Photovoltaikanlagen auf Gewerbedächern: Jedes Dach kann Geld verdienen?
Es gibt eine große, aber bisher wenig genutzte Möglichkeit, die Energiewende voranzutreiben: durch Solaranlagen auf Gewerbedächern wie Lagerhallen oder Bürogebäuden. Eine neue Studie zeigt, dass bisher weniger als zehn Prozent der gewerblichen Flächen in Deutschland für Photovoltaik genutzt werden.
Florian Resatsch, früherer Marketingchef bei Viessmann und Gründer eines digitalen Unternehmens, hat sich zum Ziel gesetzt, Solaranlagen auf Gewerbedächern in Deutschland zu etablieren. Dadurch möchte er Unternehmen helfen, Geld zu sparen und energieunabhängiger zu werden. Im folgenden Interview erklärt er, wie dieses Vorhaben umgesetzt werden könnte.
Herr Resatsch, wie bewerten Sie das aktuelle Potenzial von Photovoltaikanlagen auf Gewerbedächern in Deutschland und welche Faktoren beeinflussen deren Nutzung?
Aktuell sind wir in Deutschland bei ungefähr 10 Prozent Nutzung der verfügbaren Fläche im Gewerbe. Wir haben also überwiegend leere Dächer. Das können wir uns als Nation schlicht nicht mehr erlauben. Denn leere Dächer sind ungenutztes Potenzial – für Gewerbe und Klimaschutz. Ob eine Nutzung der Dächer sich für PV anbietet, hängt von der Industrie, dem Stromverbrauch und der Dachbeschaffenheit ab. In sehr vielen Fällen lässt sich aber eine sinnvolle und betriebswirtschaftlich relevante Lösung finden.
Hindernisse für die breitere Implementierung von Photovoltaikanlagen auf gewerblichen Dachflächen
Welche Hindernisse sehen Sie bei der breiteren Implementierung von Photovoltaikanlagen auf gewerblichen Dachflächen?
Diejenigen, die aus Überzeugung Solar auf das Dach installieren, haben das meistens längst getan. Für diejenigen, die sich jetzt damit beschäftigen, spielen vor allem die Kosten und der ROI eine Rolle. Während der Zeit der hohen Strompreise war es relativ klar für viele Mittelständler, dass sich PV-Anlagen lohnen, um Kosten zu senken und autonomer in der Versorgung zu sein. Seit die Strompreise wieder niedriger sind, muss man mehr in die Erklärung gehen, warum sich PV mittel- und langfristig dennoch lohnt.
Daneben spielen weitere Faktoren eine Rolle: Erstens ein meist komplexer oder zumindest komplex wirkender Beauftragungsprozess. Der Gewerbetreibende muss dazu wissen, welche Solarmodule am Markt sind, was welche Dachart für die Solarmodule bedeutet, welche Stromkosten anfallen, und sich theoretisch auch um Anlagenzertifikate und weiteres kümmern. Das führt natürlich zu einer gewissen Schwelle. Zweitens die initialen Kosten. Bis eine Solaranlage sich amortisiert hat inklusive Abschreibungen, dauert es in der Regel nicht mehr als sieben Jahre – aber dennoch ist es zunächst eine Investition. Und drittens natürlich der Fachkräftemangel. Freie Ressourcen bei den Installationsbetrieben sind rar.
Inwieweit könnte die Nutzung von Photovoltaikanlagen auf Gewerbedächern zur Erreichung der deutschen Klimaziele beitragen?
Garbe Industrial Real Estate, ein Unternehmensimmobilien-Spezialisten, hat eine Berechnung veröffentlicht, nach der das PV-Potenzial von Gewerbedächern aus Logistik und Industrie in Deutschland einer Leistung von 121 Gas- oder Kohlekraftwerken entspricht. Oder, als alternative Bezugsgröße, sind es 36 Kernkraftwerke. Selbst wenn wir davon sicherlich Flächen abziehen müssen, weil die Statik es nicht hergibt oder weil Flächen verschattet sind, so gibt es doch ein gutes Gefühl, wie immens das Potenzial ist. Kürzlich hat übrigens das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum einen „Solaratlas“ veröffentlicht, der zeigt, wo in Deutschland besonders viel Potenzial für B2B-Solar liegt.
