Solar: Sorgen in den USA, Aufbruch in Ontario
Die US-amerikanische Solarbranche blickt nach dem erdrutschartigen Sieg der Republikaner bei den Zwischenwahlen eher mit Sorgenfalten in die Zukunft. Dagegen herrscht in der kanadischen Nachbarprovinz Ontario mit seinen attraktiven Einspeisetarifen weiterhin Aufbruchstimmung.
Die sogenannte Grid Parity von Solarstrom ist in aller Munde: heißt, die Energie aus der Solarzelle wäre dann endgültig konkurrenzfähig zum normalen Strom. Doch immer noch hängt die Photovoltaik aufgrund ihrer höheren Produktionskosten weltweit am Fördertropf der Politik.
Deshalb ist die Stimmung in der US-amerikanischen Solarbranche nach den Zwischenwahlen vom 2. November derzeit ziemlich gedämpft. Denn die Mehrzahl der Republikaner schreibt sich eine Reduzierung der öffentlichen Ausgaben auf die Fahne. Obendrein glaubt sie nicht an die positiven wirtschaftlichen Effekte der Förderung von Klimaschutztechnologien.
Rhone Resch, Präsident der Solar Energie Industrie Association (SEIA), trotzt dem Gegenwind mit Zweckoptimismus. Er verweist darauf, „dass der Solar Investment Tax Credit (ITC) unter Präsident George Bush verabschiedet und mit republikanischer Unterstützung vor zwei Jahren verlängert wurde“. Doch die Zukunft von landesweiten Förderprogrammen wie des Renewable Energy Loan Guarantee Program des US Department of Energy (DOE) ist derzeit mehr als unsicher.
„Bereits innerhalb des vergangenen Jahres zwackte die Obama-Administration 3,5 Mrd. $ aus diesem Topf für andere Zwecke ab. Ob diese Gelder nun wieder freigegeben werden, ist mehr als fraglich“, sagt Jack Jacobs von Cleantech Law Partners, einer auf Umwelttechnologien spezialisierten US-Rechtsberatung, aus.
In ersten Erklärungen nach der Wahlschlappe sprach Präsident Barack Obama mehr über Atomkraft, neue Gasfelder und Elektroautos als über Solarenergie. Umso mehr ruhen nun die Hoffnungen der Solarbranche auf den US-Bundesstaaten, die mehr Entscheidungsbefugnisse als deutsche Bundesländer in der Energiepolitik haben.
Der neue kalifornische Gouverneur Jerry Brown hatte sich bereits in seiner ersten Amtszeit Mitte der 70er-Jahre für alternative Energien stark gemacht und den Boden für die Solarförderprogramme von Arnold Schwarzenegger bereitet, dessen Amtszeit nun auslief.
Ein Hoffnungsschimmer für die Solarindustrie ist das Scheitern der von der Öllobby massiv unterstützten Abstimmung (Proposition 23) am 2. November gegen die kalifornische Klimaschutzgesetzgebung AB 21. Dutzende weiterer US-Bundesstaaten verabschiedeten innerhalb der vergangenen Jahre neben eigenen Förderprogrammen zudem Renewable Energy Portfolio Standards (RPS). Diese verpflichten die Energieversorger auf Mindestanteile erneuerbarer Energien in ihrem Energiemix.
So herrschte auf der größten US-Solarmesse, der Solar Power International, Mitte Oktober in Los Angeles gedämpfter Optimismus. Mit über 1100 Ausstellern verzeichnete das Branchenevent gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von rund 20 %. Zahlreiche deutsche Firmen wie Solarworld, Q-Cells, SMA, Kostal oder Delta waren in Los Angeles vertreten.
„Unabhängig von kurzfristigen politischen Entscheidungen sind wir von dem Potenzial des US-Marktes überzeugt“, betonte Andreas Hoischen, Vice President von Delta Energy Systems. Für das laufende Jahr erwartet Julia Hamm, Präsidentin der Solar Electric Power Association (SEPA), einen Zubau der neu installierten Photovoltaikleistung in den USA von 800 MW bis 900 MW – ungefähr doppelt so viel wie im Vorjahr. Für das kommende Jahr geht Hamm von „zumindest 1 GW“ aus.
Recht stark in puncto Photovoltaik ist die kanadische Provinz Ontario: Verträge für Solarstromanlagen (>10 kW) mit einer Gesamtleistung von 732 MW schloss die Ontario Power Authority (OPA) unter dem Einspeisetarifprogramm des Green Energy Act seit 1. Oktober 2009 ab.
„Damit liegen wir sehr gut im Rennen“, sagt Leo Tasca, Manager Renewable Energy beim Ministry of Energy and Infrastructure in Toronto. Mit Einspeisetarifen zwischen 44 Cents/kWh und 80 Cents/kWh (in Eurocent: 32 Cent/kWh bis 58 Cent/kWh) setzt die kanadische Provinzregierung Anreize für Solarstrom.
Die Vergütung wird wie in Deutschland 20 Jahre gewährt und über die allgemeinen Strompreise finanziert. Alle zwei Jahre überprüft die OPA die Einspeisetarife, eine feste Degression oder einen Deckel gibt es nicht.
Im Gegensatz zu Deutschland ist die Vergütung allerdings mit einer Domestic-Content-Regelung kombiniert. Das heißt: Die Anlagenbetreiber müssen nachweisen, dass ein Mindestanteil der verwendeten Komponenten und der Dienstleistungen „made in Ontario“ ist.
„Auf diese Weise wollen wir die regionale Wertschöpfung erhöhen und im Bereich erneuerbare Energien bis 2012 rund 50 000 neue Jobs schaffen“, sagt Ministeriumsmitarbeiter Tasca. Im Moment liegt der geforderte Domestic-Content-Anteil bei 50 %, ab Anfang 2011 wird er auf 60 % erhöht.
Da die heimische Solarindustrie bisher nur wenig entwickelt ist, siedelten sich innerhalb der vergangenen Monate Dutzende von Solarfirmen in Ontario an. Oder sie sind dabei, Werke und Vertretungen aufzubauen: so zum Beispiel die Wechselrichterhersteller SMA und Fronius, Photovoltaikspezialist Canadian Solar, Solarpanelproduzent Heliene oder der Montageexperte Schletter.
Doch es gibt auch kritische Stimmen wie Managing Director Meinolf Schulte vom Fundamentbauspezialisten Krinner Canada, der sich skeptisch zeigt, ob sich die hohe Förderung über die nächsten Provinzwahlen im kommenden Jahr hinaus halten lasse und die in Ontario hergestellten Produkte global konkurrenzfähig seien. H.-C. NEIDLEIN
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