Mit Wind, Sonne, Wasserstoff: Katamaran fährt einmal um die Welt
Von Paris aus einmal rund um die Welt, nur mit der Kraft von Sonne und Wind und selbst erzeugtem Wasserstoff: Der umgebaute Katamaran Energy Observer soll in den kommenden sechs Jahren an den Küsten von 50 Ländern als Botschafter für saubere Energielösungen vor Anker gehen. Das Schiff hat es in sich.
Im Hafen an der alten Uferstraße Quai d’Orsay an der Seine mitten in Paris schickte der Taufpate, Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot, den Katamaran auf die Reise. Dazu erhielt er den neuen Namen Energy Observer. Der gewaltige Katamaran, 30,5 Meter lang und 12,80 Meter breit, soll als erst der Welt die Erde nur mit der Kraft erneuerbarer Energien umrunden.
Auch Bertrand Piccard befand sich unter den Ehrengästen, als die Energy Observer die Solarzellen startete. Piccard hatte im vergangenen Jahr zusammen mit André Borschberg und dem Solarflieger Solar Impulse 2 eine spektakuläre Weltumrundung erfolgreich beendet. Etwas Ähnliches soll jetzt auch Energy Observer machen – allerdings auf dem Wasser.
Zwei Franzosen bauen ein altes Rennboot um
Dieses Mal sind es keine Schweizer, so wie Piccard und Borschberg, sondern zwei Franzosen, die der Welt zeigen wollen, wie man emissionsfrei und energie-autark die Welt umrundet. In Saint-Malo haben sie sich kennen gelernt: Victorien Erussard, 38, Rennbootfahrer und Offizier der Handelsmarine und Jérôme Delafosse, 45, Fotoreporter, Filmregisseur und professioneller Taucher.
„Energy Observer ist eine Art Solar Impulse des Meeres ‚made in France‘. Wir streben eine autonome Energieversorgung an, die Nutzung der Natur und erneuerbarer Energien, um auf diese Weise die Welt in totaler Autonomie zu umrunden“, sagt Victorien Erussard.
Dafür hat ein Team mit fast 50 Seeleuten, Ingenieuren und Architekten in der Werft in Saint-Malo einen Katamaran umgerüstet. Das Schiff war 1983, als es in Kanada gebaut wurde, für Rennen konstruiert worden, von denen es viele, mit unterschiedlichen Teams und zum Teil sehr erfolgreich absolvierte. Als Enza New Zealand, so der frühere Name, gewann das Schiff 1994/95 sogar die Jules Verne Trophy für die schnellste Weltumrundung per Segelboot. Jetzt, 34 Jahre später, geht es nicht mehr um Geschwindigkeit, sondern um die neueste Energietechnologie.
Solar, Wind, Brennstoffzellen und Wasserkraft
Die Energie der Solarpaneele, die insgesamt 130 m² der Schiffsoberfläche ausmachen, wird in 400 V Lithium-Ionen-Batterien gespeichert. Sie stehen für den kurzfristigen Energiebedarf zur Verfügung. Zwei Windturbinen mit vertikalen Achsen tragen ebenfalls zur Energielieferung bei, die für den Betrieb von zwei Elektromotoren eingesetzt wird. Auch ein Segel kann auf der Energy Observer gehisst werden. Dann kommt der alte Renn-Katamaran so richtig in Fahrt und die beiden Elektromotoren schalten um auf Wasserkraftgeneratoren, die selbst Energie erzeugen.
Das ist energietechnisch noch nicht alles. Das Schiff hat außerdem eine Brennstoffzelle an Bord, betrieben mit Wasserstoff, der direkt vor Ort erzeugt wird. Dabei wird in einem Elektrolyseur Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Der Sauerstoff wird an die Luft abgegeben, während der Wasserstoff als komprimiertes Gas in Tanks gespeichert und für den Betrieb der Brennstoffzelle abgerufen wird.
Mit einer eigenen Meerwasserentsalzungsanlage kann die Crew 105 Liter Trinkwasser pro Stunde erzeugen. Während der Reise soll außerdem die Entwicklung einer maritimen Software vorangetrieben werden. Mit der Software könnten Routen optimiert werden, indem man auf der Strecke auch die Wetterbedingungen im Hinblick auf die Energieproduktion (Sonne, Wind, Wellen, Strömungen) einrechnet.
Zusammenarbeit als Lösung gegen den Klimawandel
Sechs Jahre sind für die Weltumrundung geplant, mit über 100 Stopps in 50 Ländern. Die Route wird an Weltkulturerbestätten und Naturreservaten vorbeiführen, an großen Städten, in denen man sich Gedanken um die Energiewende macht, an bedrohten und an vorbildlichen Ökosystemen, aber auch auf Boots-, Handels- und Technikmessen will das Team vertreten sein. „Es gibt nicht die eine Wunderlösung, um den Klimawandel zu bekämpfen“, sagt Victorien Erussard. „Wir müssen viele Lösungen und das Wissen von Unternehmen, Laboren, Start-ups und Institutionen zusammenbringen.“
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