Neue bifaziale Solarzelle produziert mehr Strom zu 1/3 der Kosten
Eine neue bifaziale Solarzelle könnte Schwung in die Energiewende bringen: Sie soll fast doppelt so viel Strom wie herkömmliche Solarzellen produzieren und 70 Prozent weniger kosten.
Die Energiewende bringt einige Herausforderungen mit sich und die Suche nach nachhaltigen und kostengünstigen Energielösungen hat höchste Priorität. Vor diesem Hintergrund haben Wissenschaftler der University of Surrey in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern eine innovative bifaziale Solarzelle entwickelt. Sie produziert Strom von beiden Seiten und soll 70 Prozent weniger kosten.
Winzige Carbon-Nanoröhrchen machen es möglich
Die neuartigen Solarzellen nutzen flexible Perowskit-Paneele, ausgestattet mit Elektroden aus winzigen Carbon-Nanoröhrchen. Das Besondere: Die Solarzellen können Licht von beiden Seiten auffangen. Das Design verdoppelt nicht nur effektiv die absorbierte Lichtmenge, sondern ermöglicht auch einen höheren Wirkungsgrad und eine signifikante Kostenreduktion im Vergleich zu traditionellen Solarzellen.
Professor Ravi Silva, der Direktor des Advanced Technology Institute, hebt hervor: „Die von uns entwickelten bifazialen Paneele markieren einen Wendepunkt. Sie bieten eine realisierbare Lösung für eine der größten Herausforderungen unserer Zeit – den Übergang zu einer kohlenstofffreien Welt durch kosteneffektive Solarenergie.“
Was bedeutet bifaziale Paneele?
In diesem Beitrag geht es um bifaziale Paneele. Wir wollen an dieser Stelle kurz erklären, was das bedeutet. Der Begriff „bifazial“ leitet sich von den lateinischen Wörtern „bi“ für zwei oder doppelt und „facies“ für Gesicht ab – „bifacial“ bezeichnet also eine Zwei- oder Doppelseitigkeit. In der Botanik beschreibt der Begriff seit langem den Aufbau bestimmter Blatttypen. In der Energiebranche tauchen bifaziale Solarmodule jedoch erst seit kurzem auf. Bei diesen speziellen Modulen kommen Solarzellen zum Einsatz, die auf beiden Seiten – der Vorder- und der Rückseite – Licht in elektrische Energie umwandeln können.
Die Idee der bifazialen Solarzellen wurde erstmals 1960 von einem japanischen Wissenschaftler vorgestellt, damals allerdings in Form einer Doppelzelle mit zwei p-n-Übergängen. Heutige bifaciale Solarzellen zeichnen sich gegenüber herkömmlichen Solarzellen durch ein angepasstes Design des Rückkontakts aus, der es ermöglicht, Licht auch von der Rückseite einzufangen. Allerdings wird das rückseitig einfallende Licht weniger effizient umgewandelt.
Der so genannte Bifazial-Faktor quantifiziert den Unterschied im Wirkungsgrad bzw. in der Leistung zwischen Vorder- und Rückseite der Zelle. Bei bifazialen PERC-Zellen beträgt dieser Faktor etwa 70 Prozent. Heterojunction-Zellen erreichen einen Bifazial-Faktor von bis zu 95 Prozent und mehr. Das Forschungsteam aus Großbritannien und China konnte diesen Faktor weiter steigern.
Technische Details der Carbon-Nanoröhrchen
Im Mittelpunkt der Forschung an den neuen bifazialen Solarzellen standen die Carbon-Nanoröhrchen, wie bereits geschrieben. Diese haben einen Durchmesser von nur 2,2 Nanometern. Das ist etwas dünner als ein Strang der menschlichen DNA. Ein Blatt Papier ist dicker als 45.000 übereinander gestapelte Nanoröhrchen. Die Paneele konnten mehr als 36 Milliwatt pro Quadratzentimeter erzeugen, wobei das hintere Panel fast 97 Prozent der Leistung des vorderen Panels erzeugte. Bei den meisten derzeit auf dem Markt erhältlichen bifazialen Modulen liegt dieser Wert zwischen 75 und 95 Prozent.
Wie geschrieben, erzeugen die neuartigen Solarzellen eine Leistung von 36 Milliwatt pro Quadratzentimeter, das entspricht etwa 360 Watt pro Quadratmeter. Herkömmliche Solarpanels erzeugen in der Regel etwa 200 Watt pro Quadratmeter, die Leistung lässt sich demzufolge fast verdoppeln.
Teamarbeit über Grenzen hinweg brachte den Erfolg
Die Entwicklung der bifazialen Solarzellen gelang durch die gemeinsamen Anstrengungen eines internationalen Teams von Forschenden. Die britische Universität Surrey war federführend, arbeitete aber eng mit führenden Institutionen wie der Universität Cambridge, der chinesischen Akademie der Wissenschaften, der Universität Xidian und der Universität Zhengzhou zusammen.
Jede beteiligte Institution brachte ihr spezifisches Fachwissen ein, das von fortgeschrittenen Materialwissenschaften bis hin zu innovativen Fertigungstechnologien reichte. So brachte die Universität Cambridge ihr umfassendes Wissen im Bereich der Nanotechnologie ein, während die chinesische Akademie der Wissenschaften wertvolle Einblicke in die Perowskit-Technologie gewährte.
Die Studie wurde in der Wissenschaftszeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
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