Erneuerbare Energien 01.06.2023, 13:34 Uhr

Organische Photovoltaik auf dem Vormarsch?

Die Technologie um die organische Photovoltaik (OVP) steckt noch in den Anfängen, allerdings wird ihr großes Potenzial aufgrund ihrer Nachhaltigkeit und vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten anerkannt.

Photovoltaik

Organische Photovoltaik: Der vielversprechende Weg zu nachhaltiger Solarenergie? (Symbolfoto)

Foto: PantherMedia / mmaxer

Spricht man von nachhaltigen Zielen, kommt man nicht über den CO2-Fußabdruck nicht hinweg. Er gibt nicht nur Auskunft darüber, wie viele klimaschädliche Treibhausgase eine Person aufgrund ihres Lebensstils verursacht, sondern berücksichtigt auch die verschiedenen Energiequellen und ihre jeweiligen Auswirkungen. Eine Kilowattstunde Strom aus Wasserkraft verursacht beispielsweise nur 3 Gramm CO2-Äquivalente. Das „Äquivalent“ wird hier verwendet, um zu verdeutlichen, dass auch alle anderen Gase einbezogen werden. Kernkraft und herkömmliche Solarmodule schlagen mit etwa 50 Gramm zu Buche, während Braunkohle sogar bis zu einem Kilogramm CO2 erzeugt.

Der Physiker Karl Leo aus Dresden hat all diese Zahlen im Kopf und verfügt zudem über einen Trumpf in der Hand: die organische Photovoltaik (OVP). „Sie kommt in Mitteleuropa auf einen Wert zwischen 7 bis 9, in sehr sonnenreichen Gegenden kann sogar der Carbon Footprint von Wasserkraft erreicht werden“, sagte er gegenüber der dpa.

Was versteht man unter Organische Photovoltaik (OVP)?

Organische Photovoltaik (OVP) ist eine Technologie, die auf organischen Materialien basiert und es ermöglicht, Sonnenlicht direkt in elektrische Energie umzuwandeln. Im Gegensatz zur herkömmlichen Photovoltaik, die auf Silizium basiert, verwendet die OVP organische Halbleitermaterialien, die aus Kohlenstoffverbindungen, wie beispielsweise Polymeren oder kleinen Molekülen bestehen. Die organischen Materialien sind in der Lage, Sonnenlicht zu absorbieren und die darin enthaltene Energie in Form von Elektronen freizusetzen. Diese Elektronen können dann in einem elektrischen Stromkreislauf genutzt werden, um elektrische Energie zu erzeugen.

„Wenn wir langfristig denken, brauchen wir aber Solartechnologien, die keine kritischen Rohstoffe enthalten, bei der Herstellung möglichst wenig Energie verbrauchen und überall einsetzbar sind“, sagt Professor Karl Leo. Deshalb ist er sicher, die die Zukunft der Solarenergie lautet: organische Solarzellen.

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Professor Leo ist der Direktor des Instituts für Angewandte Physik und der Gründer des Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials an der TU Dresden. Mit seinem Team gelang es ihm im Jahr 1998 erstmals, eine organische Halbleiter-LED (OLED) herzustellen. Organische Leuchtdioden sind heute aus Smartphones und TV-Bildschirmen nicht mehr wegzudenken, da sie für eine verbesserte Bildhelligkeit, Kontraste und Energieeffizienz sorgen. Damals war dies bahnbrechende Pionierarbeit. Auch im Bereich der organischen Photovoltaik (PV) ist der Weg zur technischen Perfektion noch weit.

Noch einiges ist aufzuholen

Die organischen Zellen bestehen hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen und werden in hauchdünnen Schichten, die hundertmal dünner sind als ein menschliches Haar, auf eine Trägerfolie aufgebracht. Der Forscher nennt weitere Vorteile: Sie sind extrem leicht und äußerst flexibel. Daher können sie praktisch überall eingesetzt werden.

Wichtig ist, dass er auch die bisherigen Schwächen der Technologie nicht verschweigt und sie offen nennt. Denn: Die Technologie befindet sich noch in den Anfängen ihrer Entwicklung und hat noch einiges aufzuholen. „Was ihr bislang fehlt, ist ein hoher Wirkungsgrad. Er ist momentan nur etwa halb so groß wie bei herkömmlichen Silizium- Solarzellen. Wir wollen erstmal verstehen, warum die Wirkungsgrade so sind, wie sind. Dann wollen wir sie verbessern, etwa mit Hilfe effektiverer Kohlenstoffverbindungen und besserer Schichtaufbauten. Dazu brauchen wir aber noch viele Jahre Grundlagenforschung.“

Kostengünstig und vielseitig einsetzbar

Der Bundesverband Solarwirtschaft erkennt das große Potenzial der organischen Photovoltaik aufgrund ihrer Nachhaltigkeit. Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig erklärt, dass sie kostengünstig hergestellt werden kann, vielseitig einsetzbar ist und relativ einfach in die Gebäudehülle integriert werden kann. Allerdings ist die Technologieentwicklung der OVP noch recht jung, und im Vergleich zur marktführenden Siliziumtechnologie hinkt sie etwa 20-30 Jahre hinterher. Dies zeigt sich in geringeren Zellwirkungsgraden, höheren Kosten und einer begrenzten Verbreitung auf dem Markt.

Die Firma Heliatek aus Dresden, eine Ausgründung der Technischen Universität Dresden und der Universität Ulm, beschäftigt über 270 Mitarbeiter und produziert solche Folien. Für den Aufbau der Serienproduktion wurden mehr als 75 Millionen Euro investiert.„Hinter unseren Folien steckt die gleiche Halbleitertechnologie wie bei den OLED. Sie machen aus Strom Licht, bei organischer Photovoltaik ist es genau andersrum“, kommentierte Heliatek-Sprecher Stephan Kube.

Vorsprung muss gehalten werden

Karl Leo bescheinigt Heliatek einen technologischen Vorsprung. Es ist wichtig, diesen Vorsprung zu halten und Patente zu schützen, da ansonsten der organischen Photovoltaik dasselbe Schicksal wie den Siliziumzellen drohen könnte. In der Vergangenheit wurden Module und Maschinen in Europa entwickelt und nach China exportiert. Zurück kamen Module, die wesentlich günstiger waren und europäische Hersteller in die Knie zwangen.

„In China und der Dritten Welt kann man Silizium-Module billiger fertigen als in Europa, das wird immer so bleiben. Bei organischer Photovoltaik sieht das anders aus. Da steckt das Know-how in Maschinen und Technologie.“

Dass es bald der Fall sein könnte, zeigen auch aktuelle Pressemeldungen. Neulich gab es beispielsweise Berichte, dass die Forscher der Hong Kong Polytechnic University einen neuen Rekord für organische Solarzellen aufgestellt haben, indem sie einen Energieumwandlungswirkungsgrad (PCE) von 19,31 Prozent erreicht haben. Diese bemerkenswerte Effizienz von binären OSCs wird dazu beitragen, die Anwendungsmöglichkeiten dieser fortschrittlichen Solarenergiegeräte zu verbessern.

Organische Solarzellen auf Basis von Nicht-Fulleren-Akzeptoren stellen dabei die Spitze des Forschungsfeldes dar, sowohl aufgrund der Materialien als auch der Innovationen in der Morphologie-Manipulation. Die Unterdrückung des nichtstrahlenden Rekombinationsverlusts und die Leistungssteigerung stehen im Zentrum der Forschung zu organischen Solarzellen, hieß es im Forschungsbericht.

Mit dpa

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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