Rückbau von Fukushima: Noch 40 Jahre bis zur Grünen Wiese
Die Pläne der japanischen Ingenieure zum Rückbau des zerstörten Kernkraftwerks Fukushima sind „sehr ambitioniert“, urteilt ein deutscher Experte. Dabei geben sie sich eine Menge Zeit, stehen aber vor einer Aufgabe, die noch nie bewältigt werden musste.
Fünf Jahre nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima sind noch 7000 Menschen damit beschäftigt, die Folgen für die Umwelt gering zu halten. Die geschmolzenen Reaktorkerne produzieren noch immer durch radioaktiven Zerfall von Plutonium und Atommüll Wärme, die mit gewaltigen Mengen Wasser abgeführt werden muss. Mittlerweile lagern in gigantischen Tanks auf dem Gelände des einstigen Kraftwerks 750 Millionen Liter Wasser, in dem radioaktive Partikel schwimmen. Noch ist Platz für weitere 100 Millionen Liter, und der Betreiber Tepco will noch einmal Raum für 100 Millionen Liter schaffen. Doch diese Anstrengungen werden konterkariert durch zufließendes Grundwasser, das sich mit dem Kühlwasser vermischt und ebenfalls gelagert werden muss.
Mauer aus Eis soll das Wasserproblem lösen
Zumindest das Grundwasserproblem scheint einer Lösung nah. 1400 Erdbohrungen rund um das Gelände sind fertiggestellt. Sie sollen, sobald eine Genehmigung vorliegt, mit flüssigem Stickstoff gefüllt werden, der eine Temperatur von fast -200 °C hat. Dadurch vereist das Erdreich. Es entsteht eine Mauer aus Eis, 1400 m lang, die Grundwasser am Eindringen hindern soll.
Bisher wurden nur intakte Kernkraftwerke abgerissen
Das alles sind Arbeiten, die noch nichts mit dem so genannten Rückbau zu tun haben, also mit der Umwandlung des Geländes in eine grüne Wiese oder Gleichwertiges. Der kann erst beginnen, wenn die Nachzerfallswärme ein bestimmtes Niveau unterschritten hat. Die Ingenieure stehen dann vor einer Aufgabe, die weltweit ihresgleichen sucht, vielleicht abgesehen von den zerstörten Reaktoren Tschernobyl in der Ukraine und Three Mile Island in den USA. Bisher wurden ausschließlich Kernkraftwerke abgerissen, die noch völlig intakt waren, Stade etwa nahe Hamburg an der Elbe. Der Zeitaufwand dafür liegt bei zehn Jahren und mehr.
„Die japanischen Kollegen rechnen mit 40 Jahren, um den Rückbau zu bewerkstelligen“, sagt Sascha Gentes, Leiter des Instituts für Technologie und Management im Baubetrieb am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das Urteil des Rückbau-Experten: „Das ist sicherlich schon sehr ambitioniert.“
Extrem hohe Radioaktivität
Seit vielen Jahren werden am KIT Techniken zum Abriss von Kernkraftwerken entwickelt, die auch in Fukushima eingesetzt werden können. Im Mittelpunkt stehen dabei der Einsatz von fernbedienten Robotern und die Reduktion des einzusetzenden Personals vor Ort. Um Kosten und Dauer zu minimieren, gilt es ebenso Kriterien für das effiziente Rückbaumanagement zu etablieren.
„Das Problem in Fukushima ist jedoch, dass es kein geordneter Rückbau sein kann“, sagt Gentes. Schließlich seien Brennelemente geschmolzen und Explosionen hätten die Gebäude zerstört. „Somit ist die Radioaktivität an vielen Stellen noch extrem hoch“, so der Experte. „Für den Rückbau müssen daher Roboter entwickelt werden, die effektiv in den Ruinen arbeiten können.“ Die bisher eingesetzten Geräte sind für den geordneten Rückbau von intakten Kernkraftwerken optimiert.
Bereits entwickelt worden sind lediglich Roboter für Messzwecke und zur Erkundung unzugänglicher Regionen, etwa von Toshiba und Hitachi-GE Nuclear Energy.
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