Megabrand von US-Batteriekraftwerk Weckruf für die Industrie
In den USA ist das weltgrößte Kraftwerk auf Basis von Batteriespeichern abgebrannt. Wie sich Deutschland dagegen wappnen will.
Während Südkalifornien letzte Woche noch unter verheerenden Bränden litt, geriet völlig unabhängig davon Donnerstagnacht in Monterey-County, wenige Autostunden von San Francisco entfernt, die als größtes Batteriespeicher-Kraftwerk der Welt geltende Anlage „Moss Landing“ in Brand. Es ist eine Anlage aus drei Ausbaustufen mit insgesamt 750 MW/3000 MWh. Betroffen ist fast komplett die älteste Ausbaustufe 1 (s. Kasten) aus dem Jahr 2020. Am Sonntag schätzte Joel Mendoza, Bezirksbrandmeister des North County, nach Angabe des Senders Fox KTVU, dass etwa 80 % der Struktur und der darin enthaltenen Batterien durch das Feuer zerstört worden seien. Brad Watson, ein Vertreter von Vistra Energy, erklärte bereits am Freitag gegenüber Pressevertretern, er halte Moss 300 (Phase 1) für „stark beschädigt, wenn nicht zerstört“.
Nach jüngsten Berichten des lokalen Fernsehsenders KSBW Monterey-Salinas ist das Feuer inzwischen ausgebrannt. Die Feuerwehr hatte sich entschieden, den ganzen Komplex ausbrennen zu lassen. Die anderen Speicheranlagen von Vistra Energy in Moss Landing sind wohl nicht betroffen, ebenso wenig das Batteriespeicher-Kraftwerk Elkhorn (182,5 MW/730 MWh) von Pacific Gas and Electric Company (PG&E), das sich ebenfalls auf dem Kraftwerksgelände befindet.
Wie steht es um das Batteriespeicher-Kraftwerk Moss Landing?
Die Anlage ist nach wie vor außer Betrieb, während die Behörden daran arbeiten, die Ursache des Vorfalls zu klären, sagte Monterey County Supervisor Glenn Church am Freitag. „Dieses Ereignis muss wirklich auf allen Regierungsebenen umfassend untersucht werden. Wenn dies die Zukunft der Energie sein soll, müssen wir proaktiv handeln“, sagte Church. „Ich denke, dass dies am besten als ein Worst-Case-Szenario einer Katastrophe beschrieben werden kann, die sich hier ereignet hat“, sagte er weiter. Es sei „wirklich ein Weckruf für diese Industrie und wenn wir mit nachhaltiger Energie vorankommen wollen, müssen wir … sichere Batteriesysteme haben“.
Nach Einschätzung der Feuerwehr dürfte es Tage, wenn nicht Wochen dauern, bis Nachforschungen zum Brandhergang und zur Brandursache möglich seien. Das gesamte Betriebsgebäude – die ehemalige Turbinenhalle des Gaskraftwerks Moss Landing – sei einsturzgefährdet. Vistra-Sprecher Watson sprach davon, es gelte erst einmal, die Ruinen so weit nötig niederzulegen, bevor Nachforschungen beginnen könnten.
Energiespeicher: Brände in Deutschland
Dass die großen – auch in Deutschland und Europa gebauten und geplanten – Batteriespeicher-Kraftwerke ein Risikopotenzial bieten, beschäftigt die Branche selbst schon lange. Nach Angaben des Bundesverbandes Energiespeicher Systeme (BVES) in Berlin habe man sich mit allen Beteiligten bis hin zur Feuerwehr hierzulande schon vor Jahren zusammengesetzt. Seit ein paar Jahren gibt es den entsprechenden „Leitfaden zum vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz für Li-Ionen Großspeichersysteme“ für diese Großspeicheranlagen.
Diese Anlagen erreichen inzwischen ebenfalls die Größe von mehreren Hundert MW bzw. solche Anlagen sollen in den nächsten Jahren errichtet werden. So plant Vattenfall einen 400-MW-Batteriespeicher bei Geesthacht, wie im November letzten Jahres zum Beispiel bekannt wurde. Wie am ehemaligen Gaskraftwerk-Standort Moss Landing sind dort am ehemaligen Atomkraftwerk Krümmel vor allem die nötigen Infrastrukturvoraussetzungen gegeben, nämlich entsprechend gesicherte Flächen und ein leistungsstarker Netzanschluss. Für den Batteriespeicher rechnet der Energiekonzern laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) mit einem Investitionsvolumen in dreistelliger Millionenhöhe. Vattenfall rechnet derzeit mit dem Abschluss des Genehmigungsverfahrens für 2026.
Brandvorfälle gibt es immer wieder. Weil es eine noch recht junge Technologie ist, gelangt das in die Nachrichten, vor allem, wenn große Namen beteiligt sind. So meldete dpa am Mittwoch letzter Woche den Brand einer einzelnen Batteriezelle. Diese geriet im Labor der Qualitätssicherung des Tesla-Werks Grünheide in Brandenburg in Brand. Die Werkfeuerwehr räumte mehrere Labore und ein Büro. Diese dpa-Meldung über eine einzige brennende Zelle bei Tesla war länger als die zum verheerenden Brand in Moss Landing zwei Tage später.
