Kraftwerkstechnik 21.10.2011, 12:05 Uhr

ORC-Technik: Strom aus Abwärme ohne Nutzung von Thermoöl

Die Entwicklung bei der ORC-Technik (Organic Rankine Cycle) schreitet voran. Haben sich große Module in den vergangenen Jahren bereits etabliert, so wird der Einsatz auch bei kleineren Leistungen unter 1 MW möglich

„Bis zu 50 % der weltweit in der Industrie eingesetzten Energie gehen als Abwärme verloren“, konstatiert Ralf Klein, Vorsitzender der Bosch KWK Systeme. „Allenfalls Abwärmequellen mit einer hohen thermischen Leistung ab 2,5 MW werden in der Praxis derzeit zur Stromerzeugung genutzt – um niedrigere Leistungen umzuwandeln, fehlte es bislang an effizienten Lösungen.“

Bosch bietet nun eine Anlage für die Verstromung von Abwärme bereits ab einer thermischen Leistung von 500 kW und Vorlauftemperaturen für die ORC-Anlage von 90 °C bis 150 °C an. Die Anlage basiert auf einem thermodynamischen Kreisprozess nach dem Prinzip des Organic Rankine Cycle, kurz ORC: Statt Wasser kommen dabei andere Arbeitsmedien auf Basis organischer Verbindungen zum Einsatz.

Boschs Pilotanlage steht bei der Rhein-Main Deponie (RMD) im hessischen Flörsheim. Wärme aus den Abgasen der in dem Deponiepark betriebenen Blockheizkraftwerke werden so zur zusätzlichen Stromproduktion genutzt. Die elektrische Leistung der ORC-Anlage beträgt 65 kW bei einem Wirkungsgrad von 13 %. „Damit steigt der Wirkungsgrad unserer Motoren auf fast 50 %“, sagt RMD-Geschäftsführer Gerd Mehler.

ORC-Anlagen konkurrieren bereits mit Dampfkraftmaschinen

ORC-Anlagen haben sich im größeren Leistungsbereich bereits etabliert. Hier stehen sie im Wettbewerb zu Dampfkraftmaschinen. Da sie jedoch nicht mit Wasser und hohen Drücken arbeiten, sondern ein organisches Medium unter niedrigen Druckbedingungen einsetzen, fallen sie nicht unter die Dampfkesselverordnung und müssen folglich auch nicht rund um die Uhr durch qualifiziertes Personal überwacht werden. Dies schlägt sich wiederum vorteilhaft auf die Betriebskosten nieder.

