Photovoltaik birgt für Baden-Württemberg enormes Potenzial
Baden-Württemberg verfügt über großes Know-how in der Solartechnologie. Daher könnten Photovoltaikanlagen künftig vollständig aus heimischer Produktion stammen und die Wirtschaft des Landes stärken. Das ist das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE.
Photovoltaik (PV) nimmt eine Schlüsselrolle bei der Energiewende ein. Nach Einschätzung der Internationalen Energie Agentur (IEA) wird die installierte Stromerzeugungskapazität durch Photovoltaik die Kapazität durch Kohle bis 2027 übertreffen. Doch der Ausbau von Photovoltaik stellt Deutschland und seine Bundesländer vor neue Herausforderungen. Die Photovoltaik-Branche ist weltweit stark umkämpft, was zu einem hohen Wettbewerbsdruck führt. Unternehmen müssen viel in Forschung und Entwicklung investieren, da sich die PV-Branche ständig weiterentwickelt. Gleichzeitig wird die Entwicklung immer wieder von politischen Entscheidungen wie Änderungen von Förderprogrammen beeinflusst. Auch das Fehlen von Fachkräften, steigende Abhängigkeiten und Lieferengpässe bei bestimmten Rohstoffen stellt Deutschland beim Ausbau der erneuerbaren Energien vor Probleme.
Um sich von diesen Problemen zu befreien, muss Deutschland unabhängiger werden und stärker auf lokale Technologielieferanten und Wertschöpfungsketten setzen. Baden-Württemberg als Vorreiter in der Solartechnologie könnte hier eine wichtige Rolle einnehmen. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE wäre Baden-Württemberg grundsätzlich in der Lage, neue Solarzellen und PV-Modul-Produktionsstätten aufzubauen.
Photovoltaik: Baustein der Energiewende
Photovoltaik-Industrielandschaft in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg verfolgt ehrgeizige Ziele bei der Energiewende. Um diese auch zu erreichen, müssen bis 2037 jedes Jahr Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 4000 Megawatt angebracht werden. Aufgrund der technologischen Kompetenzen und hohen Dichte spezialisierter Unternehmen des Landes könnten die neu zu errichtenden Photovoltaikanlagen vollständig in Baden-Württemberg produziert werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie des ISE, die das Solar Cluster Baden-Württemberg in Auftrag gegeben hat.
„Der Aufbau von Produktionsstätten für Solarzellen und PV-Module sowie weiterer Komponenten wie Wechselrichter und Montagesysteme könnte von in Baden-Württemberg ansässigen Herstellern und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden“, sagt Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE.
Von den 116 PV-Unternehmen in Baden-Württemberg haben sich 40 Firmen auf den Anlagebau und die Produktionstechnik spezialisiert. Im Bereich Materialien, Zellen und Module gibt es 20 Firmen, im Bereich Elektrotechnik und Elektronik 22 Firmen und im Bereich Montagetechnik und Unterkonstruktion sind 23 Firmen tätig. Weitere elf Firmen haben sich auf verschiedene Photovoltaik-Komponenten spezialisiert. Damit ist das Land bereits jetzt schon gut aufgestellt.
Wettbewerbsfähigkeit in der PV-Branche
Für den Ausbau einer Photovoltaikindustrie hat Baden-Württemberg als Standort einige Vorteile. Diese bestehen laut der Studie vor allem in dem Technologievorsprung und in der Spezialisierung von Solartechnologie. Ebenso punktet Baden-Württemberg mit Expertise im Maschinen- und Anlagebau, einem gut ausgebauten Recyclingsektor, einer guten Lage im europäischen Wirtschaftsraum und ausgeprägten Lösungskompetenzen in systemischen Fragestellungen im Bereich Photovoltaik und PV-Integration.
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in der PV-Branche weiter zu stärken, empfehlen die Studienautorinnen und -autoren verschiedene Maßnahmen wie beispielsweise den Ausbau von Netzanschlüssen, die Entwicklung von Planungskonzepten für besonders geeignete Standorte für Flächenanlagen oder den vollständigen Ausbau von PV-Anlagen auf bestehenden Industrieflächen und Fassaden. Vor allem sollte aber der Ausbau der Produktionskapazitäten im Fokus stehen.
Potenziale für Quereinsteiger in die PV-Industrie
Neben der Wettbewerbsfähigkeit der bereits bestehenden PV-Unternehmen in Baden-Württemberg, hat die Studie auch das Potenzial anderer, bereits bestehender Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette untersucht. Dabei kam heraus, dass auch Unternehmen, die bislang nicht direkt etwas mit Photovoltaik zu haben, von der Photovoltaikindustrie profitieren können. Zum Beispiel die in Baden-Württemberg starke Automobilindustrie. Die Automobilhersteller könnten die vorhandenen Kompetenzen und Produktionsanlagen beispielsweise für die Herstellung von Getrieben und Dämpfern für Solartracker, Unterkonstruktionen und Rahmen für Solarmodule, Gehäusen und Halterungen für Wechselrichter sowie Elektronik für Wechselrichter und Control-Systeme für Hybridkraftwerke nutzen. Darüber hinaus eröffnet die PV-Branche aber auch Firmen aus der Elektrotechnik-, der Chemie- und Maschinenbausparte sowie der Verpackungsindustrie Möglichkeiten für einen Quereinstieg.
„Diese Bestandsaufnahme ist ermutigend und zeigt, dass in der Solarindustrie für Baden-Württemberg viel Potenzial steckt. Jetzt müssen politische Weichen für eine schnelle und massive Skalierung gestellt werden, um Investitionen attraktiver zu machen“, sagt Andreas Schlumberger, Geschäftsführer des Solar Clusters Baden-Württemberg. „Baden-Württemberg soll und kann künftig eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau einer europäischen Photovoltaik-Produktion in engem Schulterschluss mit der Bundesebene und der EU spielen. Auch lokale Produktionskapazitäten für PV-Module in Multi-Gigawatt-Skalen sind möglich und erstrebenswert.“
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