So kann die Energiewende in der Stadt funktionieren
Ein Reallaborprojekt mit dem Namen Smart East hat am Beispiel eines Quartiers in Karlsruhe gezeigt, dass die Energiewende in der Stadt möglich ist. Voraussetzung: Digitalisierung, Vernetzung, Energieoptimierung und damit nachhaltige Effizienz. Nun wird das Leuchtturmprojekt auch europaweit zum Vorbild.
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Seven2one Informationssysteme, die Stadtwerke Karlsruhe und das FZI Forschungszentrum Informatik haben in einem gemeinsamen Projekt gezeigt, dass die Energiewende in einer Stadt funktionieren kann. 2021 starteten sie gemeinsam in das Reallabor-Projekt „Smart East“. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg unterstützte das Vorhaben mit einer Million Euro. Mit der Förderung machten die Projektpartner in der Karlsruher Oststadt innerhalb von drei Jahren aus einem gemischten Gewerbequartier ein smartes, energieoptimiertes und klimaschonendes Stadtquartier.
So könnten wir in Zukunft wohnen: Erstes Smart-City-Quartier fast fertig
Das Motto „Wir bringen die Energiewende in die Stadt“ zeigt die Intention der Projektpartner. Sie wollten das Forschungswissen, dass sie im Rahmen dieses Reallabors erhalten, anschließend flächendeckend in die Praxis übertragen. Diese nächste Stufe erreichen sie nun, indem das Karlsruher Quartier Teil eines EU-Projekts wird. „WeForming“ heißt das Projekt, an dem sich Partner aus elf europäischen Ländern beteiligen. Inhaltlich sollen Batteriespeicher, bidirektionales Laden von E-Fahrzeugen mit Rückspeisung, dynamische Stromtarife, Green Carsharing, Sektorkopplung sowie die optimierte Wärmeversorgung im Fokus stehen.
Smartes Quartier im Osten Karlsruhes zeigt, wie Energiewende funktioniert
Zurück zum Ausgangspunkt: Im Karlsruher Osten um die Hoepfnerburg statteten die Projektpartner die Bestandsgebäude mit Smart Meter aus. Alleine das war kein einfaches Unterfangen, da es in dem Quartier Gebäude gibt, die teilweise 100 Jahre alt sind. Im Anschluss bauten sie eine vollständige Vernetzung auf. Ziel war, die Energieströme und Ladevorgänge in Echtzeit zu erfassen und so die Möglichkeit zu entwickeln, Energieverbrauch und -erzeugung zu optimieren. Hinzu kamen neue PV-Anlagen für das Quartier. Diese Investitionen beliefen sich auf rund 750.000 Euro. Das Ergebnis: Der PV-Anteil am Stromverbrauch ließ sich auf 22 Prozent ausbauen. Das reduzierte gleichzeitig die CO2-Emissionen um jährlich 270 Tonnen, beziehungsweise 17 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes des Quartiers. Hinzu kam eine Ladeinfrastruktur für E-Autos im Quartier. Knapp 50 Ladepunkte wurden installiert. Ein großes und ein kleines Blockheizkraftwerk (BHKW) liefern die notwendige Wärme für die Gebäude. Sie leisten jeweils 36 kW und 13 kW thermisch.
Neben Energieeffizienz ging es den Projektpartnern auch darum, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die besonders auf Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit fokussiert sind. Gleichzeitig wollten sie auch das Quartier sowie Bewohnerinnen und Bewohner inklusive der Geschäftsleute einbinden. Das Ergebnis fällt positiv aus: Zwei neue Geschäftsmodelle haben nach der Testphase die Marktreife geschafft. Das eine beinhaltet den wirtschaftlichen Betrieb einer Ladeinfrastruktur und das andere den wirtschaftlichen Nutzen der Photovoltaik. Es entstanden sogar zwei Start-ups im Zuge des Projekts. InnoCharge bietet eine Lösung für Smartes Laden an und Solarize eine Mieterstrom-Lösung für Gewerbe.
Smartes Quartier fand schnell Nachahmer
Die Tatsache, dass die Projektpartner von Anfang an alle Beteiligten einbezogen, war ein wichtiger Baustein des Erfolgs. Denn dadurch entstand ein wertvoller Erfahrungsaustausch untereinander sowie mit der Fachwelt. Daraus ergab sich – während das Projekt noch lief – bereits die Chance, die Erfahrungen auch an anderer Stelle umzusetzen. Die RaumFabrik Durlach, ein weiterer Gewerbepark, signalisierte Interesse, das Smart-East-Konzept zu übernehmen. In Summe stellt sich Smart East deshalb nach dreijähriger Projektphase als Leuchtturmprojekt heraus. Darüber hinaus sei es ein skalierbares Konzept für nachhaltigen Klimaschutz innerhalb einer Stadt.
Denn in Karlsruhe-Ost ist es gelungen, die Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Verkehr zu koppeln und dabei neue Geschäftsmodelle zur energetischen Kooperation zu testen. Die Informationen, die Energieströme und Ladevorgänge laufen zentral auf einer Plattform zusammen. So lassen sich die einzelnen Messdaten vergleichen und auswerten. Durch die Beteiligung an dem neuen EU-Projekt ist es den Partnern möglich, ihr Leuchtturmprojekt für drei weitere Jahre fortzusetzen.
Gesamtverantwortung für Smart East lag in einer Hand
Das FZI Forschungszentrum für Information übernahm bei dem Projekt die Konsortialführung. Die gemeinnützige Einrichtung hat sich auf die Informatik-Anwendungsforschung und den Technologietransfer spezialisiert. Dabei steht die Anwendungsforschung zentral im Mittelpunkt, ebenso die interdisziplinäre Entwicklung von Konzepten und Lösungen.
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