Nanoschicht filtert Bakterien und Einzeller aus dem Abwasser
Ein weltweit einzigartiges Filtrationssystem für die biologische Abwasserreinigung und Wasseraufbereitung wurde jetzt auf der Mittelmeerinsel Malta installiert. Das Besondere an der Technologie: Nanobeschichtete keramische Flachmembranen fischen sämtliche Bakterien und Einzeller aus dem Wasser.
Malta hat ein natürliches Problem: Laut Vereinten Nationen ist es das wasserärmste Land der Erde. Zwischen April und September gibt es im Durchschnitt kaum mehr als zehn Regentage, zudem hat der Mittelmeerstaat weder Flüsse noch Seen. Während Malta früher von Wasserimporten aus dem benachbarten Italien und vom Grundwasser abhängig war, setzen die Verantwortlichen mittlerweile auf Meerwasserentsalzung und Abwasserfiltration.
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde in der vergangenen Woche unternommen: Der staatliche Wasserkonzern Water Service Corporation (WSC) hat mit der saarländischen ItN Nanovation AG, einer Beteiligung der Frankfurter Nanostart AG, ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Das Ziel: Produktion und Markteinführung von Abwasseraufbereitungscontainern auf Basis keramischer Flachfiltermembranen. ItN hofft mittelfristig, den gesamten Mittelmeerraum mit der patentierten Technik beliefern zu können.
Erste Muster des Containers sind auf Malta bereits erfolgreich in Betrieb genommen worden. Nun beginnt die Serienproduktion. „Wir müssen noch einige praktische Erprobungen abschließen“, schränkte Lutz Bungeroth, Vorstandsvorsitzender von ItN Nanovation, ein. Bis Ende 2012 aber soll auf Malta eine Serienproduktion mit einer jährlichen Kapazität von rund 100 Containern aufgebaut werden.
Die dezentralen Containerkläranlagen wurden in den vergangenen zwölf Monaten von deutschen und maltesischen Ingenieuren gemeinsam entwickelt. Als Grundgerüst dienen dabei 20-Fuß-Standard-Seefrachtcontainer, die mit mehreren Modulen des patentierten CFM-Systems ausgestattet sind.
Das Filtrationssystem für die biologische Abwasserreinigung und Wasseraufbereitung ist weltweit einzigartig. „Das Besondere an unserer Technologie sind nanotechnologisch aktive keramische Schichten auf herkömmlichen keramischen Körpern“, erläuterte Bungeroth.
Die Verwendung der neu entwickelten keramischen Flachmembran kommt dabei dem Reinigungsprozess zugute. „Die Porengröße ist so gering, dass keine Bakterien oder andere Einzeller mehr durchpassen“, so Bungeroth. Das Material ist hitzebeständig und hat eine längere Lebensdauer als vergleichbare Membranen aus Kunststoff.
Die knapp 100 000 € teuren Abwassercontainer können ohne großen Aufwand auf der gesamten Insel installiert werden. Hotels, öffentliche Einrichtungen und vor allem abgelegene Dörfer sollen davon profitieren.
In den Ortschaften Bahrija und Bidnija wird das Abwasser derzeit noch in Jauchegruben gesammelt und täglich per Tanklaster geleert. „Die neuen Anlagen müssen dagegen nur alle zwei Monate gereinigt werden“, sagte Mark Muscat, Geschäftsführer des maltesischen Wasserkonzerns WSC. Jeder Container könne 45 m³ Abwasser/Tag bearbeiten.
Die Anlagen zur Wasserwiederwendung gelten als wartungsarm, robust und kostengünstig und die Qualität des filtrierten Brauchwassers ist durchaus hoch. „Das Wasser ist zwar theoretisch trinkbar, sollte aber ausschließlich zur Bewässerung sowie zur industriellen Herstellung von Zement benutzt werden“, erklärte der leitende Ingenieur Christof Gränitz.
Die Filtration soll u. a. verhindern, dass das Grund- und Trinkwasser durch ungeklärtes Abwasser kontaminiert wird. „Die Abtrennung der Biomasse und der darin enthaltenen Mikroorganismen ist eine der Hauptaufgaben, die wir mit den Containern erledigen“, so Gränitz. Das gelingt mit einer Kombination aus Festbettreaktoren und Belebtschlammverfahren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Wasserversorgung auf Malta betrifft, ist die Meerwasserentsalzung. Drei Umkehrosmoseanlagen bereiten aus Salzwasser Trinkwasser. Eigentlich wäre auch hierfür eine Vorfiltration durch die Keramikmembranen notwendig – doch weil Malta auf Kalksteinfelsen gebaut ist, findet diese auf natürliche Weise statt.
Für ItN Nanovation gibt es an dieser Stelle also keine Absatzmöglichkeiten. Seine Technologien will das Unternehmen aber in einem Joint Venture mit Saudi-Arabien erproben. Geplant ist zunächst eine Anlage zur Trinkwasseraufbereitung, in der 14 000 m³ Brunnenwasser pro Tag mit den Umkehrosmosemembranen vorfiltriert werden. Später ist die Gesamtausstattung der Anlage mit einer wesentlich höheren Kapazität geplant.
Aus Sicht von Experten könnte dies ein positives Zeichen für die Zukunft sein. „Kein Lebensbereich wird in Zukunft von den Auswirkungen der Nanotechnik unberührt bleiben“, prophezeit Wolfgang Heckl, Physik-Professor an der Technischen Universität München. Und gerade im sensiblen Bereich des Trink- und Grundwassers sei es notwendig, auf die modernsten Technologien zu setzen. HOLGER PAULER
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