Solarzellen: Neues Material erhöht Effekt um Faktor 1.000
Einem Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) ist ein wichtiger Schritt in der Erforschung von Solarzellen gelungen. Die Kombination aus drei Kristallschichten erhöht den photovoltaischen Effekt deutlich: um den Faktor 1.000. Das könnte PV-Anlagen noch effizienter machen.
Soll die Energiewende sie gelingen, ist der zügige Ausbau erneuerbarer Energien ein Muss. Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien immer effizienter erzeugen, sind dabei eine entscheidende Hilfe. Kein Wunder, dass es zahlreiche Forschungen in diesem Bereich gibt. Auch ein Forscherteam der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beschäftigt sich seit einiger Zeit damit, die Effizienz von Solarmodulen deutlich zu steigern. Nun ist ihnen mit einer Kombination aus verschiedenen Kristallen der Durchbruch gelungen: Sie konnten den sogenannten photovoltaischen Effekt um den Faktor 1.000 erhöhen.
Wer entdeckte den photovoltaischen Effekt?
Der photovoltaische Effekt sorgt für die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrischen Strom. Entdeckt wurde er bereits vor über 150 Jahren. Dem Physiker Edmond Alexandre Becquerel gelang im Jahr 1839 erstmals diese Umwandlung, die danach hauptsächlich in der Fotografie für die Messung der Belichtung verwendet wurde.
Becquerel experimentierte mit elektrolytischen Zellen, bei denen er eine Anode und eine Kathode aus Platin einsetzte. Er konnte zwischen diesen Elektroden fließenden Strom messen. Dabei stellte er fest, dass der Strom bei Licht minimal größer war als im Dunkeln. Die Grundlage der Photovoltaik war entdeckt.
Rekord! Wirkungsgrad von fast 69 Prozent für Dünnschicht-Photovoltaik
Effizientere Solarzellen dank photovoltaischem Effekt mit Ferroelektrika
Silizium ist aktuell das Material, das am häufigsten für den Bau von Solarzellen zum Einsatz kommt. Der Nachteil: Der Wirkungsgrad von Silizium ist begrenzt. Deshalb beschäftigt sich die Forschung bereits seit einigen Jahren mit Alternativen. Dabei stehen Materialien wie Bariumtitanat, ein Mischoxid aus Barium und Titan, aktuell im Mittelpunkt der Forschenden. Diese Materialien gehören zur Gruppe der sogenannten Ferroelektrika. „Ferroelektrisch bedeutet, dass das Material räumlich getrennte positive und negative Ladungen besitzt“, sagt Akash Bhatnagar, Physiker am Zentrum für Innovationskompetenz SiLi-nano der MLU.
„Die Ladungstrennung führt zu einer asymmetrischen Struktur, die eine Stromerzeugung unter Licht ermöglicht,“ erklärt der Physiker.
Da ferroelektrische Kristalle für den photovoltaischen Effekt keinen sogenannten pn-Übergang, also keine positiv oder negativ dotierten Schichten, benötigt, könnte dies die Produktion der Solarmodule erheblich erleichtern. Silizium dagegen braucht diesen pn-Übergang.
Wechsel der Materialien, damit Solarzellen effizienter werden
Allerdings weist auch reines Bariumtitanat einen gewissen Nachteil auf: Es absorbiert wenig Sonnenlicht und erzeugt deshalb natürlich auch im Vergleich einen eher geringen Lichtstrom. Deshalb hat die Forschergruppe mit einer Kombination aus verschiedenen Materialien experimentiert. Das Ergebnis: Sie machen es möglich, mehr Energie aus der Sonne zu gewinnen. „Wichtig dabei ist, dass sich ein ferroelektrisches mit einem paraelektrischen Material abwechselt. Letzteres weist zwar keine getrennten Ladungen auf, kann unter bestimmten Bedingungen, etwa bei niedriger Temperatur oder leichten Modifikationen der chemischen Struktur, jedoch ferroelektrisch werden“, berichtet Akash Bhatnagar.
Im Rahmen ihrer Tests kam nun heraus, dass sich der photovoltaische Effekt besonders verstärken lässt, wenn die ferroelektrische Schicht nicht mit nur einer, sondern mit zwei verschiedenen paraelektrischen Schichten im Wechsel kombiniert wird. „Wir haben das Bariumtitanat zwischen Strontium- und Calciumtitanat eingebettet. Dafür werden die Kristalle mit einem Hochleistungslaser verdampft und auf Trägersubstanzen wieder abgelagert. Das so hergestellte Material besteht aus 500 Schichten und ist etwa 200 Nanometer dick“, erklärt Yeseuk Yun, Doktorandin an der MLU und Erst-Autorin der Studie.
Stromfluss bei Solarzellen um bis das 1.000-fache gesteigert
Getestet haben die Forschenden ihre Materialkombination mit Laserlicht. Von dem Ergebnis waren sie tatsächlich selbst überrascht. Der Stromfluss war bis zu 1.000-mal stärker als Messungen es mit reinem Bariumtitanat ergeben hatten. Dabei haben die Wissenschaftler bei der neuen Materialkombination den Anteil des Bariumtitanats als photoelektrischen Hauptteil um fast ein Drittel reduziert. „Offenbar führt die Interaktion der Gitterschichten zu einer wesentlich höheren Permittivität – also dazu, dass die Elektronen aufgrund der Anregung durch die Lichtphotonen deutlich leichter abfließen können“, sagt Bhatagnar. Und damit nicht genug: Die Forschenden testeten ihren neuen Materialmix über einen Zeitraum von sechs Monaten. Der Effekt zeigte sich sehr robust und blieb in dem gesamten Zeitraum nahezu konstant. Diese Forschungsergebnisse sind mit dem bisher verwendeten Silizium nicht zu vergleichen, schon aufgrund der unterschiedlichen Materialeigenschaften.
Die Forschergruppe ist für ihre Studie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft und mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) unterstützt worden.
Wo wird Solarenergie am meisten genutzt?
Solarenergie gilt als schonend für die Umwelt, denn Luftschadstoffe entstehen nicht. Treibhausgase werden nicht freigesetzt. Von Nachteil sind die jahreszeitlichen, tagesabhängigen und wetterbedingten Schwankungen der Energiemenge. Photovoltaik ohne direkte Sonneneinstrahlung ist weniger effektiv. Daher ist den Forschenden ein echter Durchbruch gelungen.
Solarenergie wird zur Erzeugung von Strom sowie zum Beheizen des Gebäudes genutzt. Solarenergie kann sowohl für die Heizung als auch zur Einspeisung in das Stromnetz verwendet werden. Einzelne Solarzellen erzeugen im Schnitt eine elektrische Spannung von 0,5 V- 0,6 V. Um diese Spannung zu erhöhen, werden Zellen im Solarmodul in Reihe geschaltet.
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