Siemens macht es möglich: Ökostrom für Kreuzfahrtschiffe
Jedes Kreuzfahrtschiff hat ein bordeigenes Stromnetz. Es sorgt nicht nur für den notwendigen Komfort der Passagiere, sondern auch für die Funktion der Schiffselektronik. Siemens hat nun in Kiel eine der weltweit größten Landstromanlagen in Betrieb genommen – mit ausschließlich zertifiziertem Ökostrom.
Eine Leistung von 16 Megavoltampere (MVA) ist der Grund, weshalb sich die Landstromanlage im Seehafen Kiel (Port of Kiel) als die weltweit größte für die zivile Schifffahrt bezeichnen darf. Siemens hat die Anlage realisiert und passend zu Beginn der diesjährigen Kreuzfahrtsaison fertiggestellt. Das Besondere: Aufgrund der hohen Leistung können zum ersten Mal parallel zwei Schiffe mit zertifiziertem Ökostrom versorgt werden – das eine am Ostseekai, das andere am Schwedenkai. Durch den Einsatz von Ökostrom sei laut Unternehmensangaben eine jährliche Einsparung von bis zu 8.000 Tonnen des klimaschädlichen CO2 möglich.
Wann kommen gute Partikelfilter für Schiffe?
Auf zivilen Schiffen wie den Kreuzfahrtriesen gibt es zwei unterschiedliche Bordnetzsysteme, die sich im Laufe der Jahre als Standard etabliert haben: das eine mit einer Netzfrequenz von 50 Hertz (Hz) und das andere mit 60 Hz. Die Frequenz des Stromnetzes in Deutschland liegt im Idealfall bei 50 Hz und schon ab einer sogenannten Überfrequenz – von 51,5 Hz und darüber – werden zum Beispiel Solaranlagen vom Netz genommen, um das stabile Gleichgewicht wieder herzustellen. Denn unser Stromnetz ist nur für sehr geringe Schwankungen ausgelegt, größere würden Aussetzer oder gar einen Zusammenbruch zur Folge haben. Das ist auch der Grund, weshalb die Schiffsnetze nicht einfach per Kabel direkt mit dem Stromnetz an Land verbunden werden können. Erst eine spezielle Netzkopplungstechnik, die dazwischen geschaltet wird, macht eine Verbindung möglich.
Siemens versorgt Kreuzfahrtschiffe unterbrechungsfrei
Eine solche Netzkopplungstechnik bietet Siemens mit seiner sogenannten SIHARBOR-Lösung. Im Fall der Anlage am Kieler Ostseekai gehören zu den elektrischen und elektronischen Kernelementen im Wesentlichen Umrichter, Mittelspannungsschaltanlagen, Automation und Energiemonitoring. Hinzu kommt eine fahrbare Vorrichtung, damit das Starkstromkabel an das Schiff angelegt werden kann. Diese stammt von der Firma Stemmann-Technik, einem Unternehmen der Wabtec Corporation. Das Unternehmen hat dabei ein Kabelsystem eingesetzt, dass es in Verbindung mit mehreren an der Kaikante verteilten Anschlussboxen auf dem gesamten Terminalgelände flexibel einsetzbar macht. So ist es für Kreuzfahrtschiffe unterschiedlicher Größe und Bauform nutzbar. Einzige Voraussetzung, welche die Schiffe erfüllen müssen, um die Landstromversorgung nutzen zu können: Die elektronische Ausrüstung des Schiffes muss der internationalen Norm IEC/IEEE 80005-1 entsprechen.
Eine Stromversorgung von Land aus sollte natürlich möglichst unterbrechungsfrei und effizient für die anlegenden Schiffe sein. Für diesen speziellen Zweck hat Siemens ein Umrichtersystem „Siplink“ entwickelt. Es besteht aus einem Frequenzumrichter sowie einer Software zur zentralen Steuerung der beiden Liegeplätze. Das ermöglicht die Verbindung zweier Mittelspannungsnetze, die unterschiedliche Frequenzen aufweisen. „Siplink“ synchronisiert die beiden Netze zuerst. Das dauert in der Regel nur wenige Minuten. Danach startet automatisch die Stromversorgung. Das System koordiniert auch die Energieversorgung der beiden getrennten Schiffsnetze und stellt zugleich eine parallele Versorgung sicher. Dadurch ist es möglich, erstmals zwei Schiffe parallel mit der notwendigen 60 Hz-Bordfrequenz zu versorgen. Eine RoPax-Fähre der Reederei Stena Line am Schwedenkai und ein Kreuzfahrtschiff an einem der Liegeplätze des etwa einen Kilometer weiter nördlich gelegenen Ostseekais waren die ersten Schiffe, die an die neue Landstromversorgung angeschlossen wurden.
Siemens ermöglicht auch Energiemonitoring für Kreuzfahrtschiffe
Am nördlichen Ende des Ostseekais hat Siemens die elektrischen Systeme der Landstromanlage in einem eigens dafür gebauten Gebäude untergebracht. Herzstück der Anlage ist eine Umspannstation mit vier Geafol Gießharztransformatoren, vier luftisolierten Mittelspannungs-Schaltanlagen vom Typ Nxair sowie einem 16 MVA Frequenzumrichter von Siemens. Die Gießharztrafos sind für die besonderen Bedingungen, zum Beispiel der salzhaltigen Luft am Hafen, gut geeignet.
Weitere Besonderheit der Landstromanlage in Kiel: Sie ist mit einer Fernüberwachung ausgestattet. Diese Energiemonitoring-Lösung funktioniert cloudbasiert und misst den Energieverbrauch sowohl im Betriebsgebäude als auch den beiden Anschlüssen am Ostsee- und Schwedenkai. Gespeichert werden die Daten in MindSphere, dem cloudbasierten IoT-System (Internet of Things) von Siemens. Die Betreiber des Seehafens Kiel haben damit die Möglichkeit, alle relevanten elektrischen Werte immer im Überblick zu behalten – zeit- und ortsunabhängig. Sie können nicht nur Verbräuche messen, sondern auch Fehler lokalisieren, Stillstandzeiten vermeiden und Wartungsarbeiten planen.
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