Neuer Fahrplan zu einem globalen PtX-Markt
Synthetische Brenn- und Kraftstoffe aus grünen Quellen sollen helfen, die Energiewende voranzutreiben. Dafür allerdings ist eine neue Infrastruktur für den globalen Power-to-X-Markt notwendig. Was es dafür braucht, zeigt eine neue Studie.
Damit die deutschen Klimaziele erreicht werden können, dass bis 2050 also mindestens 80% weniger Treibhausgase als noch 1990 verursachen werden, muss sich die Energieversorgung und -nutzung „massiv ändern“. Das ist zunächst die Ausgangslage, auf der die Studie der Beratungsfirma Fronter Economics im Auftrag des Weltenergierats – Deutschland e.V. basiert. An der Erstellung haben sich zahlreiche Unternehmen der Energiewirtschaft sowie der Chemie-, Automobil- und Luftfahrtindustrie und entsprechende Bundesverbände beteiligt. Die Transformation der Energiesysteme sei demnach auf drei Wegen erreichbar: mehr erneuerbare Energien, mehr Elektrifizierung und synthetische Brenn- und Kraftstoffe aus erneuerbarem Strom. Diesen letzten Bereich betrachtet die Studie und leitet daraus eine Power-to-X-Roadmap für die kommenden Jahre ab.
Grüne Brenn- und Kraftstoffe sind nicht erst seit dem Dieselskandal en vogue. Sie werden seit Jahren erforscht, um konventionelle Energielieferanten abzulösen. Zu diesen grünen synthetischen Kraftstoffen zählen die Studienautoren Wasserstoff, Ammoniak, Methan, Methanol, Diesel, Benzin und Kerosin.
Was ist Power-to-X?
Unter Power-to-X (oder auch PtX, P2X und P2Y) werden verschiedene Technologien zusammengefasst, die allesamt dafür sorgen, dass überschüssiger Strom genutzt werden kann. Dafür wird er entweder umgewandelt oder zwischengespeichert. An Bedeutung gewonnen hat die Technologie vor allem mit dem Aufkommen erneuerbarer Energien. Sie können mit PtX in alternative Treibstoffe umgewandelt werden und somit fossile Energieträger durch die wesentlich flüchtigeren Energieformen Wind, Sonne und Wasser ersetzen.
Weltweiter PtX-Markt von 20.000 TWh/a
Deutschland hat sich bereits politisch dazu entschlossen, den Umbau des Energiesystems voranzutreiben. Doch die Bundesrepublik wird die grüne Energiewende nicht selbst schultern können. Es seien „beträchtliche Importe von erneuerbaren Energien via PtX aus dem Ausland“ nötig, um die Energiewende zu bewältigen, schließen die Studienautoren. Dabei könne ein solcher Markt weltweit eine Größenordnung von bis zu 20 000 TWh pro Jahr erreichen. Das entspricht etwa der Hälfte der heutigen Nachfrage nach Rohöl. Ein riesiger Markt also, in den viele Länder als Produzenten grüner synthetischer Kraftstoffe einsteigen könnten. Sie unterscheiden sich jedoch vor allem hinsichtlich ihrer Motivation, synthetische Kraftstoffe herzustellen, sowie hinsichtlich ihrer Ausgangslage als Marktteilnehmer auf internationalem Parkett. Sämtliche potenziellen PtX-Produzenten sind auf der Grafik verzeichnet.
Stellvertretend ist etwa Saudi-Arabien zu nennen. Das Königreich wendet sich zunehmend vom schwarzen Gold ab und investiert in Photovoltaik. Mit dem größten Solarpark der Welt möchte Saudi-Arabien zum Vorreiter der grünen Energiewende werden. Auch wenn zur ganzen Wahrheit auch der Bau zahlreicher Kernkraftwerke in den kommenden 15 Jahren gehört, die Motivation zur Umstellung von fossilen auf synthetische Kraftstoffe sei da, so die Studienautoren. Für eine positive Ausgangslage benötige der Golfstaat jedoch internationale Kooperationspartner, allen voran die EU, sowie die Technologie, um ihre PtX-Güter auch zu exportieren.
Die PtX-Roadmap – Skalierung, Fördermittel, Steuervergünstigungen
Doch es liegt nicht nur an den einzelnen Staaten allein, ob ein solch weltumspannender PtX-Markt entsteht und die Nachfrage nach grüner Energie damit nachhaltig gedeckt werden kann. Frontier Economics identifiziert in seiner Studie drei Säulen, auf denen ein solcher Markt basieren müsse: Technologien, Märkte und Nachfrage sowie Investitionen.
Die Hebel bei den technologischen Verbesserungen sehen die Studienautoren in der Skalierung der Anlagengröße und der Herstellungsprozesse, die stärker standardisiert werden müssten. Auch der Einsatz flankierender Technologien wie „blue hydrogen“ und der CO2-Gewinnung aus Industrieemissionen oder Biomasse sei eine Möglichkeit, die Kosten für den globalen Einsatz von PtX-Technologien zu senken. Den Rahmen dafür müssten bessere Handelsstandards für PtX-Importe und Zertifizierungssysteme sowie rechtlich bindende multilaterale Energieabkommen bilden.
Der schwierigste Part dürfte wohl die Monetarisierung sein. Damit in PtX-Projekte investiert wird, müssten „synthetische Brenn- und Kraftstoffe vom Kunden zu einem Preis nachgefragt werden, der den Wert der Klimaneutralität widerspiegelt“. Klar, damit Investoren einsteigen und langfristige Projekte finanzieren, brauchen Sie Planungssicherheit. Doch ob die Klimafreundlichkeit der Technologie dazu führt, dass die Kunden bereit sind, mehr zu zahlen, darf zumindest kritisch gesehen werden. Das sehen die Autoren wohl genauso und fordern öffentliche Fördermittel für Pilot- und Demonstrationsprojekte sowie Steuervergünstigungen für den Stromeinsatz bei der PtX-Produktion.
Ein Beispiel, wie Windstrom in Wasserstoff umgewandelt wird ist das Power-to-Gas-Hybridkraftwerk bei Prenzlau. Wir haben es im Artikel Wirkungsgrad von Power-to-Gas ist konkurrenzfähig bereits 2012 vorgestellt.
Zur Verringerung der Schadstoff-Emissionen durch Autos soll der Diesel-Ersatzkraftstoff OME beitragen. Er wurde von Continental entwickelt und bereits in mehreren Fahrzeugen getestet.
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