Welche Sicherheits- und Notfallmaßnahmen sind in Deutschland für solche Großspeicheranlagen vorgesehen?
Grundsätzlich seien in Deutschland die jeweiligen Landesbauordnungen und landesbaurechtlich eingeführten Regelungen einzuhalten, so BVES auf Anfrage von VDI nachrichten. Alle baulichen Anlagen seien im Einzelfall zu betrachten. „In jedem Fall ist die jeweilige Baugenehmigung inklusive des Brandschutzkonzepts/-nachweises zu beachten. Der Bauherr bzw. der Betreiber ist dafür verantwortlich, dass die Auflagen der jeweiligen Baugenehmigung eingehalten werden. Ggf. ergeben sich aus Sachschutzaspekten weitergehende Anforderungen, die über das Baurecht hinausgehen. Es empfiehlt sich, den Versicherer frühzeitig in die Planung miteinzubeziehen.“
Brandschutz bei diesen großen Anlagen ist also ein komplexes Unterfangen. Zu den Maßnahmen gehören auch automatische Löschanlagen. Was aber zum Einsatz kommt, lässt sich, folgt man den BVES-Ausführungen, nicht pauschal sagen: „Die Maßnahmen umfassen hier sowohl den abwehrenden als auch den bekämpfenden Brandschutz inklusive der Produktsicherheitsstandards selbst. So gelten für einen Speicher auf der ,grünen Wiese‘ grundsätzlich andere Empfehlungen und Rahmenbedingungen wie für einen Speicher in einem Industriegebiet.“
Konkrete Maßnahmen seien auf Basis einer projektabhängigen Risikobewertung in ein Brandschutzkonzept zu überführen – sie seien unter Berücksichtigung der Belange des Bauordnungsrechtes, Arbeitsschutzrechtes, Umweltschutzes, versicherungstechnischer Belange und Betreiberinteressen festzulegen.
Gibt es spezielle Vorschriften, die die Spezifika der eingesetzten Speichermedien berücksichtigen?
Die elektrische Sicherheit in größeren Lithium-Ionen-Speichern sei durch eine Reihe an Standards und Anforderungen gesichert, so der BVES: „Hierzu gehören Anforderungen für die Bereiche Batteriesicherheit, elektrische Sicherheit, EMV Sicherheit, funktionale Sicherheit, Betriebssicherheit sowie Transportsicherheit.“
Auch für Bau und Anschluss von Anlagen sind sie mit Standards abgesichert. Bei Lithium-Ionen-Batterien sei es ein wesentliches Ziel, eine Propagation (also eine Weiterverbreitung, Anm. d. Red.) auf Container/System bzw. Clusterebene zu verhindern, so der Verband. Auch die Anforderungen der Versicherer gelte es zu berücksichtigen.
Wer legt in Deutschland die Standards für den Brandschutz von großen Batteriespeichersystemen fest?
Es sind nach Verbandsangabe eine ganze Reihe verschiedene Stellen, die hier Standards festlegen und Anforderungen stellen. Das beginnt bei den Landesbehörden im Baurecht, hinzu kommen Normungsgeber wie der DIN oder der IEC und auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), die Vorschriften erlassen. Weitere Vorgaben kommen aus der Praxis, zum Beispiel durch Feuerwehren, die in das Brandschutzkonzept involviert sind oder die oben genannten Versicherer, die über ihre Schadensfälle intensiv Einblick in Brandursachen und ihre Häufigkeit erhalten.
Und wie sehen die Vorschriften in den USA aus?
Die Wirtschaftswoche berichtete am Sonntag, in Moss Landing habe das Notfalllöschsystem des Betreibers versagt: „Ein ausgeklügelter Notfallplan, wie es ihn bei Unfällen bei traditionellen Kraftwerken gibt, scheint nicht zu existieren“, so der Korrespondent des Blattes weiter. Dabei schätzt die Energy Information Administration (EIA) die Kapazität der installierten großen Batterie-Energiespeichersysteme (BESS) zum Jahresende 2024 auf rund 30 GW installierter Leistung. 2019 soll es noch erst rund 1 GW gewesen sein.
Daher ist es nicht so, dass es in den USA keine Vorschriften für Anlagen dieser Art gibt. Auch dort haben Brände in Energiespeichersystemen auf Batteriebasis in den letzten Jahren zur Weiterentwicklung von Vorschriften und Standards geführt. So verantwortet Underwriters Laboratories (UL) mit UL 9540 den zentralen Sicherheitsstandard für Energiespeichersysteme in den USA. Verpflichtend ist er aber nicht zwangsläufig, das unterscheidet sich regional. Im Bereich Bau/Brandschutz hat die National Fire Protection Association (NFPA) in ihrem Standard 855 verbindliche Anforderungen für die Installation von Batteriespeichersystemen auf Basis von Lithium-Ionen-Technologie festgelegt.
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