Stellenangebote im Bereich Energie & Umwelt

Energie & Umwelt Jobs
Harz Guss Zorge GmbH-Firmenlogo
Energie- und Umweltmanager (w/m/d) Harz Guss Zorge GmbH
BG ETEM-Firmenlogo
Ingenieur/in (m/w/d) als Referent/in für die Branche Feinmechanik BG ETEM
Profil Institut für Stoffwechselforschung GmbH-Firmenlogo
Head Site Management (w/m/d) Profil Institut für Stoffwechselforschung GmbH
Stadtwerke Bayreuth Holding GmbH-Firmenlogo
Referent Kommunale Wärmeplanung (m/w/d) Stadtwerke Bayreuth Holding GmbH
Bayreuth Zum Job 
Hochschule Angewandte Wissenschaften München-Firmenlogo
Wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Wissenschaftlicher Mitarbeiter zum Thema "Wärmepumpe für die Brennwertnutzung in Biomasseheizsystemen" (m/w/d) Hochschule Angewandte Wissenschaften München
München Zum Job 
SCORE GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur (m/w/d) SCORE GmbH
Stadtwerke Essen AG-Firmenlogo
Projektmanager (gn) Geschäftsfeldentwicklung, EDL Stadtwerke Essen AG
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Abfallexperte (w/m/d) im Bereich Planung und Bau Die Autobahn GmbH des Bundes
Stadtwerke Essen AG-Firmenlogo
Ingenieur (gn) für Wärmepumpenanlagen und Stadtwärmenetze Stadtwerke Essen AG
Energie und Wasser Potsdam GmbH-Firmenlogo
Energy-Analyst (m/w/d) Energie und Wasser Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 
Energieversorgung Halle Netz GmbH über Jacobi consulting GmbH-Firmenlogo
Leiter Netzbetrieb Gas (m/w/d) Energieversorgung Halle Netz GmbH über Jacobi consulting GmbH
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr-Firmenlogo
Traineeprogramm - Bachelor Fachrichtung Maschinenbau / Energie- und Gebäudetechnik (m/w/d) Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
bayernweit Zum Job 
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr-Firmenlogo
Traineeprogramm - Bachelor Fachrichtung Maschinenbau / Energie- und Gebäudetechnik (m/w/d) Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
Stadtwerke München GmbH-Firmenlogo
Vertragsmanager*in Großprojekte Mobilität (m/w/d) Stadtwerke München GmbH
München Zum Job 
GELSENWASSER AG-Firmenlogo
Ingenieur*in Trinkwasser GELSENWASSER AG
Gelsenkirchen Zum Job 
Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Fachkraft für Nah- und Fernwärme-Hausanschlüsse (m/w/d) Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG
Esslingen am Neckar Zum Job 
Stadtwerke Lübeck Gruppe-Firmenlogo
Referent:in Asset Management Technik - Schwerpunkt Anlageneinsatzplanung Stadtwerke Lübeck Gruppe
Lübeck Zum Job 
Landeshauptstadt Düsseldorf-Firmenlogo
Leitung des städtischen Krematoriums für das Garten-, Friedhofs- und Forstamt Landeshauptstadt Düsseldorf
Düsseldorf Zum Job 
THOST Projektmanagement GmbH-Firmenlogo
Wirtschaftsjurist*in / Ingenieur*in (m/w/d) für Contract & Claimsmanagement in Projektender Energiewende THOST Projektmanagement GmbH
Stuttgart, Mannheim Zum Job 
Netzgesellschaft Potsdam GmbH-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) Strategische Netzplanung - Gas / Wärme / H2 Netzgesellschaft Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 

Unterschiedliche ORC-Module finden sich bereits im Markt, neben Bosch KWK Systeme bieten Hersteller wie Adoratec, Conpower, die Gesellschaft für Motoren und Kraftanlagen, Maxxtec, ORC energy, Ormatic oder Turboden entsprechende Anlagen. Einige Unternehmen setzen dabei auch auf Technik von Calnetix Power Solutions, heute ein Tochterunternehmen des US-Konzerns GE.

Bislang lag die für eine ORC-Anwendung typische Leistung der Abwärme bei über 1 MW mit Temperaturen um 300 °C, die elektrische Leistung der ORC-Anlage entsprechend bei rund 125 kW. Als Wärmeträger – also zur Übertragung der Wärme von der Abwärmequelle zur ORC-Anlage – kommt in der Regel Thermoöl zum Einsatz. Die damit an den ORC-Prozess übertragene Wärme verdampft das eingesetzte organische Arbeitsmedium, zum Beispiel Silikonöl.

ORC-Anwendungen finden sich auch bei Biomasse-Heizkraftwerken. So setzt etwa der Heizungsbauers Viessmann im hessischen Allendorf in seiner neuen Energiezentrale beim automatisch betriebenen Hackschnitzelkessel eine ORC-Anlage von Turboden mit einer elektrischen Leistung von 191 kW ein.

Statt Thermoöl überträgt Wasser die Energie auf die ORC-Anlage

„Thermoöl weist eindeutig die schlechtere Umweltverträglichkeit gegenüber Wasser auf.“, erläuterte Helmut Ziegler, Geschäftsführer Bosch KWK Systeme. Daher habe man sich entschieden, als Wärmeträger Heißwasser zu nutzen. Dies kann zum Beispiel in industriellen Prozessen direkt als Abfall zur Verfügung stehen. Im Bosch-Pilotprojekt bei RMD heizen die Abgase der Blockheizkraftwerke über einen Wärmetauscher Wasser auf etwa 130 °C auf. Das heiße Wasser überträgt seine Energie schließlich auf das Arbeitsmedium in der ORC-Anlage.

