Nachhaltige Alternative zur kostenintensiven Entsorgung 03.12.2024, 07:00 Uhr

So werden Holzabfälle zu wertvollem Biowasserstoff

Holz ist ein natürlicher Rohstoff. Forschende haben deshalb eine Idee entwickelt, Holzabfälle sinnvoll weiter zu nutzen. Sie produzieren daraus Biowasserstoff und haben gleichzeitig den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft im Blick.

Blick in eine Kiste voller Holzabfälle unterschiedlicher Größe, die Forschende zur Herstellung von Bio-Wasserstoff verwenden.

Abfälle aus Holz eignen sich zur Weiterverarbeitung. Sie können zur Herstellung von Bio-Wasserstoff genutzt werden.

Foto: Fraunhofer IGB

Der Schwarzwald ist bekannt für seine weitreichenden Wälder. Die Bezeichnung „Swarzwald“ entstand, weil es sich um einen dunklen Nadelwald handelte. Eine erste Erwähnung stammt aus einer Urkunde des Klosters St. Gallen aus dem Jahr 868. Auch heute noch gilt der Schwarzwald als das größte geschlossene Waldgebiet, das hauptsächlich aus Tannen und Fichten besteht. Das erklärt, warum in dieser Region besonders viele Unternehmen ansässig sind, die Holz verarbeiten. Das sind zum Beispiel Möbelhersteller. Außerdem nutzt man den vielfach vorhandenen Rohstoff auch, um Häuser zu bauen.

Aus Plastikmüll wird Wasserstoff

In der Möbelbranche fallen logischerweise große Mengen Holzabfälle an – sowohl in der Möbelproduktion als uch bei der Entsorgung von Paletten, die zum Transport benötigt werden. Zugleich entstehen Holzabfälle auch durch den Abriss von Gebäuden. Bislang werden diese in Verbrennungsanlagen entsorgt. Doch das ist durchaus kostenintensiv, da die Holzabfälle häufig Holzschutzmittel enthalten. Diese sind bereits seit einiger Zeit verboten, da eine gesundheitsschädliche Wirkung nachgewiesen ist. Eine Verbrennung erfordert deshalb vorab eine aufwendige Reinigung.

Biowasserstoff aus Holzabfällen mithilfe von Bakterien

Fraunhofer-Forschende haben nun eine nachhaltige Alternative entwickelt. Sie wollen aus Rest- und Altholz mittels biotechnologischer Prozesse Biowasserstoff herstellen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist 2021 das Verbundvorhaben H2Wood – BlackForest entstanden. Darin haben sich das Fraunhofer-Institut für Grenzfläche- und Bioverfahrenstechnik IGB, das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, die Universität Stuttgart, das Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF und der Campus Schwarzwald als Partner zusammengefunden. Das gemeinsame Ziel lautet: bis 2025 eine Pilotanlage zur Produktion von Biowasserstoff in Betrieb zu nehmen und somit eine holzbasierte Kreislaufwirtschaft zu fördern.

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Da bei dem Prozess Zucker aus dem Holz entsteht, kann dieser für die Produktion von Wasserstoff mithilfe von Bakterien genutzt werden. Zugleich fällt im Rahmen des Prozesses CO2 an, das sich wiederum für die Herstellung von Mikroalgen einsetzen lässt. Diese Mikroalgen sind in der Lage, Wasserstoff zu produzieren. Auf diese Art und Weise entsteht der angestrebte Kreislauf.

Beim Herstellungsprozess von Biowasserstoff entstehen weitere Nebenprodukte

Blickt man auf den Produktionsprozess im Detail, ergeben sich folgende Prozessschritte: Es beginnt mit der Vorbehandlung der Holzabfälle. Zuerst müssen die Abfälle in ihre Grundbestandteile zerlegt werden, was durch Kochen unter Druck in einem Ethanol-Wasser-Gemisch gelingt. Dabei werden Lignin, Klebstoffe, Lösemittel und Lacke von der Holzfaser getrennt. Anschließend wird die übrigbleibende Cellulose in einzelne Zuckermoleküle (Glucose und Xylose) gespalten. Diese sind als Substrat für wasserstoffproduzierende Mikroorganismen notwendig. Die Forschenden haben zwei Fermentationsverfahren mit Bakterien und Mikroalgen etabliert, die miteinander verbunden sind. So können sie den gewonnenen Zucker in Wasserstoff umwandeln.

Während des Prozesses entstehen neben Wasserstoff noch zwei weitere Nebenprodukte: Lignin und CO2. „Bei der Fraktionierung des Holzes werden die Holzfasern von Lignin befreit, das neben Cellulose und Hemicellulose 20 bis 30 Prozent der Holzzellwandsubstanz bildet. Dieses Lignin, als eines der Koppelprodukte, ist vielseitig einsetzbar – etwa in Verbundwerkstoffen. Ein Anwendungsbeispiel sind Verschalungen im Auto“, erklärt Ursula Schließmann, stellvertretende Institutsleiterin am Fraunhofer IGB. Das bei der Fermentation freigesetzte CO2 wird in einem Algenreaktor genutzt, wo Mikroalgen es als Kohlenstoff-Quelle für ihr Wachstum verwenden. Unter Lichteinfluss synthetisieren die Algen Carotinoide und Pigmente als weitere verwertbare Koppelprodukte. Darüber hinaus setzen die Mikroalgen mittels direkter Photolyse Wasserstoff frei.

Biowasserstoff aus Holzabfällen: Hohe Ausbeute erwartet

Die Forschenden gehen von einem guten Ergebnis aus. Denn aus einem Kilogramm Altholz lassen sich zunächst 0,2 kg Glucose gewinnen. Unter dem Einsatz anaerober Mikroorganismen können 50 Liter H2 hergestellt werden. Bei der Fermentation entsteht zu gleichen Anteilen CO2. Im Photobioreaktor lässt sich daraus Mikroalgenbiomasse mit einem Stärkegehalt von bis zu 50 Prozent und dem Farbpigment Lutein erzeugen. Diese Algenbiomasse könnte sogar für die Produktion von Kunststoffkomponenten genutzt werden.

Derzeit widmen sich die Forschenden dem Aufbau der modular erweiterbaren Pilotanlage mit drei Bioreaktoren. 2025 soll sie am Campus Schwarzwald den Betrieb aufnehmen.  Mit dem Projekt gehen sie er Frage nach, wie der lokale Bedarf an grünem Wasserstoff in den Sektoren Industrie, Verkehr sowie Haushalte und Gebäude gedeckt werden kann und welche Mengen an Rest- und Altholz dafür verfügbar sind. Dazu gehören auch Handlungsempfehlungen für den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in der Region.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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