Schmutziges Meerwasser wird zu sauberem Wasserstoff
Forschende der britischen University of Cambridge haben ein Gerät mit besonderen Fähigkeiten vorgestellt: Es schwimmt und verwandelt verschmutztes Wasser in Wasserstoff und sauberes Wasser. Die Energie für diese Prozesse wird über Photovoltaik bereit gestellt.
Das innovative Gerät, das die Forschungsgruppe vorgestellt hat, fußt auf der Idee des „künstlichen Blattes“, an dem die Fachleute schon längere Zeit arbeiten. Sie folgen dabei dem Prinzip der Photosynthese, bei der Pflanzen, vereinfacht gesagt, Sonnenenergie in Nahrung umwandeln. Ähnlich funktioniert das künstliche Blatt, das mithilfe von Solarenergie grünen Wasserstoff erzeugt. Bisher war das allerdings nur mit sauberem Süßwasser möglich gewesen – was die Nutzungsmöglichkeiten in natürlichen Umgebungen erheblich einschränkte.
Jetzt berichten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von einem Durchbruch: ihr neues Gerät sei in der Lage, verschmutztes Wasser sowie Meerwasser zu verarbeiten. Dabei entstehe nicht nur Wasserstoff, sondern gleichermaßen sauberes Trinkwasser. Tests des Geräts hätten gezeigt, dass es sogar mit Wasser aus dem Fluss Cam im Zentrum von Cambridge funktioniert.
Sauberes Wasser als Grundlage für die Wasserstoff-Produktion
Die Entwicklung der multifunktionalen Innovation war eine große Herausforderung. „Es ist schwierig, die Herstellung von Solartreibstoffen und die Wasserreinigung in einem einzigen Gerät zu vereinen“, sagt Chanon Pornrungroj vom Yusuf Hamied Department of Chemistry in Cambridge. „Denn bei der solarbetriebenen Wasserspaltung, bei der Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden, muss mit absolut reinem Wasser begonnen werden, da jede Form der Verunreinigung den Katalysator beeinträchtigen oder unerwünschte chemische Nebenreaktionen hervorrufen kann.“
Daraus folgt, dass es in abgelegenen oder Entwicklungsregionen, in denen sauberes Wasser relativ knapp ist, umso schwerer ist, entsprechende Geräte zur Wasserstoffproduktion einzusetzen – eine Infrastruktur zur Wasseraufbereitung fehlt dort in der Regel ebenfalls. Gleichzeitig handelt es sich vielfach um Regionen, in denen die klimatischen Bedingungen für Photovoltaik ideal sind. Ein Gerät, das mit verschmutztem Wasser funktioniert, könnte daher gleich mehrere Probleme auf einmal lösen: Es könnte sauberes Trinkwasser liefern und dank der Kraft der Sonne Wasserstoff produzieren. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern erhöht auch die Energieautarkie.
Gerät reinigt erst das Wasser und spaltet es dann
Um das zu erreichen, brachten die Forschenden einen Photokatalysator auf ein nanostrukturiertes Kohlenstoffnetz auf, das sowohl Licht als auch Wärme gut absorbiert. Es erzeugt Wasserdampf, den wiederum der Photokatalysator zur Erzeugung von Wasserstoff benötigt. Das poröse Kohlenstoffnetz haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Vorfeld behandelt, damit es das Wasser abweist. So kann es einerseits den Photokatalysator in der Luft halten und andererseits für Abstand zum Wasser sorgen. Der Effekt: Verunreinigungen im Wasser beeinträchtigen die Funktion des Photokatalysators nicht.
Das Forschungsteam setzte außerdem eine weiße Schicht auf der Oberseite des schwimmenden Geräts ein, die das UV-Licht absorbiert. Sie ist für die Wasserstoffproduktion durch Wasserspaltung zuständig. Das restliche Licht des Sonnenspektrums wird zum Boden des Geräts geleitet, wo das Wasser verdampft.
„Auf diese Weise nutzen wir das Licht besser aus – wir erhalten den Dampf für die Wasserstoffproduktion, und der Rest ist Wasserdampf“, sagt Pornrungroj. „Wir ahmen also wirklich ein echtes Blatt nach, da wir nun den Prozess der Transpiration mit einbeziehen können.“
Wasserstoff-Produktion wäre gut für die Gesundheit
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hoffen darauf, dass ihre Innovation dazu beitragen wird, die Energie- und Wasserkrise in vielen Teilen der Welt zu lösen. So ist beispielsweise die Luftverschmutzung in Innenräumen, die durch das Kochen mit Brennstoffen wie Kerosin oder Holz verursacht wird, nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation für mehr als drei Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich. Wenn man stattdessen mit grünem Wasserstoff kocht, könnte diese Zahl erheblich sinken. Außerdem haben etwa 1,8 Milliarden Menschen weltweit immer noch keinen Zugriff auf sauberes Trinkwasser in ihrem Zuhause.
Auch praktisch sei es denkbar, dass Gerät in abgelegenen Regionen zur Wasserstoff- und Trinkwasser-Produktion einzusetzen. Denn das Design sei einfach. Vermutlich könnte es daher zu einem verhältnismäßig günstigen Preis hergestellt werden.
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