Solar auf dem Dach als ein echter finanzieller Mehrwert
Welche wirtschaftlichen Vorteile könnten Unternehmen durch die Installation von Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern erwarten?
Der selbst produzierte Strom macht Unternehmen einerseits energetisch unabhängiger von steigenden bzw. schwankenden Preis der fossilen Energien. Das ist in Zeiten von geopolitischen Konflikten und einer anhaltenden Debatte über die Attraktivität von Deutschland als Wirtschaftsstandort ein großer Mehrwert. Zudem ist Solar auf dem Dach auch ein echter finanzieller Mehrwert, der ins Unternehmen eingebracht wird und steuerlich relevant werden kann. Wer etwa als Familienunternehmer langfristig denkt, unterstützt damit auch die in der Familie nachfolgenden Generationen. Und natürlich ist es ein ESG-Wert, der auch ideell wirkt, was nicht zuletzt aufgrund der angespannten Arbeitsmarktsituation für jedes Unternehmen interessant ist.
Welche politischen oder regulatorischen Maßnahmen wären Ihrer Meinung nach notwendig, um die Nutzung von Photovoltaikanlagen auf Gewerbedächern zu fördern?
Das YouTube-Video von Breaking Lab zu Solarenergie auf Gewerbedächern gibt einen pointierten Eindruck, wie durch behördliche Prozesse und Föderalismus Tempo beim Ausbau verloren gehen kann. Positiv ist, dass im Solarpaket 1 Gewerbeimmobilien mitgedacht wurden und es nun z. B. auch eine höhere Einspeisevergütung gibt. Wir sind davon überzeugt, dass noch mehr klare und einheitliche Regeln bundesweit den Gewerben helfen würden, sich für PV zu entscheiden. Dadurch würden sie Planungssicherheit gewinnen und administrative Aufwände reduzieren.
Photovoltaikanlagen auf gewerblichen Gebäuden im Vergleich zu privaten Haushalten
Wie unterscheiden sich die Anforderungen und Herausforderungen bei der Installation von Photovoltaikanlagen auf gewerblichen Gebäuden im Vergleich zu privaten Haushalten?
Die gewerblichen Gebäude haben bei der Installation eine höhere Komplexität als Privatgebäude. Die Dächer sind sehr unterschiedlich, von Neigungswinkeln, Fenster bis hin zu Blitzableitern, dazu muss die Statik beachtet werden. Es wird mehr Strom produziert aufgrund der größeren Fläche und daher sind die Anbindungen an das Stromnetz regulierter als bei privaten Haushalten. Daneben verbraucht ein privater Haushalt anders Strom als ein Gewerbetreibender, der beispielsweise ein Kühlhaus hat oder eine Produktion – hier muss das Energiemanagement gesichert sein.
Können Sie einige Best-Practice-Beispiele für erfolgreiche Photovoltaik-Projekte auf Gewerbedächern in Deutschland nennen?
Da gibt es viele, auch über Deutschland hinaus. Zwei eindrucksvolle Beispiele, die die Bandbreite aufzeigen, finden sich in unseren Nachbarländern: In St. Gilgen am österreichischen Wolfgangsee wird die Seilbahn mit Solarenergie betrieben und ein niederländischen Stahl Produktionsunternehmen hat 760 Solarmodule sowie Energiespeichersysteme installiert, um den Bedarf der Firma über die bestehende Stromversorgung hinaus zu decken. Das zeigt, welche Cases Solarenergie abdecken kann.
Welche technischen Entwicklungen oder Innovationen im Bereich Photovoltaik könnten die Nutzung auf Gewerbedächern in den nächsten Jahren vorantreiben?
