Mehr Solaranlagen – weniger Golfplätze
Golfplätze sind nicht nur in Deutschland beliebt. Sie benötigen aber auch große Flächen. Forschende haben berechnet, welches Potenzial für erneuerbare Energien auf diesen Flächen schlummert. Die Ergebnisse werfen die Frage auf, ob die Landnutzung angesichts des Klimawandels neu überdacht werden sollte.

Forschende haben das Potenzial von Golfplätzen ermittelt. Würde man Wind- oder Solaranlagen darauf bauen, brächte das die Energiewende voran.
Foto: panthermedia.net / floridastock
Konkurrenzsituationen gibt es überall. Doch, wenn es um die Nutzung von Flächen für den Ausbau erneuerbarer Energien im Rahmen der Energiewende geht, wirft das noch einmal ein neues Licht auf diese Thematik. Denn Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vom Forschungszentrum Jülich haben in einer Studie herausgefunden, dass Golfplätze in den meisten Industrieländern, darunter auch Deutschland, deutlich mehr Raum bekommen als Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Ein großes Potenzial liegt also brach.
Mehr Akzeptanz und Geschwindigkeit beim Windanlagenausbau
Golfplätze sind richtig groß, werden aber in der Regel nur von einer kleinen, meist wohlhabenden Bevölkerungsgruppe genutzt. Hinzu kommt: Ihre ökologischen Auswirkungen sind nicht zu unterschätzen, da für die Rasenflächen viel Wasser benötigt wird. Außerdem setzen die Betreiber meist chemische Mittel ein, um beispielsweise Unkraut in Schach zu halten. Man kann also infrage stellen, ob es sich dabei um eine sinnvolle Flächennutzung handelt. Dennoch stehen Golfplätze seltener in der Kritik als Wind- und Solarparks, wie Jann Weinand, Hauptautor der Studie, feststellt. Er betont: „Das bedeutet nicht, dass die Golfplätze umgewandelt werden sollen. Aber es ist wichtig zu hinterfragen, wie Land verteilt wird – besonders angesichts der Diskussionen um den Flächenbedarf von Solaranlagen.“ Die Analyse der Landnutzung könnte wertvolle Impulse für eine zukunftsfähige Flächenplanung liefern.
Solaranlagen statt Golfplätze: Flächenvergleich in zehn Ländern
Für ihre Untersuchung nutzten die Jülicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von OpenStreetMap und verglichen die Flächen von Golfplätzen mit jenen von Wind- und Solarparks in den zehn Ländern mit den meisten Golfanlagen weltweit. Klar an der Spitze liegen die USA liegen mit rund 16.000 Golfplätzen, gefolgt von Großbritannien und Japan mit jeweils etwa 3.000 Anlagen. Die Analyse ergab, dass in fast allen untersuchten Ländern die Gesamtfläche der Golfplätze deutlich größer ist als die von Anlagen für erneuerbare Energien.
In Deutschland zählten die Forschenden mehr als 1.000 Golfplätze, die wiederum um ein Viertel mehr Fläche beanspruchen als Solaranlagen. In anderen Ländern ist der Unterschied noch deutlicher: In Großbritannien wird sechsmal so viel Fläche für Golfplätze genutzt, in Kanada sogar 16-mal so viel. Lediglich in China stellt sich die Lage anders dar. Hier sind Wind- und Solarparks flächenmäßig deutlich in der Überzahl. Was die Forschenden ebenfalls herausfanden: Die Zahl der Golfplätze ist in Europa in den vergangenen 40 Jahren erheblich gewachsen. Aktuell sind mehr als 500 Golfplätze in 88 Ländern geplant oder befinden sich schon im Bau.
Basierend auf diesen Erkenntnissen berechneten die Forschenden, in welcher Größe sich Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien auf diesen Flächen realisieren ließen. Ihr Fokus lag dabei auf der möglichen Leistung der Anlagen. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Würde man lediglich 25 Prozent dieser Flächen für erneuerbare Energien nutzen, könnten Windturbinen mit einer Leistung von 174 Gigawatt oder Solaranlagen mit einer Kapazität von 281 Gigawatt installiert werden. Bei einer Nutzung von 75 Prozent der Flächen wären sogar bis zu 659 Gigawatt Windenergie oder 842 Gigawatt Solarenergie möglich. Diese Zahlen verdeutlichen das enorme Potenzial, das in einer Umwidmung von Golfplatzflächen steckt.
Golfplätze anders nutzen und so die Energiewende beschleunigen
„Das ist mehr Solarleistung als derzeit in den zehn Ländern insgesamt installiert ist, das sind aktuell nur rund 646 Gigawatt“, erklärt Jann Weinand. „In Deutschland würden rein rechnerisch Flächen in der Größe der Golfplätze ausreichen, um dort einen Großteil des derzeit produzierten Stroms durch Wind- und Solaranlagen zu erzeugen.“ Diese Erkenntnisse zeigen, dass es bislang ungenutzte Möglichkeiten gäbe, um die Energiewende zu beschleunigen. Die Studie wirft damit indirekt auch die Frage auf, ob die derzeitige Flächenverteilung angesichts der Herausforderungen des Klimawandels noch zeitgemäß ist.
Aus Sicht der Forschenden wäre es sinnvoll, über die Landnutzung neu zu diskutieren. Das könnte erheblich dazu beitragen, den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, bestehende Golfplätze umzuwandeln, sondern vielmehr darum, die Art und Weise sowie die Prioritäten bei der Flächenvergabe noch einmal zu überdenken. Die Ergebnisse der Untersuchung könnten Anstoß für kreative Lösungen sein: Denkbar wäre zum Beispiel die Integration von Solaranlagen auf den Flächen bestehender Golfplätze.
In der Landwirtschaft funktionieren solche Konzepte bereits gut: Bei der Agri-Photovoltaik werden Anbauflächen doppelt genutzt, wobei die Solarmodule zusätzliche positive Effekte mit sich bringen, weil sie etwa die Pflanzen beschatten. Solche Ansätze ließen sich auf Golfplätze übertragen – mit Vorteilen für alle Beteiligten. Für die Golfplatz-Betreiber könnte das übrigens als Nebeneffekt mit einem erheblichen Imagegewinn verbunden sein.
Ein Beitrag von: