So lassen sich Stromkosten sparen und die Netze entlasten
Forschende der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie haben festgestellt, dass sich mit der Kombination aus dynamischen Stromtarifen und kapazitätsbasierten Netzentgelten nicht nur Stromkosten sparen, sondern sogar die Netze stabilisieren lassen – ohne sie großartig auszubauen.
Ab 2025 sind alle Energieunternehmen dazu verpflichtet, ihren Kundinnen und Kunden flexible Stromtarife anzubieten. Das sieht das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) initiierte Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende vor. Der Bundesrat hatte dieses Gesetz bereits im April 2023 beschlossen. Mit dem Gesetz ist geplant, den Einbau digitaler Stromzähler, auch Smart Meter genannt, deutlich schneller zu realisieren. Die Kombination von Smart Metern und flexiblen Stromtarifen soll es Menschen ermöglichen, zum einen das eigene Verbrauchsverhalten zu analysieren und zum anderen ihren Verbrauch dann in Zeiten zu verlagern, in denen aufgrund hoher Erzeugung die Strompreise möglichst niedrig sind.
Fraunhofer-Forschende entwickeln Konzept für Gleichstromnetze in Fabriken
Forschende der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG haben sich intensiv mit dynamischen Stromtarifen und auch kapazitätsbasierten Netzentgelten beschäftigt. In ihrer aktuellen Studie haben sie die Wirkung dieses Zusammenspiels untersucht und kamen dabei zu einem interessanten Ergebnis. Auf der einen Seite sehen sie eine höhere Bereitschaft bei den Haushalten, sich für einen dynamischen Stromtarif zu entscheiden, sollten kapazitätsbasierte Netzentgelte eingeführt werden. Konkret stieg die Bereitschaft von 67 auf 74 Prozent. Zum anderen ließe sich dadurch sogar der Netzausbau im ländlichen Raum reduzieren – und das um 37 Prozent.
Beide Seiten profitieren von dynamischen Stromtarifen
Die Kombination aus dynamischen Stromtarifen und kapazitätsbasierten Netzentgelten könnte aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler also beiden Seiten einen Vorteil verschaffen: den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie den Unternehmen, die die Stromnetze betreiben.
Zum Hintergrund: Legt man den Strompreis von 2022 in Deutschland zugrunde, bestand dieser zu 21,8 Prozent aus Netzentgelten sowie zu 38,9 Prozent aus Beschaffung und Vertrieb. Vergleicht man die Netzentgelte europaweit, liegt deren Anteil sogar bei 28,3 Prozent. Das zeigt, das sowohl Netzentgelte als auch die Kosten für Beschaffung einen großen Anteil am Preis ausmachen. Durch eine größere Flexibilität, wie sie dynamische Stromtarife ermöglichen sollen, hätten Verbraucherinnen und Verbraucher selbst einen Einfluss darauf, Stromkosten zu reduzieren. Voraussetzung dafür wären neben intelligenten Stromzählern eben auch sogenannte Energiemanagementsysteme. Mit flexiblen Stromtarifen bekämen Haushalte die Wahl, selbst zu entscheiden, wann sie größere Verbraucher wie Wasch- oder Spülmaschine einschalten oder das Elektroauto an der heimischen Wallbox laden. Strompreise sind in der Regel dann günstig, wenn gerade nicht viel verbraucht wird oder die Produktion aus Anlagen mit erneuerbaren Energien besonders hoch ist.
Einsparungen bei Stromkosten von bis zu 62,3 Prozent möglich
Neben den dynamischen Stromtarifen spielen auch die Netzentgelte eine große Rolle. Würde man das aktuelle Modell umstellen und die Netzentgelte auf Basis der maximal bezogenen oder eingespeisten Leistung des Haushalts berechnen, hätte das ebenfalls einen Einfluss auf die Kostenstruktur. Nehmen wir das Beispiel E-Auto: Wer eine hohe Ladeleistung verwendet, würde dann mehr Netzentgelte zahlen, als jemand der mit niedriger Leistung das Auto auflädt. Die Fraunhofer-Forschenden kamen dementsprechend zu einem Einsparpotenzial in Höhe von 30,4 Prozent für einen Haushalt, der sowohl einen dynamischen Stromtarif nutzt als auch einen aktuellen volumenbasierten Tarif für Netzentgelte. Ein Energiemanagementsystem setzten die Forschenden voraus. Im Vergleich zu dem Modell der dynamischen Stromtarife mit kapazitätsbasierten Netzentgelten errechneten sie Einsparungen von bis zu 62,3 Prozent.
Während Verbraucherinnen und Verbraucher natürlich ein Interesse daran haben, ihre Stromkosten zu senken, und ein solches Modell deshalb für sie attraktiv ist, steht auf Seiten der Netzbetreiber eine andere Motivation: Ihnen ist eigentlich daran gelegen, den Netzen möglichst viele Spitzenlasten zu ersparen. Denn je mehr solcher Spitzenlasten auf das Netz wirken, desto anfälliger wird es. Deshalb ist ein Netzausbau unvermeidlich, der aber natürlich immense Kosten verursacht. Hier sparen zu können, wäre also auch für die Netzbetreiber von Vorteil. Die Forschenden ermittelten im Rahmen ihrer Studie, dass weniger die dynamischen Stromtarife stabilisierend auf das Stromnetz wirken, sondern vielmehr die kapazitätsbasierten Netzentgelte. Mit diesem Modell ließen sich ihrer Ansicht nach die Netzkosten um 14 bis 88 Prozent senken, je nach Niederspannungsnetz.
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