Preisverfall macht Solarstrom in Spanien konkurrenzfähig
Der massive Preisverfall bei der Photovoltaik macht Solarstrom in einstrahlungsreichen Regionen wie Südspanien auch ohne politische Förderung wettbewerbsfähig. Das zeigt ein Schweizer Ingenieurbüro auf.
Im südspanischen Murcia scheint anders als in vielen Regionen Deutschlands im März oft die Sonne von einem wolkenlosen Himmel herab. Das zieht nicht nur mitteleuropäische Urlauber in die Mittelmeerstadt. Auch für Solarstromproduzenten ist das ein Segen. Denn mit dem Preisverfall der Photovoltaikanlagen ist Solarstrom aus sonnenverwöhnten Regionen Europas überraschend schnell konkurrenzfähig geworden.
„Unter optimalen Bedingungen können wir die Kilowattstunde (kWh) in einem großen Photovoltaik-Kraftwerk im Süden Spaniens für 7 Cent bis 9 Cent erzeugen“, sagt Stefan Roth, Projektleiter der Züricher Ingenieursfirma Jendra Power.
An der Börse ist der Strom zwar im Durchschnitt mit 5 Cent/kWh bis 6 Cent/kWh noch günstiger, doch die regenerative Energie ist im Gegensatz zum indifferenten Börsenstrom CO2-frei – ein Vorteil, der sich über Ökostromzertifikate verkaufen lässt. 2 Cent/kWh bis 3 Cent/kWh Verkaufserlös seien dabei drin, so Roth. „Unter dem Strich lässt sich der Strom an der Börse für 5 Cent/kWh bis 6 Cent/kWh verkaufen.“
Photovoltaik-Großprojekte in Spanien lassen sich nur noch über freien Markt verwirklichen
Die Firma hat in Spanien in den letzten Jahren ein halbes Dutzend noch staatlich geförderter Solaranlagen für Schweizer Energieversorger installiert, so die Berner Stadtwerke ewb. Mittlerweile ist Spanien aber vollständig aus der Einspeiseförderung für Solarstrom aus Neuanlagen ausgestiegen. Die einzige Möglichkeit, solare Großprojekte zu verwirklichen, ist damit der freie Markt.
Noch existiert die Rechnung der Schweizer Ingenieure nur auf dem Papier. Roth erwartet aber, dass ein solches Projekt nicht mehr lange auf sich warten lässt. „Die Preise für Solarmodule sind so stark gefallen, dass Investoren im Falle eines 20-MW-Solarparks mit einer Gesamtkapitalrendite von 5,5 % rechnen können.“
Jendra Power kalkuliert mit einem Einkaufspreis für die Module von 63 Cent/W. „Wir setzen auf Qualitätsanbieter. Im Markt sind No-Name-Module teilweise sogar schon für 50 Cent/W zu haben“, sagt Roth. Vor Jahresfrist lagen die Preise noch bei deutlich über 1 €/W. Summa summarum ergebe sich je installiertem Kilowatt ein Investitionsbedarf von gut 1400 €. Erwartet wird eine Stromproduktion von 1550 kWh/kW. „Das ist konservativ. In der Region um Murcia werden Durchschnittswerte von 1600 kWh erreicht.“
Die Annahmen, räumt er ein, seien nicht auf alle Regionen des Landes mit hoher Einstrahlung übertragbar. Die Bereitschaft der Kommune, des Landes und des örtlichen Stromnetzbetreibers zur Kooperation sei nötig. „Es gibt auch Netzbetreiber, die einen Monate auf den Anschluss warten lassen.“
Solarkraftwerke rechnen sich mittelfristig auch ohne Grünstromzertifikate
Ohnehin sei ein solches Solarprojekt nur sinnvoll für ein Energieversorgungsunternehmen. „Schließlich gibt es keine garantierten Vergütungen mehr. Es geht dann um den optimalen Verkauf des Stroms an der Börse und die bestmögliche Vermarktung der Zertifikate. Mittelfristig aber werden sich die Solarkraftwerke wegen des anhaltenden Preisverfalls auch ohne Grünstromzertifikate rechnen.“
Sollten die Schweizer einen Investor für ihre Idee finden, wäre das wohl die erste große Solarstromanlage in Europa, die sich ohne finanzielle Unterstützung von Staat und Stromverbrauchern rechnen würde. Das könnte dem Ausbau der Solarstromerzeugung zumindest im Süden Europas in Zeiten knapper öffentlicher Kassen neuen Schub geben.
Auch gegenüber der solarthermischen Stromerzeugung, bei der Parabolspiegel das Sonnenlicht zur Dampf- und anschließenden Stromgewinnung konzentrieren, ist spanischer Solarzellenstrom nach Roths Rechnung nur noch halb so teuer. Auf 16 Cent/kWh bis 18 Cent/kWh schätzt das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) in Köln die Stromerzeugungskosten der mehrere Fußballfelder großen solarthermischen Kraftwerke, von denen in Spanien mehr als 20 Anlagen in Betrieb sind.
Solarthermie muss im Vergleich zu Photovoltaik billiger werden
Anders als die Photovoltaik läuft deren Förderung erst 2014 aus. Rund 40 Vorhaben mit einer Leistung von rund 1,5 GW sind in der Pipeline, von denen die meisten nach Industrieangaben im Bau sind.
„Bis 2015 müssen solarthermische Kraftwerke aber mindestens um 50 % billiger werden, um konkurrenzfähig zu sein“, räumt Joachim Ludwig, Vorstand vom Kraftwerkentwickler Ferrostaal, ein. Die Essener betreiben zusammen mit deutschen Energieversorgern eine solche Anlage in der Nähe von Granada. Sonst könnte es für die durch die Desertec-Vision propagierte Solarthermie im Vergleich zur billigen Photovoltaik trotz Sonnenreichtums im Süden Spaniens wirtschaftlich eng werden.
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