Dünnschichtphotovoltaik 18.05.2012, 11:57 Uhr

Preiswerte Dünnschichttechnik mit neuem Anlauf

Fünf Jahre ist es her, da galt die Dünnschichtphotovoltaik als unmittelbarer Verdränger der etablierten Solarzellen auf Basis von Siliziumwafern. Sie sind zwar nicht so leistungsfähig, aber wesentlich preiswerter, so die Argumentation. Doch die rapide Preisdegression der Silizium- panels hat den Kostenvorteil der Dünnschichttechnik dahinschmelzen lassen.

Die Preise für den – angeblich unerschöpflichen – Rohstoff der mono- oder polykristallinen Siliziumscheiben waren vor fünf Jahren prohibitiv hoch, die Lieferkapazitäten begrenzt. Also waren Alternativen mit geringerem Materialeinsatz gefragt. Statt der 180 µm dicken Siliziumwafer sollten nur 3 µm dünne, auf Glas-, Metall- oder Kunststoffsubstrate aufgedampfte oder chemisch abgeschiedene Lichtabsorberschichten Verwendung finden.

Damit konnten die Dünnschichtzellen nach Angaben des US-Marktforschungsunternehmens GTM Research bis 2009 einen Weltmarktanteil von fast 20 % erringen. Dann aber kam der fatale Exodus: Im Gefolge der durchschlagenden deutschen Anwenderförderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wuchsen die Solarmodulinstallationen schneller als erwartet. Die Siliziumpreise, bezogen auf die erzeugte Leistung, fielen dramatisch. In diesem Jahr fielen die Modulpreise bis auf 0,87 $/W Nennleistung (ca. 0,66 €/W).

Anteil der Dünnschichttechnik geht 2011 auf 11 % zurück

Das hat den Marktvorteil der Dünnschichtphotovoltaik gründlich revidiert und Auswirkungen auf das gesamte Wertschöpfungssystems samt Forschung, Entwicklung und Fertigung. Ihr Marktanteil, so GTM Research in der neuen Studie „Thin Film 2012 – 2016“, ging 2011 auf magere 11 % zurück. Auch die absoluten Absatzzahlen fielen auf weniger als 3 Mrd. $.

Entsprechend verhalten war die Stimmung auf dem Berliner „Thin-Film Industry Forum 2012“ am 19. und 20. April am traditionsreichen Berliner Hightech-Standort Adlershof. Es ging weniger um technologische Einzelfortschritte, sondern um Wirtschaftlichkeit und „bankability“ (die kreditwürdige Bonität) von großen Freiflächenprojekten. Diese gelten als Anwendung, bei der die Dünnschichttechnik ihre Vorteile gut ausspielen kann. Die Industrie ist auf der Suche nach Zukunftsmärkten, vorwiegend dort, wo die Sonne stark und regelmäßig scheint: im Nahen Osten, Pazifik, in Afrika, Indien und Südamerika.

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Deutschland ist vorerst nicht mehr darunter, wie der vor Kurzem angekündigte strategische Rückzug von First Solar aus Frankfurt/Oder mangels attraktiver Vergütung für Freiflächenanlagen hierzulande belegt. Die US-Amerikaner gelten mit ihrer Cadmiumtellurid-Technik als Weltmarktführer im Dünnschichtbereich. Auch von der Nummer zwei am Weltmarkt, Solar Frontier, und deren Investition von 1 Mrd. $ in eine voll automatisierte Fertigung mit 900 MW Jahreskapazität ist hierzulande nicht viel zu sehen. Die Japaner setzen auf Kupferindiumselenid (CIS).

Was bleibt? Wie in anderen Technologiefeldern der Status als technologisch führender Ausrüster der Fertigungsstätten. Das ist, wie der VDMA in seiner Sektion Photovoltaik-Produktionsmittel belegt, eine eminent erfolgreiche Weltmarktposition. Auch hier, sagt Rutger Schlatmann, Direktor des Kompetenzzentrums für Dünnschicht- und Nanotechnologie Berlin, fehle es an der gebotenen massiven Förderung der Dünnschichtzellen – deren Fertigung, Prozessoptimierung und Automatisierung. „Es wäre wichtig, einen Mechanismus zu schaffen, der die vorwettbewerbliche Entwicklung auch auf der Industrieebene fördert.“ Beispielhaft, so Schlatmann, wäre die national geförderte Chipkooperative Sematech. Damit hatte die US-Halbleiterindustrie ihre Fertigungskompetenz in den 80er-Jahren gegen japanische Wettbewerber gestärkt.

Stichwort China: Anbieter wie der Solarzellenkonzern Suntech dominieren bereits heute die kristalline Silizium-Photovoltaik und diktieren die Preise. „Die Chinesen“, so Branchenkenner Karlheinz Remmers, CEO der Solarpraxis und Ko-Organisator des Thin-Film Industry Forums, „werden sich jetzt auch stärker der Dünnschichttechnik zuwenden.“ Damit käme frisches Kapital ins Spiel – mit dem die Finanziers bei der weltweiten Deckelung der Einspeisevergütungen derzeit knausern. Remmers: „Das wird die Maßstäbe für Dünnschicht in die Nähe einer nationalen Industriepolitik rücken.“

Derzeit engagieren sich vorwiegend Konzerne mit langer Perspektive, wie Showa Shell Sekiyu (Solar Frontier), TSMC Solar, Tokyo Electron, Dow Chemical oder General Electric.

Dünnschichttechnik wird 2012 das Tal durchschritten haben

Technologisch favorisiert die Fachwelt jetzt die CIGS- oder CIS-Technologie (CIGS: Kupferindiumgalliumselenid). Sie holt im Wirkungsgrad gegenüber Cadmiumtellurid auf. Im Monatstakt kommen von überall her neue Rekordmeldungen. Die Steigerung auf 20 % Wirkungsgrad auch im kommerziellen Einsatz hält man bei Solar Frontier für machbar.

Auf dem Industrie-Forum war man sich einig: Der Tiefpunkt der der Dünnfilmphotovoltaik wird 2012 durchschritten. Ab 2015 gibt es laut Marktforscher EuPD wieder die gewohnten Zuwächse. Natürlich greift dann die Marktauslese: Von mehr als 100 Dünnfilmanbietern heute werden 2030 nur einige wenige existieren und das Feld beherrschen.

Ein Beitrag von:

  • Werner Schulz

    Freier Fachjournalist in München. Schwerpunktthemen: Mikroelektronik, Solartechnik, Displaytechnologie.

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