Power-to-Gas – Schlüsseltechnologie für die Energiewende
Schon jetzt wird Power-to-Gas als eine der wichtigen Technologien für das Gelingen der Energiewende erachtet. Dabei wird kritisiert, dass man das Verfahren vor 2040 nicht benötigen würde. Laut Ingo Stadler vom Institut für Elektrische Energietechnik IET der TH Köln sei dank Power-to-Gas und weiterer Verfahren das Speicherproblem zumindest aus technischer Sicht bereits gelöst.
„Was ungefähr 1 Mio. Jahre lang gebraucht hat, um aufgebaut zu werden, das entnehmen wir dem Energiespeicher innerhalb eines Jahres. Es ist ein Ungleichgewicht“, erklärte Ingo Stadler, Leiter des Cologne Institute for Renewable Energy CIRE an der TH Köln, am vergangenen Donnerstag in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Rahmen einer Ringvorlesung.
Mit „Energiespeicher“ meint Stadler keine landläufige Batterie, sondern jene 24,6 Mrd. m³ zur Speicherung von Erdgas, die in Deutschland in unterirdischen Kavernen- und Porengesteinen derzeit als Reserve betrieben werden. Das jetzige Energiesystem, so Stadler, basiere auf diesen fossilen Energieträgern, die beständig konstant verbraucht werden. Das Power-to-Gas-Verfahren könnte als mögliche Schlüsseltechnologie zukünftig bei der Wiederherstellung des Gleichgewichts helfen, indem die Gasspeicher statt mit Erdgas aus fossilen Erdgaslagerstätten über das Power-to-Gas-Verfahren mit Gas aus überschüssigem Ökostrom befüllt würden.
Speichertechnologie Power-to-Gas
Während des chemischen Prozesses wird überschüssige, erneuerbare Energie genutzt, um Wasser mithilfe von Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Da der Sauerstoff im Prozess nicht benötigt wird, kann er freigesetzt, anderweitig genutzt oder verkauft werden. Der Wasserstoff wiederum wird in einem Methanisierungsreaktor zugeführt. Das aus der Reaktion mit Kohlenstoffdioxid entstehende Methan lässt sich wie Erdgas nutzen und speichern.
Erneuerbare Energie wird idealerweise sofort verwendet, „wenn man aber zu viel hat und keinen Abnehmer, so ist Power-to-Gas die Ladetechnologie“, erläutert Stadler, der erneuerbare Energie und Energiewirtschaft an der Fachhochschule Köln lehrt.
Das Verfahren habe viele Vor- und Nachteile, so der Experte. Die Nutzung von Wasserstoff ermögliche einen Energieträger, der sich leicht speichern lasse und zudem häufig vorkomme. Auch könne er nachhaltig produziert und sowohl für Strom als auch für Wärme eingesetzt werden.
Doch sei die Energiedichte des Wasserstoffs photometrisch schlecht, der Prozess energieintensiv und wirkungsgradtechnisch gering. Stadler warnt zudem: „Wenn wir sagen, dass wir in die Wasserstofftechnologie gehen, müssen wir eine komplette neue Wasserinfrastruktur aufbauen!“
Methanisierung ermöglicht einfache Energiewende
Der zweite Schritt, die Methanisierung, ist deswegen im Power-to-Gas-Verfahren besonders wichtig. Dieser Prozess ist im Prinzip seit 100 Jahren bekannt und erlebte durch die Debatte über eine großskalige Energiespeichertechnik in den letzten Jahren eine Renaissance.
Laut Stadler ist der größte Vorteil der Methanisierung des gewonnen Wasserstoffs die bereits vorhandene Infrastruktur für Erdgas. Ein Nachteil wären aber die mit der Verfahrenstechnik verbundenen Kosten und der erhöhte Stromverbrauch für die Methanisierung. Dennoch zieht der Experte die Technologie in Erwägung, da sie als wichtige Möglichkeit gilt, die Lücke zwischen elektrischen Energiespeichern und eben den konventionellen Gasspeichern zu schließen. „Man muss billige Speicher aus dem Wärme-, Gas- und Mobilitätssektor nutzen, um die Probleme und Herausforderungen im Strombereich zu lösen“, fordert er.
Energiewende: „So billig wie Wärme kann ich Strom niemals speichern“
„Überall ist Energiespeichern beliebt, nur nicht im Stromsektor“, kritisiert Stadler. Aus diesem Grund vergleicht der Experte unterschiedliche Speicher auf volumetrische Energiedichte, die Effizienz des Speichers sowie deren Investitionskosten in eine Speichertechnologie. Dabei fällt auf, dass gerade elektrische Energie die höchste Energieeffizienz erreiche, aber die Investitionskosten riesig seien.
„In einem nennenswerten Maß Energie rein elektrisch zu speichern, das werden wir nie haben“, stellte der Leiter des Cologne Institute for Renewable Energy an der TH Köln fest. Dagegen fielen für thermische Speicher deutlich geringere Investitionskosten an. Der Kostenfaktor von Wärme zu Strom liege von 100 zu 1000. Stadler fasste zusammen: „Da kann die Lithium-Ionen-Batterie noch ein paar Sprünge machen und billiger werden. So billig wie Wärme kann ich Strom niemals speichern.“
Power-to-Gas zeige einen anderen Trend. So hätte diese Technologie die höchste Energiedichte und könnte über längeren Zeitraum sehr viel Energie speichern. Doch habe sie auch schlechte Wirkungsgrade und hohe Investitionskosten aufgrund der Elektrolyse und des Speicheranteils, vergleicht man sie mit thermischen Speichern.
Verschiedene Technologien für Energiespeicher können Lücken schließen
Für Stadler ist Power-to-Gas nur eine von vielen Möglichkeiten in der Palette verfügbarer Technologien für das Speichern von Energie. „Sie ist nicht die eine Technologie“, betont er nachdrücklich. „Sie hat ganz gewisse Vorteile als auch klare Nachteile.“ Der Experte sieht eine Koppelung von verschiedenen Energiesektoren, mit denen sich Synergien schaffen lassen, als Zukunftsmodell für die Energiewende. Alternativen wie Power-to-Heat oder Power-to-Liquid zeigen ihm, dass man auch mit diesen Verfahren die Lücken im Energiesektor schließen kann.
„Das ungelöste Speicherproblem – oder welche Sau wird jetzt durch das Dorf getrieben?“, den Eindruck habe man manchmal, kritisiert Stadler. Für den Experten sei das Speicherproblem aus technischer Sicht gelöst und man könne mit der Energiewende fortfahren. Doch dies sei nur möglich, wenn die Politik nicht in ihrem jetzigen Status quo verbleibe. Aufgrund des aktuellen Kurses seien bereits die Klimaziele 2020 nicht mehr erreichbar. Führe man diesen Kurs so fort, dann würde man Power-to-Gas tatsächlich bis vor 2040 nicht benötigen. „Das wäre aber fatal“, verdeutlichte er.
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