Schäden durch Schwingungen noch nicht im Griff
Getriebe in Windkraftanlagen sollen 20 Jahre halten. Hermann Albers, Chef des Bundesverbandes Windenergie, könnte sich schon mit der Hälfte arrangieren. Denn die vielfältigen Schwingungen zerlegen in der Praxis manche Anlagenkompo- nente wesentlich früher. VDI nachrichten, Hannover, 26. 2. 10, swe
Ursache dieser Schäden sind externe Anregungen, die die Eigenschwingung der Windenergieanlage und deren Komponenten überlagern. Eine Haupteinflussgröße sind aerodynamische Lasten. „Bei der Entwicklung von Windkraftanlagen wurde die Dynamik des Windes unterschätzt“, erklärte Thomas Gellermann vom AZT Risk & Technology der Allianz. „Ein Knackpunkt ist, dass die Rotorkreisfläche ein großes Windfeld überstreicht. Hier erzeugen unterschiedliche Windgeschwindigkeiten, Turbulenzen oder Böen Quer- und Nickkräfte, die vom Rotor direkt auf den Triebstrang und die anderen Komponenten übertragen werden.“ Hinzu kommen Massekräfte oder Torsionen aus Turm und Fundament. Das Ergebnis sind Verbiegungen von Maschinenträger und Triebstrang, radiale und axiale Kräfte des Rotors, die das Getriebe belasten, oder überschrittene Lagertoleranzen.
Auf der VDI-Tagung ging es darum, die Kräfte zu verstehen, Schwingungen zu minimieren, neue Simulationsmodule zu entwickeln und Maschinen besser zu überwachen. So wurden erste Ansätze zu Schwingungsminderungen an Rotorblättern präsentiert. Etwa durch aktive Schwingungstilger, die Energie aus dem System nehmen.
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Außerdem standen laseroptische Verfahren, die die Schwingung der Blätter vom Boden aus messen, oder Sensorsysteme zur Zustandsüberwachung von Rotorblättern in der Diskussion.
Die Simpack AG stellte Software zur Mehrkörpersimulation vor, deren Tools Ergebnisse über Kräfte, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen oder die Dynamik liefern, um Prototypen validieren zu können. Der Ingenieurdienstleister LMS International gab Einblicke in Softwarewerkzeuge, mit denen sich der Kraftfluss der Blätter auf einzelne Bauteile, Lastkollektive oder die Lebensdauer einzelner Komponenten realitätsnah simulieren lässt.
Ein handfeste Lösung hatte die Energie- und Schwingungstechnik Mitsch (ESM) im Gepäck. Mit einer neuen Lagerung sollen axiale und radiale Zwangskräfte am Getriebe minimiert werden. Bisher sind Rotor und Getriebe häufig eine Maschineneinheit, die an drei Punkten mit dem Maschinenträger befestigt ist. Typischerweise sitzt an der Rotorwelle ein Pendelrollenlager und das Getriebe funktioniert über eine Drehmomentstütze als Gegenlager.
Da die Kräfte mit der Größe der Windkraftanlage überproportional steigen, stößt diese Lösung an Grenzen. Vierpunktlagerungen sind besser, kommen aus Kostengründen aber kaum zum Einsatz. ESM greift deshalb auf hochelastische Federsysteme aus Kunststoff (Elastomere) zurück, die in eine Hydraulik eingebettet sind. Dabei sind Lager kreuzweise mit Schläuchen verbunden.
Der Flüssigkeitsaustausch minimiert das vertikale Kippen des Getriebes und sorgt bei Torsion für die nötige Steifigkeit auf dem Maschinenträger. Gleichzeitig ist das Getriebe horizontal weich gelagert und fast frei von Zwangskräften. „Das ist eine kostengünstige und lastreduzierende Lösung. Diese Elastomerhydraulik haben wir bereits an 23 Windkraftanlagen zwischen 1,5 MW und 5 MW erfolgreich getestet“, berichtete Franz Mitsch.
Betreiber können selbst etwas tun, unterstrich Edwin Becker von der Prüftechnik GmbH. „Dazu gehören Prüfungen, ob der Triebstrang richtig liegt, und das Auswuchten der Rotorblätter, um die Lebensdauer zu erhöhen. Bisher werden die Rotorblätter nur statisch am Boden ausgewuchtet“, so Becker. Auch sei die regelmäßige Prüfung automatischer Blattverstellungen wichtig, um aerodynamische Unwuchten zu vermeiden.
Erstaunt registrierten Teilnehmer, dass in der Industrie übliche Condition-Monitoring Systeme (CMS) auf Basis von Schwingungsmessungen in der Windkraft die Ausnahme und nicht die Regel sind. Hersteller wie die Gesellschaft für Maschinendiagnose (GFM) oder Brüel & Kjær brachen eine Lanze für CMS.
„Die Zustandsüberwachung von Maschinen ist ein wichtiges Werkzeug zur Instandhaltungsplanung. In unseren Diagnosezentren sind Alarme aus Windkraftanlagen mit klaren Anweisungen für das Servicepersonal und einem Bericht über den Maschinenzustand verbunden“, erklärte Gerd Ceglarek, Systemmanager von Brüel & Kjær. „CMS ist ein Muss, um die Instandhaltung zu planen und Ausfallzeiten zu minimieren. Inzwischen ist die Trefferquote an der schnellen Welle bei 100 % und an der langsamen bei etwa 80 %“, so Rainer Wirth von GFM.
Da CMS Fehler in Bauteilen mehr oder weniger verwaltet, beginnt deren Vermeidung in der Konstruktion: „Wir sehen Fortschritte, obwohl auf Fragen nicht immer Antworten vorhanden sind. Darum sollten die bisherigen Erfahrungen in Simulationen einfließen und an den entscheidenden Stellen gründlich nachgedacht werden. Oft liegt das Problem darin, dass die Serien schon laufen, bevor Messergebnisse von Prototypen vorliegen“, erläuterte Thomas Gellerman vom ATZ. TORSTEN THOMAS
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