Offshore-Parks graben sich den Wind ab
Die Leistung kann deutlich sinken, selbst bei den Mühlen in der ersten Reihe. Mit dem Forschungsprogramm X-Wakes sollen jetzt die genauen Effekte ermittelt werden.
Die mächtigen Offshore-Windparks mit oft mehr als 100 Großgeneratoren verändern massiv die Windverhältnisse, etwa in Nord- und Ostsee. Wenn der Wind einen Park passiert hat ist er schwächer und böiger. Das belastet die Generatoren des nächsten Parks, möglicherweise auch Schiffe, die im so genannten Nachlauf fahren. Im Forschungsprojekt X-Wakes soll jetzt untersucht werden, wie sich die Strömungen auf Nord- und Ostsee ändern, wenn noch weitaus mehr Generatoren errichtet werden. Das ist nötig um das Ziel der Bundesregierung, 2050 80 % des in Deutschland benötigten Stroms regenerativ zu erzeugen, erreicht werden soll.
Windpark-Störungen wirken noch nach 100 Kilometern
Außerdem soll das Projekt, das vom Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) in Bremerhaven mit Ablegern in mehreren anderen norddeutschen Städten koordiniert wird, Klarheit darüber schaffen, wie sich die Veränderung der Windverhältnisse auf die Produktion von Parks im Nachlauf auswirkt. Die Windgeschwindigkeiten sinken nach dem Passieren eines Generatorfeldes. Das wirkt sich bis hin zu Entfernungen von 50 bis 100 Kilometern aus. Durch Staueffekte sinkt auch die Windgeschwindigkeit vor einem Windpark.
Die Deutsche Bucht wird zum Testgebiet
Um die Effekte genauer zu ermitteln startete Anfang November 2019 X-Wakes. Es fokussiert sich auf die Deutsche Bucht vor der Nordseeküste der Bundesländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Dort befinden sich bereits etliche Windparks, neue sollen hinzukommen. Durch Staueffekte vor einem Windpark, Global Blockage Effekt genannt, reduziert sich die Windgeschwindigkeit bereits für den ersten Generator, sodass er unter der Nennleistung bleibt.
„Das ist nicht viel, vielleicht ein Prozent“, sagt Martin Dörenkämper, der bei EWES das Projekt koordiniert.
Im Nachlauf kann es in Extremfällen jedoch zu einem Leistungsverlust von 10 bis 20 % kommen.
Daten aus unterschiedlichen Quellen
Um belastbare Zahlen zu bekommen setzen die Forscher auf verschiedene Methoden. Auf festen Punkten in der Deutschen Bucht, etwa auf Konverterstationen, von denen aus der Windstrom an Land befördert wird, und auf Windgeneratoren werden Messstationen installiert. Außerdem fließen die Langzeit-Daten der Forschungsplattform FINO3 westlich von Sylt ein.
„Außerdem liefern Messkampagnen mit einem Forschungsflugzeug in geringer Flughöhe hochaufgelöste meteorologische Daten“, erklärt die wissenschaftliche Sprecherin des Verbundprojektes, Astrid Lampert von der Technischen Universität Braunschweig.
Neben dem IWES und der TU Braunschweig sind fünf weitere Partner beteiligt: Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Oldenburg mit dem Zentrum für Windenergieforschung (ForWind), die Universität Tübingen, das Helmholtz-Zentrum Geesthacht sowie das Prüf- und Zertifizierungsinstitut UL International in Köln.
Max-Planck-Forscher leisteten Vorarbeiten
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie (MPI-BGC) in Jena warnten bereits 2015 vor den Einflüssen von Windgeneratoren untereinander. Dazu müssten die Parks eine kritische Größe überschreiten. Ähnlich das Ergebnis einer Studie von Forschern an der Stanford University in Kalifornien. Die Mühlen, die in der zweiten Reihe stehen und dahinter bekommen weniger Wind ab als die, die sich ganz vorn befinden. Das liege an Verwirbelungen, die einen ähnlichen Effekt haben wie Wellen, die ein Motorboot verursacht.
US-Wissenschaftler setzen auf Simulation
John Dabiri, Professor für Umwelttechnik und Mechanik an der Stanford University, empfiehlt, die Mühlen in den hinteren Reihen ein wenig aus der direkten Windrichtung herauszudrehen. „Dann liefern sie mehr Strom“, sagt er. Das untermauerte er mit einem Simulationsprogramm. Die Effektivitätssteigerung lag bei sieben bis 47 %. Die Auswirkungen von ganzen Windparks aufeinander untersuchten die kalifornischen Forscher allerdings nicht.
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