Vermehrt kommen Leichtbau-Module auf den Markt, die eine PV-Anlage auf Gebäuden ermöglichen, deren Statik die bisherigen Module nicht tragen konnten. Die Leichtbau-Module sind zudem sehr effizient und leicht anzubringen, auch auf verschiedenen Dachformen. Spannend sind auch “bifaziale” Module, die Licht sowohl von der Vorder- als auch von der Rückseite aufnehmen können – damit können sie auch bei reflektierenden Dächern die Effizienz erhöhen. Daneben gibt es auch integrierte PV-Zellen direkt in Bauelementen wie Dachziegel oder Fassadenplatten – oder sogar Folien, die auf Fenster aufgebracht werden können. Damit sind auch ästhetische Vorbehalte hinfällig.
Digitalisierung und Photovoltaik-Projekte auf gewerblichen Gebäuden
Wie könnte die Digitalisierung dazu beitragen, die Planung und Umsetzung von Photovoltaik-Projekten auf gewerblichen Gebäuden zu erleichtern?
Die Digitalisierung kann vor allem Prozesse verbessern und Transparenz für Gewerbe erhöhen. Was sie nicht kann: Die Solaranlagen auf die Dächer bauen. Dafür brauchen wir weiterhin fähige Menschen und das ist uns tatsächlich sehr wichtig: Elevion Green verbindet eine moderne digitale Plattform mit der jahrelangen Erfahrung etablierter Mittelstandsunternehmen. Von der Digitalisierung profitieren nicht nur unsere Kunden, sondern auch Installationsbetriebe der Elevion Group, unseres Mutterunternehmens. Denn auch dort gibt es Mehrwerte durch schlankere Prozesse und andere Synergien.
Herr Resatsch, welche spezifischen Dienstleistungen und technischen Lösungen bietet Elevion Green an, um Unternehmen bei der Nutzung von Photovoltaikanlagen auf ihren Gewerbedächern zu unterstützen?
Uns sind ein schlanker Prozess und Transparenz wichtig. Deshalb erhalten Unternehmen auf unserem Online-Portal bereits bei Dateneingabe einen ungefähren Wert, wie viele kWh Solarenergie erzeugt und welche Kosten gespart werden können. Für die genaue Angebotserstellung wird im Hintergrund die Verfügbarkeit der regionalen Anlagenbauer geprüft. Grundstamm dafür sind die Unternehmen der Elevion Group, die in ganz Deutschland und darüber hinaus PV-Anlagen installieren. Neben PV-Anlagen werden wir im Laufe des Jahres 2024 auch Batteriespeicher und EV-Charging-Optionen anbieten.
Wir sind bei Elevion Green ja selbst Unternehmer und wollen nicht für Anfragen von Pontius zu Pilatus rumgereicht werden. Bei uns gilt daher das Prinzip des „One-Stop-Shop“: vom initialen Kontakt bis zum tatsächlichen Bau kommt alles aus einer Hand – und der Kunde hat immer den gleichen Ansprechpartner, der seine Bedürfnisse genau kennt.
Vielen Dank für das Interview!
Florian Resatsch ist CEO von Elevion Green und befähigt mit der Plattform Unternehmen dabei, aus Klimaschutz einen Business Case zu machen. Die Dekarbonisierung und eine dezentrale Energieversorgung trieb er bereits in seinen vorherigen Stationen als Senior Advisor bei McKinsey sowie als Vorstandsmitglied der Viessmann Group voran. Als früherer Managing Director von finleap sowie als Gründer von Friendticker ist Florian Resatsch mit digitalen Ökosystemen bestens vertraut. Bei der Elevion Group, für die er Elevion Green aufbaut, kommen nun digitales, ökologisches und ökonomisches Know-how zusammen, um den Einsatz von Solaranlagen auf gewerblichen Dachflächen zu erhöhen.
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