Offshore-Windanlagen: Kabelsalat im Meer vermeiden
Sie spielt bei der Energiewende eine wichtige Rolle: die Offshore-Windenergie. Allerdings ist die Anbindung solcher Anlagen an die Stromversorgung an Land extrem schwierig. Forschende haben nun ein neuartiges Messsystem entwickelt, mit dem sich präzise und effizient Kabel lokalisieren lassen.
Offshore-Windanlagen versorgen Millionen Menschen mit grünem Strom und sind somit ein entscheidender Baustein der Energiewende. Um den erzeugten Strom in das Netz an Land einzuspeisen, werden die Windparks im Meer über Seekabel angeschlossen. Regelmäßige Vermessungen der Kabeltrassen stellen sicher, dass die Kabel optimal positioniert sind. Die aktuell verwendeten akustischen und magnetischen Methoden weisen jedoch Nachteile auf: Sie sind zeitintensiv, teuer und nicht immer zuverlässig.
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Im Projekt SASACD, eine Abkürzung für Seismo-Acoustic Synthetic Aperture Cable Detection, arbeiten Forschende des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme, kurz IWES, gemeinsam mit Partnern an einem innovativen Messsystem zur Kabellokalisierung, das diese Schwächen überwindet und eine flächendeckende Ortung des Kabels ermöglicht.
Verkabelung der Offshore-Windkraftanlagen als Herausforderung
Deutschland hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2030 sollen mindestens 30 Gigawatt (GW) Offshore-Windenergie in deutschen Gewässern installiert werden. Seekabel verbinden die Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee mit dem Stromnetz an Land. Bei der Verlegung dieser Kabel muss der Betreiber strenge Vorschriften verschiedener Länder, einschließlich Deutschlands, beachten. Eine sogenannte Post-Burial Survey (PBS) dient beispielsweise dazu, nachzuweisen, dass die tatsächliche Position des verlegten Kabels mit der geplanten Route übereinstimmt. Dadurch werden bestehende Infrastrukturen geschützt und Schäden durch zukünftige Bauaktivitäten vermieden.
Da der Ausbau von Offshore-Windparks und anderen Offshore-Infrastrukturprojekten voranschreitet, kommt es immer häufiger zu Kreuzungen von Kabeln – ein Phänomen, das sich in Zukunft noch verstärken wird. Darüber hinaus haben Meeresströmungen und daraus resultierenden Sedimentbewegungen einen Einfluss auf die Position der Kabel, die sich deshalb im Laufe der Zeit verändern kann. Eine Kartierung ist daher erforderlich, bevor neue Infrastruktur errichtet oder Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden.
Innovatives Messsystem für Offshore-Windanlagen entwickelt
Bisher kommen dafür akustische oder magnetische Methoden zum Einsatz. Diese sind jedoch nicht so zuverlässig und zudem kostenintensiv. Die existierenden Systeme ermöglichen keine flächendeckende Kabelvermessung oder erfordern eine Abschaltung des Stroms in dem zu vermessenden Kabel. Das Fraunhofer IWES entwickelt zusammen mit der Universität Bremen und der TenneT Offshore GmbH im Verbundvorhaben SASACD ein neuartiges Messsystem, das vor alle, zuverlässig und kosteneffizient sein soll sowie flächendeckend funktionieren soll.
Dieses seismoakustische Abbildungsverfahren lokalisiert Offshore-Kabel in den obersten Meeresbodensedimenten mit hoher Genauigkeit. Das macht Wartungsarbeiten besser planbar und stärkt zugleich den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb von Offshore-Windparks. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert das Projekt, das vom Fraunhofer IWES in Bremen koordiniert wird.
Offshore-Windanlagen: Kabelvermessung mit extremer Präzision
Das neuartige Messsystem ermöglicht es, Seekabel mit einem Durchmesser ab 25 Zentimetern auf wenige Dezimeter genau zu lokalisieren. Diese Präzision erweist sich als äußerst vorteilhaft, sowohl bei der Verlegung neuer Kabel, die aufgrund der entstehenden Hitze nicht in unmittelbarer Nähe zu bestehenden Leitungen platziert werden dürfen, als auch beim Schutz der vorhandenen Infrastruktur und der Instandsetzung beschädigter Verbindungen. Jude Castelino, Wissenschaftler und Projektleiter am Fraunhofer IWES, vergleicht die Suche nach Unterwasserkabeln ohne geeignete Hilfsmittel mit der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Genau hier setzt das seismoakustische Messsystem an, mit dem der Meeresboden in der vermuteten Kabelregion systematisch abgefahren und untersucht wird.
Die Messplattform zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, weitläufige Flächen des Meeresbodens zu scannen und dabei eine ausreichende Eindringtiefe in das Sediment zu gewährleisten. Um dies zu erreichen, setzen die Forschenden unter anderem innovative Methoden der Diffraktionsabbildung ein, die sich bereits bei der Suche von Findlingen in marinen Sedimenten am Fraunhofer IWES bewährt haben und im Projekt SASACD weiterentwickelt werden. Das Messsystem besteht aus einem Schlepprahmen mit speziellen seismischen Sensoren (Hydrophonen) und Positionsbestimmungssystemen sowie einem ferngesteuerten Schleppfahrzeug (ROTV). Dieses wird von einem Vermessungsschiff gezogen und kann in einer Höhe von etwa zehn Metern oder weniger über dem Meeresboden operieren. Die Sensoren erkennen die von den Kabeln gestreute akustische Energie. Die anschließende Datenauswertung erfolgt mithilfe einer speziell entwickelten Software, die die Position der Kabel hochauflösend in Echtzeit darstellt. „Eine Abschaltung des zu vermessenden Kabels während des Vorgangs ist nicht erforderlich. Eine ununterbrochene Stromübertragung während der Vermessung verringert die Betriebskosten der Windparks“, sagt Castelino. Darüber hinaus wird eine kontinuierlichere Einspeisung des erzeugten Stroms in das Gesamtstromnetz gefördert, was die Planbarkeit der Einspeisung verbessert. Als nächster Schritt stehen Messfahrten mit dem Prototyp an, der auch von verhältnismäßig kleinen Vermessungsschiffen aus eingesetzt werden kann.
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