Messtechnik: Biogasanlagen im Fokus der Hersteller
Die schwierigen Bedingungen in Biogasanlagen stellen hohe Anforderungen an die Gasmesstechnik. Das betrifft die Erfassung der Gasqualität genauso wie die des Durchflusses. Speziell für Biogasanwendungen entwickeln Messtechnikhersteller kostengünstige Kombilösungen, zum Teil auch mit Handmessung.
„Das Messen in Biogasanlagen bleibt ein nicht vollständig gelöstes Problem“, sagt C. Thomas Simmons, Geschäftsführer des AMA-Fachverbands für Sensorik, Berlin. „Nicht die Technik verursacht die größten Probleme, sondern biologische Störungen.“ Daher sei die größte messtechnische Herausforderung, die exakte Zusammensetzung zu bestimmen und die Daten in einer möglichst automatisierten Prozesssteuerung zu nutzen.
Messtechnik für Biogasanlagen: Hersteller präsentieren Lösungen auf der SPS/IPC/Drives
Messtechniklösungen für Biogasanlagen stellen einige Hersteller auch auf der Messe SPS/IPC/Drives vor, die vom 27. bis zum 29. November in Nürnberg stattfindet. Die Lösungen müssen den teils aggressiven Medien in den Anlagen widerstehen.
„Die Durchflussmessung von Biogas bringt im Vergleich zu anderen industriellen Anwendungen spezifische Probleme mit sich“, sagt Peter Dietrich von Endress + Hauser Messtechnik in Weil am Rhein. „Feuchtigkeit mit Kondensatbildung, Schmutz, niedrige Prozessdrücke, die erforderliche hohe Messdynamik durch schwankende Prozessbedingungen und Gas mit veränderlicher Zusammensetzung.“
Die Anforderungen an die Messtechnik sind hoch – insbesondere direkt nach dem Fermenter. „Auf eine erste Durchflussmessung unmittelbar nach den Fermentern sollte aber nicht verzichtet werden, um Störungen im Gärprozess frühzeitig zu entdecken“, empfiehlt der Fachverantwortliche für Durchflussmesstechnik. Vor der Einspeisung ins Blockheizkraftwerk (BHKW) werde das Biogas auf 30 mbar bis 50 mbar verdichtet und in der Regel über einen Kondensatabscheider entfeuchtet. Eine weitere Messstelle liege deshalb direkt vor dem BHKW. Im Falle von über Notfackeln abgegebenen Biogasmengen diene die Messung hier auch für Reportingzwecke.
Mit einer zuverlässigen Durchflussmessung kann das Verhältnis von eingesetztem Substrat zur erzeugten elektrischen und thermischen Leistung genauer ermittelt werden. Hierdurch werden eine optimierte Fütterung und damit eine Wirkungsgradverbesserung der Biogasanlage mit direkter Auswirkung auf das Betriebsergebnis ermöglicht. Zur Erfassung der Gasmengen stehen verschiedene physikalische Messprinzipien zur Auswahl. Die Messwerte werden in der Regel mit Bus-Protokollen wie HART oder Profibus fernübertragen. Endress + Hauser habe Dietrich zufolge mit dem neuen Prosonic Flow B 200 ein Ultraschallgerät entwickelt, das neben dem Volumenstrom mithilfe einer integrierten Temperatursonde auch den Methangehalt direkt in der Rohrleitung bestimmen kann. Neben der erzeugten Gasmenge ist nämlich auch die Gasqualität eine wichtige Einflussgröße der Prozessführung einer Biogasanlage. Deshalb ist eine Gasanalyse mit der Ermittlung der wichtigsten Gaskomponenten erforderlich.
Messtechnik bei Biogasanlagen: Gasanalysegeräte müssen regelmäßig kalibriert werden
Während Durchflussmesser meistens kaum einer „Messdrift“ unterliegen und nahezu wartungsfrei arbeiten, trifft dies bei Gasanalysegeräten nicht zu: Sie arbeiten mit Infrarotsensoren zur Bestimmung des Methangehaltes, für Sauerstoff und Schwefelwasserstoff kommen hauptsächlich elektrochemische Zellen als Sensoren zum Einsatz, die mit der Zeit verschleißen. Gasanalysegeräte müssen daher regelmäßig nach Herstellerangaben kalibriert, die Zellen bei Bedarf ausgetauscht werden.
Eine sorgfältige Gasanalyse ist aber unabdinglich zur Einhaltung der Mindest-Gasqualität, deren Überwachung und Aufzeichnung oft der Motorenhersteller und die Anlagenversicherung gefordern. „Bei Gasanalysegeräten schlägt sich der für die Langzeitgenauigkeit und Zuverlässigkeit erforderliche, hohe technische Aufwand im Anschaffungspreis und in den Wartungskosten nieder“, sagt Manuela Charatjan von der Binder Engineering, Ulm. Werde eine Prozesssteuerung mit exakten Messwerten pro Fermenter gewünscht, drohe besonders bei größeren, modulartigen Biogasanlagen die Kostenfalle. Solche Anlagen kommen oftmals bei der Feststoffvergärung vor. Hier ändere sich nicht nur die Gasmenge, sondern auch die Gaszusammensetzung wesentlich häufiger und stärker. „Die Methankonzentration kann von 15 % bis zu 70 % schwanken. Eine Kombination der Mengenmessung mit der Gasanalyse ist hier unumgänglich, wenn die Werte eine akzeptable Genauigkeit aufweisen sollen“, erläutert die Verfahrenstechnik-Leiterin.
„Combimass“-Konzept beinhaltet thermische Durchflussmessgeräte, ein Gasanalysegerät zur Handmessung und eine Dockingstation
Es biete sich an, nur am BHKW die Gasqualität automatisch und an weiter entfernten Messpunkten mobil zu messen. Die Binder Group habe hierfür das modulare „Combimass“-Konzept entwickelt: Zu den Komponenten gehören neben thermischen Durchflussmessgeräten ein Gasanalysegerät zur Handmessung und eine Dockingstation. Das Handgerät misst bis zu sieben Gaskomponenten, wird mit Akku betrieben und ist explosionsgeschützt ausgeführt mit Atex-Zertifikat. Die speicherprogrammierbare Steuerung in der Dockingstation liest die Gaszusammensetzung vom mobilen Gerät ein und führt sie mit den Durchflusssignalen zwecks Korrektur zusammen. Durch Einsetzen in die Dockingstation wird das Handmessgerät in eine Analysestation umgewandelt.
Bei den Geräten Biogas 401 und 905 von Ados, Aachen, kann neben der Überwachung der Gaskomponenten – in der Regel Methan, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff, Sauerstoff und auch Wasserstoff – optional die Umgebungsluft analysiert werden. Die Systeme warnen frühzeitig vor gesundheitsgefährdenden, explosionsfähigen sowie nicht brennbaren (zum Schutz des BHKW-Motors) Gasen und Dämpfen. Dabei sind die Alarmwerte frei einstellbar. Das Biogas-Forum Bayern rät, auf ein richtiges Zusammenspiel von Gasdurchflussmessung und Gasanalyse Wert zu legen und auch die regelmäßige Kalibrierung der Messgeräte gewissenhaft auszuführen: „Sonst besteht die Gefahr, fatale Fehlentscheidungen aufgrund fehlerhafter Messwerte oder Warnhinweise zu treffen.“
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