic Foundation. Allerdings dauerte es noch 12 Jahre, ehe sie offiziell eingebürgert wurde und beruflich zu Westinghouse Electric wechselte. Sie wurde dort Forschungsingenieurin und entwickelte Instrumente, die Wärme in elektrische Energie umwandelten.
Wann begann Maria Telkes, zur Solarenergie zu forschen?
Das Thema Wärme trieb sie um, und so kam Maria Telkes sehr schnell darauf, sich mit der Sonne als Wärmequelle zu beschäftigen. Schon 2 Jahre später führte sie die ersten Versuche in der Solarenergieforschung durch und startete dafür bald eine Kooperation dem Solar Energy Conversion Project des Massachusetts Institute of Technology (MIT), das schon damals sehr renommiert war. Sie beschäftigte sich mit thermoelektrischen Geräten, die ihre Energie über das Sonnenlicht bezogen. 1945 wurde Maria Telkes außerordentliche Forschungsprofessorin am MIT.
Doch zunächst zurück zu den Anfängen. Denn als Maria Telkes begann, sich mit dem Potenzial der Solarenergie auseinanderzusetzen, war der Zweite Weltkrieg bereits in vollem Gange. Das ging auch an ihrer Arbeit nicht spurlos vorbei. Wissenschaftler wurden gebraucht, und die amerikanische Regierung ordnete Maria Telkes offiziell dem Office of Scientific Research and Development (Büro für wissenschaftliche Forschung und Entwicklung) zu. Während dieser Zeit gelang ihr eine wichtige Erfindung: Sie entwickelte ein Solar-Destilliergerät, das Sonnenlicht nutzte, um salziges Meerwasser zu verdampfen, auf diese Weise zu entsalzen und in Trinkwasser umzuwandeln.
Es heißt, der Solar-Destillierer von Maria Telkes habe vielen Seeleuten und Piloten, die über dem Meer abgestürzt waren, das Leben gerettet, da er zur festen Ausstattung der Rettungsboote gehörte. In vergrößerter Form wurde das System auch eingesetzt, um das Trinkwasserangebot der Jungferninseln zu verbessern.
Dover Sun House: Wie entstand das erste Solar House?
Nach dem Krieg arbeitete Maria Telkes mit voller Kraft für das Massachusetts Institute of Technology. Doch ihr wohl wichtigstes Projekt wollte das MIT nicht unterstützen: das Dover Sun House. Auch wenn Solarenergie als wichtiges Forschungsgebiet galt, konnte Maria Telkes ihre Kollegen nicht von dem Forschungsvorhaben überzeugen. Zur damaligen Zeit war es nämlich üblich, Wasser als Wärmespeicher für die Sonnenenergie einzusetzen. Eine Methode, die in den heutigen solaren Thermalspeichern prinzipiell ihre Fortsetzung gefunden hat. Maria Telkes suchte jedoch nach einem Material, das – einmal aufgeheizt – die Wärme nicht ganz so schnell wieder abgeben würde. Sie entschied sich für Salz und suchte für ihre Idee nach Sponsoren.
Am Ende waren es drei Frauen, die für das erste Haus verantwortlich waren, das mit Solarenergie beheizt wurde. Die Bildhauerin Amelia Peabody finanzierte das Dover Sun House, die Architektin Eleanor Raymond entwarf das Gebäude, und Maria Telkes entwickelte und baute das Heizsystem.
Wie war das Dover Sun House von Maria Telkes aufgebaut?
Die ersten praktisch einsetzbaren Solarzellen aus Silizium stellte der Forscher Bill Labs erst im Jahr 1954 vor. Das Solarhaus von Maria Telkes nutzte Sonnenenergie also nicht in der Form, wie wir es heute kennen – umgewandelt in elektrische Energie. Sie versuchte vielmehr, die Wärme direkt einzufangen und so gut zu speichern, dass sie nur nach und nach wieder abgegeben wurde.
Das Solar House entstand in der Stadt Dover in Massachusetts. Geprägt war es von der Fensterfront zur Südseite hin, die das gesamte zweite Stockwerk beherrschte, und von einem schräg verlaufenden Dach. Das Gebäude war hinten daher deutlich niedriger als vorne. Die 18 Fenster waren mit einer doppelten Verglasung ausgestattet, zwischen der sich die Luft durch das warme Sonnenlicht erwärmte. Ventilatoren transportierten diese warme Luft ins Erdgeschoss, wo in den Wänden, also nicht sichtbar für die Bewohner, isolierte Lagerbehälter untergebracht waren, gefüllt mit Glaubersalz (Natriumsulfat-Decahydrat). Diese Chemikalie war bekannt dafür, dass sie Wärme besonders gut speicherte. Im Sommer konnte das System umgekehrt als Klimaanlage genutzt werden. Da das Salz die Wärme speicherte, entzog es sie der Luft und kühlte in einem gewissen Rahmen das Haus.
In dem Dover Sun House war kein zusätzliches Heizsystem verbaut. Maria Telkes hatte die Speicherkapazität des Salzes so berechnet, das es nach ihrer Meinung genug Wärme aufnehmen konnte, um sie an 10 aufeinanderfolgenden Tagen mit schlechtem Wetter wieder abzugeben und die Räume dabei ausreichend aufzuheizen. Somit war das Dover Sun House das erste Gebäude weltweit, das ausschließlich mit Solarenergie beheizt wurde, zumindest in der Theorie. Dabei war Maria Telkes übrigens durchaus bewusst, dass ihr System Grenzen hatte. Schon damals sagte sie, jedes Solar House müsse individuell geplant werden, angepasst an die jeweiligen klimatischen Bedingungen.
Wie erfolgreich war das Dover Sun House im Praxistest?
Das erste Solar House war kein theoretisches Experiment. 1948 zog ein Cousin von Maria Telkes mit seiner Familie dort ein. Anfangs soll das System auch tatsächlich funktioniert haben. Auf Dauer war diese Nutzung der Solarenergie jedoch offensichtlich nicht ausreichend. Das berichtete zumindest Andrey Nemethy in amerikanischen Medien. Er war 3 Jahre alt, als er mit seiner Familie in das Dover Sun House zog. Er ist auf Pressefotos zu sehen, wie er als Kleinkind vor riesigen Solarfenstern sitzt und im Schein des Sonnenlichts friedlich spielt. Nach seiner Beschreibung wurde es im Haus jedoch viel zu kalt, sobald es wochenlang bewölkt war. Die Familie habe elektrische Heizlüfter in die Zimmer stellen müssen, die sie vor Besuchern im Schrank versteckte. Nach 3 Jahren versagte das System vollends, weil die Dichtungen porös wurden, und der Versuch wurde offiziell eingestellt. Das Haus wurde später mit herkömmlichen Öl-Heizungen ausgestattet.
Wie setzte sich die Karriere von Maria Telkes fort?
Das Dover Sun House, war als das erste echte Solar House sicherlich das Projekt, durch das Maria Telkes am meisten Bekanntheit erlangte und dem sie den Titel „Sonnenkönigin“ verdankte. Praktisch verfolgte sie das Thema Solarenergie jedoch auf anderen Gebieten mit mehr Erfolg. Neben dem bereits erwähnten Solar-Destilliergerät ist der Solarkocher als wichtige Erfindung zu nennen. Zwar hat sich der Solarkocher nicht in armen Ländern durchgesetzt, wie es ursprünglich gedacht war, doch noch heute schätzen viele Fans des Campens die Nachfolgemodelle.
In den 1950er-Jahren wechselte Maria Telkes ans New York University College of Engineering und arbeitete später wieder für die Industrie, erst für die Curtiss-Wright Company, dann für Cryo-Therm, bevor sie Direktorin des Solarenergielabors von Melpar Inc. wurde. Ab 1969 forschte sie am Institute of Energy Conversion der Universität von Delaware. In den 1980er Jahren war sie am Carlisle House beteiligt, einem zweiten mit Solarenergie betriebenen Experimentierhaus. Maria Telkes starb 1995 bei einem Besuch in Ungarn.
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