Bei der Suche nach dem optimalen Arbeitsmedium sei entsprechend ein hoher Einsatzbereich bei möglichst niedriger Temperatur entscheidend gewesen. Dabei galt es, aus etwa 3000 Kältemitteln das richtige auszuwählen. „Normalerweise müsste man für jeden Temperaturbereich das passende Kältemittel einsetzen, um das Optimum rauszuholen“, so Ziegler. Die Wahl sei schließlich auf R245fa (Pentafluorpropan) gefallen – zudem ungiftig, nicht feuergefährlich und nicht explosiv. Allerdings beträgt das relative Treibhauspotenzial von R245fa nach Angaben von Bosch, bezogen auf einen Zeitraum von 20 Jahren, 950 (im Vergleich zu CO2) – sollte das Medium emittiert werden.

Um die Abwärme bei niedrigeren Temperaturen und geringeren Leistungen mit möglichst hohem Wirkungsgrad zu verstromen, stellte die Technologie eine weitere Herausforderung dar, erklärte Ziegler. Wichtige Komponenten seien noch nicht so weit gewesen, besonders die Entspannungsmaschinen. Die Lösung von Bosch ist eine magnetgelagerte Entspannungsturbine. „Hier haben wir heute eine hohe Effizienz erreicht, mit 36 000 Umdrehungen pro Minute und Lagerreibungsverlusten von nur 180 W.“

Neben der RMD-Anlage arbeitet inzwischen eine zweite Bosch-ORC-Anlage mit einer elektrische Leistung von 60 kW in einer Biogasanlage eines Landwirtes. Zwei weitere Pilotanlagen sind für dieses Jahr noch geplant, berichtete Klein. Einsatz sollen sie in einer Kläranlage und in einem mittelständischen Unternehmen der Stahlveredelung finden. Die elektrischen Leistungen liegen bei 140 kW und 200 kW. 2012 soll dann der Verkauf starten. Auch über ein Betreibermodell (Contracting) werde nachgedacht, zugeschnitten auf mittelständische Industrieunternehmen und Landwirte mit Biogasanlagen.

Das Potenzial für ORC-Anlagen in diesem niedrigen Leistungssegment schätzt Klein für die nächsten Jahre in Deutschland auf 600 Stück – und zwar allein für Bosch KWK Systeme. Bei einem erwarteten Marktanteil von 30 % bis 50 % beläuft sich der Gesamtmarkt grob geschätzt auf rund 1500 Anlagen. Typische Anwendungen für ORC fänden sich bei Gasmotoren oder in der Industrie. Bei einer Betriebsdauer von rund 8000 h jährlich amortisiere sich die Investition bereits nach rund vier bis fünf Jahren.

Das Bundesumweltministerium unterstützt ORC-Projekte in Kempen und Kitzingen

Das Bundesumweltministerium unterstützt die ORC-Technik. Mittel aus dem Umweltinnovationsprogramm wurden etwa für zwei aktuelle Projekte in Kempen und in Kitzingen zur Verfügung gestellt. So werden die Stadtwerke Kempen die Abgase dreier mit Erdgas betriebenen Gasmotoren einer KWK-Anlage einem ORC-Prozess zuführen.

Bei der Eisen- und Aluminiumhütte Franken Guss in Kitzingen soll mittels ORC die Abwärme des Rauchgases einer Heißwind-Kuppelofenanlage genutzt werden. Durch Einsatz einer Kolbenmaschine statt der sonst üblichen Turbine und von Ethanol statt Silikonöl als Arbeitsmedium werde neben Strom auch Druckluft hergestellt. Darüber hinaus soll die nicht im ORC-Prozess verwendete Abwärme zur Erzeugung von Heizwärme genutzt werden, wofür die bestehende Heizungsanlage entsprechend modifiziert wird.

Nach Ansicht von Helmut Ziegler müsse sich die Technologie perspektivisch auch ohne Förderung tragen. Schlüsselfaktor sei der Strompreis. Und dieser werde steigen. Überhaupt bestehe ein Trend zu wachsendem Strombedarf bei gleichzeitig sinkendem Wärmebedarf. Schon heute sei in Deutschland der Anfall an Abwärme doppelt so hoch wie der Wärmebedarf insgesamt. „Deshalb müssen wir so viel wie möglich Strom aus dieser Energie erzeugen, die sonst vernichtet wird.“

Ein Beitrag von:

  • Robert Donnerbauer

    Freier Journalist und Fotograf. Themengebiete: Energie (Gebäude, Industrie, Verkehr), Heiztechnik, Brennstoffzellen, Kraft-Wärme-Kopplung,  Verkehr (alternative Antriebe, Nutzfahrzeuge).

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.