Raumfahrtingenieur will Erdwärme mit Raketenbohrer erschließen
Ein amerikanischer Raumfahrtingenieur will mit einer Art Kanone tiefe Löcher in die Erde schießen, um Erdwärme erschließen zu können. Die Projektile erreichen Spitzengeschwindigkeiten von 2 km/s und bohren sich auch durch harte Steinschichten. Der Patentantrag läuft.
Mark Russell ist Bohrtechniker und Raumfahrtingenieur und hat unter anderem bei Boeing und der Nasa gearbeitet. Mit seinem eigenen Unternehmen Hypersciences, das seinen Sitz im US-Bundesstaat Washington hat, will Russell durch eine völlig neue Bohrtechnik die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Erdwärme schneller und billiger angezapft werden kann. Dafür hat er eine Kanone mit großer Durchschlagskraft entwickelt, die ihre Projektile mit Raketenantrieb in Richtung Erdinneres schießt. Der Patentantrag für den Raketenbohrer läuft.
Ram-Jet-Antrieb kommt sonst in Raketentriebwerken zum Einsatz
Geothermie, das ist für Mark Russell die bedeutendste Energiequelle der Zukunft. Vielleicht könne man damit eines Tages sogar ins All fliegen, glaubt der Raumfahrtingenieur. Bisher aber scheitert die Nutzung der Erdwärme oft genug daran, dass ihre Erschließung äußerst aufwändig und teuer ist, weil die notwendigen Bohrtiefen nur schwer zu erreichen sind. Seine Kenntnisse aus der Raumfahrttechnik hat Russell nun in die Entwicklung eines Bohrers gesteckt, der ein Projektil herausschleudert, das sich durch die Erde frisst.
Das Ganze funktioniert mit einem sogenannten Ram-Jet-Antrieb, der sonst in Raketentriebwerken zum Einsatz kommt. Dabei wird in eine längliche, mit einem Gasgemisch gefüllte Kammer ein Projektil abgefeuert. Mit dem entzündeten Gasgemisch als Treibstoff wird das Geschoss durch die Röhre mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2 km/s gedrückt. Bei seinen Bohr-, beziehungsweise Schießversuchen in die Erde sei alles beim Aufprall mit der raketenartigen Kugel verglüht, inklusive der Kugel selbst, so Russell.
Neue Bohrmethode angeblich zehnmal schneller als herkömmliche Techniken
Bei einer Tiefenbohrung würden zahlreiche Projektile in das Bohrloch abgefeuert werden, solange bis die gewünschte Tiefe erreicht wäre. Russell glaubt, mit seiner neuen Methode zehnmal schneller sein zu können als mit herkömmlichen Bohrtechniken. Außerdem arbeite sein Bohrgerät umweltfreundlicher, weil toxische Schmier- und Ausspülstoffe wegfielen, und könne von einer kleinen Mannschaft gesteuert werden.
Bisher könne er eine Bohrtiefe von rund 3 km erreichen, sagt Russell. Mit seinem Team überlege er aber, die Projektile zum Beispiel mit Plastiksprengstoff zu bestücken, um die Wirkung zu erhöhen. Um die geothermische Energie am besten zu nutzen, müsse man rund 5 km tief in die Erde bohren.
Unterstützt wird die Bohrkanone von Russell von einer Reihe von Investoren. Darunter auch vom GameChanger-Programm von Shell, das Ideen zur Zukunft der Energie fördert und von dem eine Million $ an Zuschüssen kamen. Nun will Russell in den nächsten Wochen weitere Gelder einwerben, um in Demonstrationen die Wirksamkeit seiner Erfindung zu beweisen.
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