So lässt sich der Ausstoß von Quecksilber ganz einfach reduzieren
Deutschlands Kohlekraftwerke sind nicht nur Klimasünder, sondern auch Giftschleudern. 7 t giftiges Quecksilber blasen die Kohlekraftwerke jährlich in die Luft. Würden US-Grenzwerte für Quecksilber gelten, müssten die meisten vom Netz. Dabei gibt es ein in Deutschland entwickeltes Verfahren, das den Ausstoß drastisch senkt. Hier lesen Sie, wie es funktioniert.
Seit Jahren ist bekannt, dass deutsche Kohlekraftwerke pro Jahr rund 7 t Quecksilber in die Atmosphäre blasen. Das ist auch das Ergebnis einer Studie des Instituts für Ökologie und Politik in Hamburg im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion, das gerade viel Aufsehen erregt. Quecksilber ist ein Nervengift, das Lähmungen und Psychosen auslöst.
Die hohen Emissionen – weltweit sind es 2600 t pro Jahr, zwei Drittel davon aus Kohlekraftwerken – müssten nicht sein. Schon im Jahr 2000 präsentierte Bernhard W. Vosteen, zu dieser Zeit Ingenieur bei Currenta, einem Tochterunternehmen von Bayer und Lanxess, ein Verfahren, mit denen sich der Quecksilbergehalt im Abgas von Kohlekraftwerken drastisch reduzieren lässt.
Vosteen gründete ein eigenes Beratungsunternehmen, um die Technik weltweit zu vermarkten. In den USA hatte er Erfolg. Dort liegen die Grenzwerte für Kohlekraftwerke teilweise deutlich unter denen in Deutschland oder anderen Ländern, die Kohle verstromen, etwa Indien und China.
Die Rauchgasreinigung schafft auch Quecksilber
Das in der Kohle enthaltene Quecksilber wird im Verbrennungsraum zunächst in reiner Form frei. Je nachdem, wie viel Chlor im Brennstoff steckt, entsteht im Abgas mehr oder weniger Quecksilberchlorid, das bei der Rauchgasreinigung zurückgehalten wird. Es findet sich beispielsweise im Gips wieder, der bei der Entschwefelung entsteht, oder im Staub.
Ein Teil des Quecksilbers entweicht jedoch in reiner Form und belastet die Atmosphäre. Weil das flüchtige Metall oft zwölf Monate in der Atmosphäre verbleibt verteilt es sich weiträumig. Emissionen in fernen Ländern können so auch zu Immissionen in Deutschland werden.
Der Strompreis würde kaum steigen
Vosteen erkannte, dass Brom weitaus effektiver mit Quecksilber reagiert. Es entsteht Quecksilberbromid, das ebenso wie Quecksilberchlorid in der Abgasreinigung eingefangen wird. Sein Vorschlag, den Brennstoff vor dem Einblasen in den Kessel mit einer Bromlösung zu besprühen, hat vor allem in den USA Wirkung gezeigt, zumal die Kosten gering sind.
Der Strompreis müsste um weit weniger als einen Zehntel Cent pro Kilowattstunde angehoben werden. Bei Braunkohlekraftwerken dürfte es etwas teurer werden. Mehrere Unternehmen, darunter der französische Kraftwerksbauer Alstom und sein deutsches Pendant Steag, setzen diese Technik ein. Alternativ könnte auch Aktivkohle ins Rauchgas eingeblasen werden, die die Quecksilberatome einfängt und nicht mehr loslässt.
Auch in Deutschland wird das Verfahren schon genutzt
Die Technik könnte auch bei der Klärschlamm- und Müllverbrennung eingesetzt werden, ebenso in Holzkraftwerken, die ebenfalls Quecksilber emittieren. In Deutschland wird das Bromverfahren bereits seit zehn Jahren genutzt, so in zwei Sondermüllverbrennungsanlagen in Dormagen und Krefeld und in zwei Klärschlammverbrennungsanlagen in Bottrop und Karlsruhe. Die Abscheiderate beträgt 99,99 %.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks versprach laut dpa, die Grenzwerte für Kohlekraftwerke kontinuierlich zu senken. Einige Anlagen unterschreiten schon heute die aktuellen Grenzwerte, etwa das Steinkohlekraftwerk Lünen des Stadtwerkeverbundes Trianel.
Hoffnung macht auch eine Entdeckung australischer Forscher, die Quecksilber, das schon in die Umwelt gelangt ist, mit einem „Schwamm“ aus Schwefel und Abfällen der Saftindustrie wieder aufsaugen wollen.
Ein Beitrag von: