Preiswerte Kabel für die Energiewende
Geringe Transportverluste und kleine Querschnitte prägen künftig den Transport großer Strommengen über große Entfernungen. Die Kabel können auch für Magnetresonanztomographen, Schiffe und E-Flugzeuge verwendet werden.
Große Mengen an Strom lassen sich über weite Strecken am besten mit Gleichstrom übertragen, der eine Spannung von einigen 100.000 Volt hat. Die Verluste sind dann am geringsten. Folgerichtig wird diese Technik im Rahmen der Energiewende eingesetzt, um Windstrom aus den Offshore-Parks in Nord- und Ostsee nach Bayern und Baden-Württemberg zu transportieren.
HTSL-Kabel in Essen ohne Nachfolgeprojekte
Künftig geht es mit Hochtemperatur-Supraleitern (HTSL) mit noch geringeren Verlusten oder ganz ohne. Diese müssen auf minus 196 Grad Celsius gekühlt werden, der Temperatur von flüssigem Stickstoff. Das ist nichts Neues. In Essen ist ein solches Kabel schon seit Jahren in Betrieb. Es hat allerdings ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Nachfolgeprojekte blieben aus, weil die Kabel extrem teuer sind.
CroCo ist ein Kabel für sehr große Ströme
Das Problem haben Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) jetzt gelöst. Sie entwickelten eine kostengünstige Produktionstechnik, die HTSL-Kabel in die Näher der Wirtschaftlichkeit bringen könnten. Hochtemperatur-Supraleiter-Cross-Conductor (HTSL CroCo) haben sie ihr Produkt genannt. Es besteht aus einer Keramik, die Seltene Erden sowie Barium-Kupfer-Oxid enthält. Das Kürzel lautet REBCO für Rare-Earth Barium-Copper-Oxide. Dieses Material lässt sich nur in dünnen Bändern herstellen, wenn größere Längen benötigt werden – tatsächlich geht es letztlich um tausende Meter. „Wir haben eine Methode entwickelt, bei der mehrere REBCO-Bänder kreuzförmig angeordnet werden. Dabei entsteht ein Kabel für sehr hohe Ströme“, sagt Walter Fietz, der die Technik gemeinsam mit Michael Wolf vom KIT-Institut für Technische Physik entwickelt hat.
Minus 70 Grad Celsius reichen aus
Das Kabel hat noch eine besondere Eigenart. Es mussE nicht wie bei herkömmlichen Supraleitern auf minus 269 Grad celsius heruntergekühlt werden ,um einen widerstandslosen Stromtransport zu ermöglichen. Eine Kühlung mit flüssigem Stickstoff (minus 196Grad) genügt. Ein Kabel, das aus zwölf CroCos besteht, kann 35.000 Ampere übertragen. Zum Vergleich: Ein Freiland-Gleichstromlabel bewältigt 1000 Ampere, was bei 380.000 Volt einer übertragenen Leistung von rund 380 Megawatt entspricht.
CroCo schafft als Gleichstromleiter deutlich mehr. Bei einer Spannung von 30.000 Volt und einer Stromstärke von 35.000 Ampere liegt die Übertragungsleistung bereits bei 1000 Megawatt (eine Million Kilowatt). „Mit höheren Spannungen beziehungsweise höheren Strömen kann diese Leistung noch weit größer werden“, so Fietz.
Ein CroCo-Kabel bietet einen energieeffizienten Stromtransport auch unter Berücksichtigung der notwendigen Kühlung – und im Vergleich zu herkömmlichen Erdkabeln heizt es die Erde nicht auf und benötigt schmalere Stromtrasse.
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Hunderte Meter Kabel pro Minute sind möglich
Die hohe Stromtragfähigkeit des Kabels spare Platz und Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Kabeln aus Kupfer oder Aluminium, so die Forscher. Wie die Fertigung funktioniert verraten sie nicht. Es heißt lediglich, dass „mehrere Herstellungsschritte miteinander kombiniert“ werden. „Zur Zeit erreichen wir in einer Demonstrator-Fertigung bereits eine Herstellungsgeschwindigkeit von einem Meter pro Minute“, so Wolf. Bei einer industriellen Herstellung könnten es leicht ein paar 100 sein. Da die supraleitende Schicht, die den hohen Strom trägt, in den Kabeln nur wenige Tausendstel Millimeter dick ist, halten sich auch die Materialkosten in Grenzen. „Einer Massenproduktion stehen bislang noch hohe Kosten für das aufwendige Herstellungsverfahren der REBCO-Bänder entgegen“, sagt Wolf, „aber augenblicklich werden von der Industrie neue Verfahren entwickelt, um diese günstiger zu machen.“
Zusätzliche Stromautobahnen wären weniger aufwändig
Das Kabel eignet sich zur Erzeugung großer Magnetfelder, etwa in Magnetresonanztomographen. Die wichtigste Anwendung könnte der Transport von Wind- und Solarstrom werden. Sollten die jetzt im Bau befindlichen Nord-Süd-Stromautobahnen nicht reichen, wäre der Bau zusätzlicher Kabel weniger aufwändig. „Prinzipiell lässt sich ein CroCo überall dort einsetzen, wo wenig Raum zur Verfügung steht, aber viel elektrische Energie transportiert werden soll“, sagt Fietz. Denkbar sei deshalb auch eine Anwendung in Schiffen und sogar in zukünftigen vollelektrischen Flugzeugen.
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