Mehr schwimmende Windräder: Software soll helfen
Forschende der TU Berlin und TU Delft wollen mit ihrer neuen Software schwimmenden Windrädern zum Durchbruch verhelfen. Denn bislang scheitert es häufig an den Kosten. Dank der nun möglichen Simulationen soll sich das ändern.
Offshore-Windenergieanlagen gibt es in zwei Varianten: Die einen befinden sich dank eines starken Fundaments an einer Stelle, die anderen sind bewegliche Anlagen, die als schwimmende Windkraftanlagen bekannt sind. Auf beide Arten von Windrädern wirken extreme Kräfte. Neben dem Wind, den sie einfangen, sind das Wellen, Strömungen, Meeresbewegungen. Es ist wichtig, diese im Detail zu kennen und darüber hinaus auch die Auswirkungen auf die Anlagen errechnen zu können. Denn das sind wichtige Voraussetzungen dafür, die richtigen Standorte für die Anlagen zu finden.
Wie funktionieren eigentlich Windkraftanlagen?
Genau damit hat sich das Forschungsprojekt „FLOATECH“ beschäftigt, das von David Nayeri von der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) koordiniert wurde. Nayeri gehört zum Leitungsteam des Lehrstuhls Experimentelle Strömungsmechanik an der TU Berlin. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im Rahmen des Projekts eine Simulationssoftware mit Namen QBlade als Ausgangspunkt verwendet, die sie dann weiterentwickelt haben. Es flossen alle komplexen physikalischen Phänomene sowie deren Interaktionen rund um schwimmende Windräder ein. Mit einer solchen Software ist es möglich, Strategien für die Regelung passend auf die schwimmenden Turbinen zu entwickeln und auch die Kosten zu analysieren. Zur Regelung gehört unter anderem die Turbinenleistung. Diese lässt sich durch Drehzahl und Rotation der Turbinenblätter beeinflussen.
Schwimmende Windräder müssen Wind und Wellen trotzen
Aus QBlade wurde durch den Einsatz der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „QBlade-Ocean“. Denn sie fügten der Software ein hydrodynamisches Modul hinzu. Das simuliert die verschiedenen Wellen und berechnet die dominierenden Kräfte. Auf diese Art und Weise lassen sich der Zusammenhang zwischen der schwimmenden Windanlage und der Umgebung analysieren. Forschende der TU Delft nutzten die Software dann und erarbeiteten innovative Regelungsstrategien. Sie perfektionierten diese sogar.
Denn Ziel sei es, die schwimmende Bewegung adäquat auszunutzen, sodass Windräder durchaus hintereinanderstehen könnten, ohne dabei Einbußen bei Windgeschwindigkeit und Leistung zu verursachen. Durch diese Herangehensweise planen die Forschenden, die jährliche Energieproduktion von Windparks zu erhöhen. Denn mit QBlade sei es nun möglich, die Einflüsse auf Dynamik des schwimmenden Systems, Lasten und Turbinen-Nachlauf-Interaktion im Vorfeld detailliert vorherzusagen.
Schwimmende Windräder werden nun getestet
Die Forschenden gingen sogar noch einen Schritt weiter: Durch die Kooperation der TU Berlin und der TU Delft entstand die Idee, Wellen und ihre Kräfte vorherzusagen, noch bevor sie auf die schwimmende Windanlage treffen. Auch dafür haben die Forschenden eine Lösung entwickelt. Ein Radar, mit dem sich Wellenamplituden messen lassen, macht dies möglich. In Kombination mit Algorithmen lassen sich die Informationen dann auswerten und die genauen Kräfte vorhersagen. „Für schwimmende Windkraftanlagen könnte diese Technologie ein Durchbruch sein, da anhand dieser Informationen die Bewegung der Anlage und damit Lasten oder Leistungsfluktuationen reduziert werden könnten“, erklärt Robert Behrens de Luna, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Experimentelle Strömungsmechanik.
Auch in dem beschriebenen Fall kommt QBlade zum Einsatz. Die Software übernimmt sogar eine Schlüsselrolle, da sie Schnittstelle für die Übertragung der Wellenvorhersagedaten ist, die vom Windturbinenregler stammen. Auf diese Art und Weise kann die Wirksamkeit des Gesamtkonzepts überprüft werden. Inzwischen gibt es am Wasserbassin-Teststand der Ecole Centrale Nante einen softwaregestützten Versuchsaufbau. Er soll neben den ersten Simulationsergebnissen nun Daten unter realistischen Bedingungen liefern und prüfen.
Software berechnet idealen Standort für Windräder
Die Simulationssoftware QBlade-Ocean könnte schwimmenden Offshore-Windanlagen zu einem Durchbruch verhelfen. Sie sind einfacher zu realisieren als feststehende Windräder und lassen sich häufig besser an Standorten mit idealen Windverhältnissen realisieren, da sie unabhängig von der Meerestiefe gebaut werden können. Gerade an steilen Küstenabschnitten zum Beispiel in Portugal, Spanien, Japan und den USA gibt es gute Windverhältnisse, und genau solche Orte können nur durch schwimmende Windräder genutzt werden.
Die schwimmenden Anlagen wirken sich deutlich weniger schädlich auf die Umwelt aus. Es kommt weder zu Lärmemissionen noch Sedimentschäden. Haben sie ihr Lebensende erreicht, können sie ohne Rückstände wieder entfernt werden. Und sie lassen sich deutlich weiter entfernt von der Küste einsetzen, ein weiterer Vorteil, weil sie so die Menschen, die dort leben, kaum beeinträchtigen. Allerdings sind die schwimmenden Anlagen kostenintensiv. Die neue Software soll dabei helfen, Standorte optimal festzulegen und damit das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu verbessern.
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