Roboter sollen künstliche Blätter bauen – für Solarkraftstoffe
Die Natur macht es vor – und der Mensch begrenzt den Klimawandel. Ein britisches Forscherteam hat ein Konzept erarbeitet, um die Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Erdöl und Gas voranzutreiben. Dafür begeben sich Chemikerinnen und Chemiker auf ein neues Forschungsfeld. Der Ansatz ist vielversprechend.
Es gibt viele verschiedene Systeme, die Ingenieurinnen und Ingenieure entwickelt haben, um erneuerbare Energien zu gewinnen und gleichzeitig klimaschädliche Emissionen zu vermeiden. Doch trotz Solaranlagen, Windkraft, Wärmepumpen und Co. ist die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern immer noch groß. Das beschleunigt einerseits den Klimawandel. Andererseits wird aktuell durch den Krieg in der Ukraine deutlich, welche politischen Folgen damit verbunden sind. Der Wunsch nach Alternativen ist daher dringlicher denn je – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom St. John’s College der University of Cambridge haben einen neuen Ansatz vorgestellt: Roboter sollen nahezu eigenständig neue Solarkraftstoffe produzieren, die Analyse übernimmt eine künstliche Intelligenz (KI).
Solarkraftstoffe erfolgreich in Testprojekten
Pflanzen sind im Grunde genommen winzige Mini-Kraftwerke. Beim Prozess der Photosynthese verwenden sie Licht, Wasser und Kohlendioxid, um daraus die energiereichen organischen Stoffe herzustellen (Glucose und Sauerstoff), die sie unter anderem für ihr Wachstum benötigen. Genau dieses Prinzip ist das Vorbild für die Produktion sogenannter Solar-Treibstoffe. Die Ausgangsstoffe sind dieselben wie bei der Photosynthese, Ergebnisse sind Wasserstoff und kohlenstoffbasierte Treibstoffe wie Synthesegas (Syngas).
Die Machbarkeit ist nicht infrage gestellt. Beispielsweise auf dem Dach der ETH Zürich steht der Prototyp einer Solarraffinerie. Sie stellt Syngas her, das unter anderem zu Methanol oder Kerosin weiterverarbeitet wird. Werden diese Energieträger später verbrannt, gelangt nur so viel CO2 in die Luft, wie ihr zuvor entnommen wurde – unterm Strich sind sie also klimaneutral. Allerdings machen solche Konzepte nur Sinn, wenn es gelingt, sie in großem Maßstab und zu wirtschaftlichen Kosten einzusetzen. Hier kommt das britische Team ins Spiel.
Durchbruch für klimaneutrale Kraftstoffe: Pilotanlage über den Dächern Zürichs
Produktion von Solarkraftstoffen im industriellen Maßstab nötig
Die Chemikerinnen und Chemiker haben eine Art künstliches Blatt entwickelt. Es ahmt die Photosynthese nach, um Syngas herzustellen. Dabei sehen sie eine besondere Herausforderung: „Wir haben an der Entwicklung künstlicher Blätter für die solare Brennstoffproduktion gearbeitet. Dabei handelt es sich aber in der Regel um kleine Prototypen, die man im Labormaßstab herstellen würde. In den letzten Jahren haben wir versucht, diese Technologien zu vergrößern, die Herstellung dieser Geräte zu verbessern und sie praktikabler zu machen, damit wir zu kommerziellen Anwendungen vordringen können“, sagt Dr. Virgil Andrei. Er forscht am Yusuf Hamied Department of Chemistry der Universität Cambridge und ist Co-Autor der veröffentlichten Studie.
Der entscheidende Anstoß kam von Katarzyna Sokół, die aktuell fürs Cambridge Innovation Consulting arbeitet, aber früher als Postdoktorandin am Massachusetts Institute of Technology (MIT) war und sich dort mit den Bereichen Automatisierung und maschinelles Lernen beschäftigt hat. Gemeinsam entwickelten die beiden Ihr Konzept für die Skalierbarkeit der Solarkraftstoff-Produktion.
Roboter für die Produktion der künstlichen Blätter
Sie wollen dabei auf Wasserstoff setzen und für die Produktion ihre künstlichen Blätter verwenden. Das klingt einfach, doch die eigentliche Herausforderung sind die Cyber-Blätter selbst. Denn derzeit werden sie per Handarbeit im Labor hergestellt. Im industriellen Maßstab wäre das natürlich nicht möglich. Deswegen wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Kombination aus Robotern und künstlicher Intelligenz (KI) einsetzen, um eine automatisierte Produktion zu ermöglichen.
Roboter hätten den Vorteil, dass menschliche Fehler bei den sensiblen Herstellungsprozessen ausgeschlossen werden könnten. „Wir stellen uns ein System vor, das selbstständig arbeiten kann – der Hardware-Teil wird die Materialien synthetisieren, sie charakterisieren und ihre Leistung für die solare Brennstoffproduktion testen“, sagt Andrei. Die KI hätte die Aufgabe, die Daten zu speichern und auszuwerten – die Forschenden stellen sich das System als einen komplett autarken Prozess vor. Ziel ist ein kontinuierlich hoher Ausstoß an Solarkraftstoffen. Laut ihrer Studien könnte dieses Konzept der Cyber-Blätter tatsächlich erheblich dazu beitragen, die Energiewende voranzutreiben.
Bis dahin steht dem Team aber noch viel Arbeit bevor, die sie nicht allein bewältigen können. Sie brauchen ein interdisziplinäres Team aus Expertinnen und Experten in den Disziplinen Chemie, Materialwissenschaften, Robotik und Informatik. Gemeinsam wäre es möglich, künstliche Blätter statt fossiler Brennstoffe einzusetzen.
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