Schutzwall aus Eis soll Fukushima-Reaktor abdichten
Aus dem havarierten Reaktor in Fukushima fließen offenbar seit zwei Jahren täglich große Mengen radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer. Die Betreibergesellschaft Tepco bekommt das Grundwasserleck nicht unter Kontrolle. Jetzt soll ein Eiswall den Reaktor unterirdisch abdichten.
Die Situation im 2011 havarierten Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi ist offenbar dramatischer, als die Betreibergesellschaft Tepco dies bislang dargestellt hat. Die Manager des Energiekonzerns gaben jetzt erstmals offiziell zu, dass seit zwei Jahren täglich etwa 300 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser über Lecks aus den unterirdischen Gängen und Leitungsschächten des Atomkraftwerkes ins Meer fließt. Noch im Juni hatte Tepco erklärt, die Lage sei unter Kontrolle.
Regierung will Krisenmanagement übernehmen
Die Geduld der japanischen Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe ist angesichts der neuerlichen Hiobsbotschaften an ihre Grenzen gekommen. Abe kritisierte Tepco in nie dagewesener Schärfe und verkündete, das Krisenmanagement nun selbst in die Hand nehmen zu wollen. Die Regierung könne den finanziell schwer angeschlagenen Konzern nicht allein lassen und werde das nötige Geld zur Verfügung stellen. Ersten Schätzungen zufolge werden die geplanten Sofortmaßnahmen umgerechnet 308 Millionen Euro kosten.
Die riesigen Massen an radioaktiv belastetem Wasser stellen in der zerstörten Anlage ein immenses Problem dar. Große Mengen an Kühlwasser müssen ständig in die Reaktoren gepumpt werden, damit diese nicht überhitzen. 300 000 Tonnen an belastetem Kühlwasser lagern derzeit auf dem Betriebsgelände. Die auf dem Areal aufgebauten Auffangtanks für verseuchtes Wasser reichen längst nicht mehr aus.
Hinzu kommt, dass jeden Tag rund 400 Tonnen Grundwasser von den Bergen oberhalb des Kraftwerkes in den Komplex eindringt und sich dort mit dem kontaminierten Kühlwasser vermischt. Von dort sucht das Wasser sich einen Weg ins Meer. Die Vermischung mit dem Grundwasser versucht Tepco unbedingt zu verhindern, war aber bislang erfolglos. Die chemischen Mauern, die ins Erdreich gespritzt wurden, konnten das Wasser nicht aufhalten.
Verfahren mit Eiswall ist im großen Stil noch unerprobt
Jetzt wollen die Japaner einen Eiswall errichten, der den Boden in der Umgebung der Reaktorgebäude einfriert. Dafür sollen Rohre mit chemischen Kühlmitteln um die Gebäude in ein bis vier Metern Tiefe in die Erde gelegt werden. Solche Sperren aus gepresster tiefgefrorener Erde werden bereits beim Bau von U-Bahnen errichtet, um den Einbruch von Grundwasser zu verhindern. Im großen Stil, wie es in Fukushima notwendig wäre, ist das Verfahren allerdings noch nicht erprobt worden. Der Eiswall rund um die Reaktorgebäude würde voraussichtlich eine Länge von 1,4 Kilometern haben.
Gleichzeitig gibt es bei den regierenden Liberaldemokraten (LPD) und Ministerpräsident Abe Pläne für den Wiedereinstieg in die Atomkraft. Vor der Katastrophe in Fukushima erzeugte das Land etwa ein Drittel seines Strombedarfs durch Atomkraftwerke. Zurzeit sind nur zwei der 54 Reaktoren in Betrieb. Auf den Import von Kohle und Gas, auf den Japan nun fast vollständig angewiesen ist, will die Regierung sich bei der Energieversorgung nicht allein stützen.
Parallel zum Wiedereinstieg in die Atomkraft, den die Mehrheit der japanischen Bevölkerung ablehnt, soll auch die Wind- und Solarenergie ausgebaut werden. Zudem haben gerade Probebohrungen für den Bau von Erdwärmekraftwerken begonnen. Japan hat mit den USA und Indonesien die größten Erdwärme-Vorkommen der Welt. Doch der Ausbau von Erdwärme wurde gestoppt, als sich das Land für die Atomenergie entschied. Derzeit sind 17 Geothermiekraftwerke in Betrieb.
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