Schon seit März liefert Deutschlands größter Windpark keinen Strom an Land
Rätselhafte Störungen in den Übertragungsleistungen legen derzeit Deutschlands größten Windpark in der Nordsee lahm. Seit März suchen Experten die Macken in der unzuverlässigen Elektrotechnik, bislang allerdings ohne Erfolg. Die favorisierte Gleichstromübertragung könnte sich als zu störanfällig erweisen.
Der größte deutsche Offshore-Windpark Bard 1 ist vom Pech verfolgt. Immer wieder mussten die Leitungen, die den Strom der 80 Fünf-Megawatt-Turbinen an Land transportieren, wegen technischer Störungen gekappt und die Flügel auf Leerlauf gedreht werden. Wirklich repariert wurden die Macken nicht, eher zurechtgeflickt. Denn bisher kennt niemand die Ursachen für die Übertragungsprobleme. Seit März liefert der Park gar keinen Strom mehr.
Probleme könnten in der Gleichstromübertragung liegen
Händeringend suchen der Netzbetreiber TenneT, Windparkbetreiber Ocean Breeze und der schwedisch-schweizerische Elektrokonzern ABB, der die Übertragungstechnik installierte, nach den Gründen für die Übertragungsprobleme. Was gar nicht so einfach ist.
Denn der im vergangenen Jahr verstorbene deutsch-russische Bard-Gründer Arngolt Bekker wollte alles selbst machen: Fundamente, Türme, Turbinen und Flügel, dazu noch die Sammelstation für den Strom, den die 80 Anlagen produzieren. Von dort fließt der auf eine Spannung von 380.000 Volt hochtransformierte Drehstrom zu einer weiteren Plattform namens BorWin 1.
Dort wird er in Gleichstrom umgewandelt, der eine vergleichsweise niedrige Spannung von 150.000 Volt hat – andere Offshore-Parks werden mit bis zu 640.000 Volt angeschlossen. Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ) heißt die Technik, die Strom besonders verlustarm transportiert. An Land wird der Strom wieder in 380.000-Volt-Drehstrom umgewandelt und ins Netz eingespeist.
Sollte sich herausstellen, dass die HGÜ-Technik Schuld hat an der Misere, ist das komplette Konzept von Stromversorgern und -produzenten, Netzbetreibern sowie der Bundesregierung in Gefahr. Denn nicht nur Offshore-Windparks sollen mit dieser Technik angebunden werden. Auch Stromautobahnen an Land, insgesamt 2700 Kilometer, sollen mit Gleichstrom betrieben werden, um den Süden Deutschlands zu versorgen.
Bis August sollen die Fehler behoben sein
Dass HGÜ die Schwachstelle ist, erscheint allerdings unwahrscheinlich. Weltweit werden seit Jahrzehnten zahlreiche HGÜ-Leitungen an Land und am Meeresboden mit Spannungen von bis zu 800.000 Volt betrieben. Probleme gibt es dabei nicht. Im Fall Bard liegt es möglicherweise an der Technik, die vor der HGÜ-Plattform installiert wurde. Denn die entwickelte das mittlerweile insolvente Bard-Unternehmen selbst, statt erfahrene Unternehmen wie ABB, Siemens oder General Electric damit zu beauftragen.
„Derzeit laufen detaillierte Tests und begleitende Studien, um die eigentlichen Fehlerursachen eindeutig zu identifizieren und Gegenmaßnahmen ergreifen zu können“, lässt TenneT verlauten. Ins Visier genommen hat die Task Force, die die Macken finden soll, die Windenergieanlagen, die Sammel- und Transformatorstation von Bard und die HGÜ-Anlage von ABB. Irgendwann im August sollen die Fehlerquellen gefunden und behoben sein.
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