Sensorik wacht über Sonne, Wind und Biogas
Ob Windparks auf hoher See, Solarkraftwerke im Wüstensand oder Biogasanlagen in der Nachbarschaft: Ohne intelligente Sensoren, Mess- und Prüfsysteme ist ein autonomer Betrieb der regenerativen Energieanlagen nicht möglich. Anders als bei konventionellen Großkraftwerken ist dies aber noch ein weites Entwicklungsfeld.
Damit eine neue Windenergieanlage oder ein Solarpark problemlos läuft, wird eine intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit betrieben. Es folgt eine präzise Planung und zuverlässige Überprüfung während des Betriebs der Anlage. Hierbei hat die Sensorik zwei Schlüsselfunktionen: Zunächst sollen intelligente Mess- und Überwachungstechnologien dafür sorgen, dass im Betrieb keine Schäden auftreten und die Anlage nicht übermäßig belastet wird.
Gleichzeitig sind die Entwicklungsabteilungen der Hersteller von Komponenten und Komplettanlagen an den Rohdaten der Sensoren interessiert, denn damit können sie die Anlagen hinsichtlich ihres Energieertrags und der Wartungskosten optimieren. Zudem benötigen auch die Zertifizierungsstellen Messdaten für ihre Risikoanalysen, Umweltsimulationen und Langzeittests.
„Vergleicht man dieses Monitoring mit dem von konventionellen Kraftwerken, so ist im Bereich von Windkraft und alternativen Energien noch viel Entwicklungsarbeit nötig“, sagt Eric Effern, Leiter Messtechnik und Typetesting bei Windtest Grevenbroich. „Aus meiner Sicht müssen wir für einen weiteren Ausbau der alternativen Energieerzeugung viel mehr Messtechnik entwickeln.“
Trend geht zu kleinen, lokalen Monitoring-Systemen
Als akkreditiertes Zertifizierungsinstitut von Windkraftanlagen brauche Windtest schon jetzt Messtechnik mit sehr hohen Abtastraten und vielen Kanälen sowie hoch präzise Sensoren. Sie liefern eine belastbare Basis für die Akzeptanz und die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in Windenergieanlagen. „Vor zehn Jahren dachten wir, dass ein zentrales Condition-Monitoring-System – kurz CMS – die Lösung sei“, so Effern. „Heute sehen wir, dass der Trend zu kleinen, lokalen CMS geht, die direkt am Getriebe oder der Schmierpumpe oder dem Azimutantrieb ansetzen und über die Anlagensteuerung vernetzt sind. Die einzelnen Experten der Hersteller erhalten dann einen Remotezugriff.“
An welcher Stelle die Informationsverarbeitung stattfinden soll, bleibt offen. „Je mehr Intelligenz man in den Sensor packt und als autarkes System betrachtet, desto höher wird der Sicherheitsstandard“, sagt Stefan Alberts, bei National Instruments zuständig für den Bereich Datenerfassung. Hier werden die Themen Remote Monitoring sowie das Speichern und Zugreifen auf die Cloud die Diskussion in den nächsten Jahren beherrschen. Man brauche skalierbare Lösungen, die sich an neue Anforderungen und neue Messsysteme anpassen lassen, so Alberts. Was fehle, sind genormte, frei zugängliche Schnittstellen.
Gleichzeitig sei auch wichtig, aus allen gesammelten Daten die richtigen Informationen zu extrahieren. „Denn je mehr man messen kann, desto besser muss man auch analysieren können. Und genau dies treibt die Kosten“, gibt Matthias Boeck, Geschäftsführer der Angewandten Systemtechnik in Wolnzach zu bedenken. „Die größten Kosten entstehen aus dem Unverständnis, vor einer Datenmenge zu stehen und nicht zu wissen, was man damit anfangen soll.“
Deshalb sei es Aufgabe der Messtechnik und Sensorik, diese Daten entsprechend aufzubereiten. Man müsse keine neue Messstrategie entwickeln, um Entwicklung, Produktion und Service mit entsprechenden Daten zu versorgen. Dazu brauche man nur einen intelligenten Filter, der alle nicht relevanten Teile für die anderen ausblendet, so Boeck.
Höhere Qualität der gesamten Messkette notwendig
An diesem Punkt wandelt sich das Bild des klassischen Sensors. „Die Sensorik muss ihre Rolle als ‚Zuschauer‘ aufgeben“, sagt Peter Scholz, Geschäftsführender Gesellschafter beim Systemhaus für experimentelle Messtechnik und Versuchsmesstechnik IMC Test & Measurement, Friedrichsdorf. „Alles, was wir brauchen, ist mehr Qualität und Antworten von der gesamten Messkette. Nicht mehr nur zuschauen, sondern ausprobieren ist der neue Trend. Damit kommen wir zum Remote Testing“, so Scholz. „Dies ist besonders wichtig bei den regenerativen Energien, denn hier sprechen wir über Technologien, die noch nicht ausentwickelt sind. „
Effern sagt: „Die einmal erhobenen Sensor- und Messdaten bilden zugleich die Grundlage für den Zertifizierungsprozess. Dieser Qualitätsschritt, der in Deutschland entwickelt wurde, ist einer der großen Treiber für den Erfolg der Windenergie und er wird fast überall auf der Welt angewandt.“
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