Seit 1990 wurde nicht mehr so viel Strom aus deutscher Braunkohle erzeugt
Schon rund ein Viertel des in Deutschland produzierten Stroms kommt inzwischen aus erneuerbaren Energien. Dennoch erlebt die umweltbelastende Braunkohle eine Renaissance, die auch die deutsche Klimabilanz verdirbt.
Seit 1990 hat Deutschland nicht mehr so viel Strom aus Braunkohle erzeugt wie im vergangenen Jahr. Das ist die vorläufige, aber verlässliche Bilanz der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, der neben Branchenverbänden auch Forschungsinstitute angehören. 162 Milliarden Kilowattstunden wurden aus der Braunkohle gewonnen.
Das ist nicht, wie teils kommentiert wird, die Kehrseite der Energiewende und des Atomausstiegs, sondern liegt am Versagen der Mittel, mit der besserer Klimaschutz erreicht werden sollte. Die EU-Staaten wollten die Energieproduktion nicht mit umweltabhängigen Zwangsabgaben, sondern mit Marktinstrumenten steuern, vor allem der Versteigerung von Emissionsrechten.
Doch die Preise an der Emissionsbörse liegen seit Jahren am Boden, und deshalb ist die technisch relativ einfache, mithin billige Gewinnung von Strom aus Braunkohle die mit Abstand wirtschaftlichste. Das kritisierte auch Energieminister Sigmar Gabriel am Dienstag bei seinem Besuch von EU-Kommissar Günther Oettinger.
Börsenpreise von 30 Euro pro Zertifikat waren erwartet worden, tatsächlich bewegen sich die Preise an der Börse zwischen drei und fünf Euro. Der Grund dafür ist volkswirtschaftlich denkbar simpel: Das Angebot an Zertifikaten ist zu hoch, ist politisch aber nicht wirksam begrenzt. Diese Einschätzung ist wissenschaftlich unumstritten und wird auch vom Umweltbundesamt so vertreten.
Der CO2-Ausstoß Deutschlands nimmt zu
Deshalb sind die neuen Zahlen nicht wirklich überraschend. Schon im Jahr 2012 war die Stromproduktion aus Braunkohle um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der damalige Umweltminister Peter Altmaier hatte dafür aber vor allem den kalten Winter verantwortlich gemacht und von einem Ausreißer gesprochen. Nun dürfte der Anstieg jedoch erneut in diesem Prozentbereich liegen.
Das verhagelt auch die jahrelang glänzende deutsche Klimabilanz. Von rund 1250 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (Einheiten, die neben dem Kohlendioxid auch andere Treibhausgase wie Methan und Lachgas einbeziehen) im Jahr 1990 war der deutsche Ausstoß an klimaschädlichen Gasen bis 2009 fast stetig auf 912 Millionen Tonnen gesunken. 2012 lag er wieder bei 931 Millionen Tonnen, im vergangenen Jahr dürften es dann fast 950 Millionen Tonnen gewesen sein. Das ist auch deshalb bedenklich, weil das Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren sehr schwach ausfiel. Hinzu kommt der stetige Ausbau der erneuerbaren Energien, der sich seit der Jahrhundertwende ja mehr als verdoppelt hat.
Nach der aktuellen Statisik der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen stieg der Anteil der Braunkohle an der Energieerzeugung 2013 auf 25,8 Prozent und liegt damit noch vor den Erneuerbaren Energien, die auf 24,7 Prozent kommen. Dahinter folgen die Stromerzeugung aus Steinkohle (19,7 %), Kernkraft (15,4 %) und Erdgas (10,5 %). Erstaunlich dabei: Ausgereichnet der Anteil der Stromerzeugung aus der sauberen Energiequelle Gas ging 2013 besonders stark zurück (siehe Grafik).
Braunkohlekraftwerke werden effizienter und damit noch rentabler
Zu den Hintergründen des gestiegenen Braunkohleanteils gehört auch, dass Braunkohlekraftwerke in den vergangenen Jahren technisch deutlich weiterentwickelt wurden. Die in der Kohle enthaltene Primärenergie wird in modernen Anlagen zu mehr als 43 Prozent ausgeschöpft. Im Durchschnitt haben die heute betriebenen deutschen Braunkohlekraftwerke nach Angaben ihres Branchenverbandes aber nur einen Wirkungsgrad von 36 Prozent. Auch 50 Prozent seien in wenigen Jahren schon machbar, sagt der Verband. Der Strom aus Braunkohle wird damit noch billiger. Kein Wunder also, dass 2012 neue Kraftwerksblöcke mit mehr als 2700 Megawatt Leistung ans Netz gegangen sind, während sich die Inbetriebnahme moderner Gaskraftwerk derzeit nicht lohnt. So geht seit Juni 2013 das neue Gaskraftwerk des Energieerzeugers Statkraft in Hürth bei Köln aus Kostengründen nicht ans Netz.
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