Erneuerbare Energien 24.05.2024, 12:00 Uhr

Solaranlagen auf Denkmalschutz-Häusern?

Solaranlagen auf Dächern denkmalgeschützter Häuser sind eher selten. Aber ist es Zeit, dies zu ändern? Sollten Häuser unter Denkmalschutz einfach mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden? Es gibt bereits einige interessante Lösungsbeispiele.

Solaranlagen auf Denkmalschutz-Häusern

Sollen Solaranlagen auf Denkmalschutz-Häusern installiert werden?

Foto: PantherMedia / defotoberg

Klimaschutz oder Denkmalschutz?

Eine Photovoltaikanlage zu viel? In Zeiten der Energiekrise ist jede einzelne Anlage, die grünen Strom produziert, viel wert. Oder doch nicht? Denkt man an historische Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, stößt man schnell an die Grenzen. Denn: Will man eine Solaranlage an oder auf einem Denkmal errichten, braucht man dafür eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis. Und sie einzuholen, ist gar nicht so einfach. Schließlich kann wohl kaum jemand die Frage richtig beantworten: Was ist denn wichtiger, wenn man an Solaranlagen auf Denkmalschutz-Häusern denkt – der Klimaschutz oder der Denkmalschutz? Gibt es überhaupt eine richtige Antwort auf diese Frage?

Doch diese Frage entsteht immer wieder und die Stimmen nach mehr Erneuerbaren Energien auch bei denkmalgeschützten Gebäuden werden immer lauter. In Frage für die Installation der Anlagen könnten beispielsweise mittelalterliche Hofanlagen, Burgen, Rathäuser, alte Stadtmauertürme, Fachwerkhäuser, Klöster und Kirchen kommen. Das sind nicht wenige Flächen, die effizient genutzt werden können. Theoretisch. Praktisch? Es ist nach wie vor schwierig, entsprechende Genehmigungen zu bekommen.

Das historische Bild darf nicht verändert werden

Deswegen werden Kompromisse gesucht und individuelle Lösungen bei der Installation der Anlagen miteinbezogen, weil die Behörden besonders auf die Ästhetik des denkmalgeschützten Gebäudes achten. Ja, hier kommen Einzelfallentscheidungen ins Spiel. Schließlich ist die Sanierung und Modernisierung historischer Gebäude eine Herausforderung für sich: Die historischen Gebäudestrukturen müssen erhalten bleiben und die Denkmalschutzauflagen erfüllt werden. Wichtig dabei ist, dass das historische Bild nicht verändert werden soll.

Bisher gibt es keine deutschlandweiten Regelungen für Solaranlagen auf Denkmälern. Allerdings gibt es auch Bewegung in dieser Hinsicht. Die Ampel-Koalition hat per Gesetz die Genehmigung von Solaranlagen auf Dächern denkmalgeschützter Häuser erleichtert, schreibt dpa. Aber die Behörden haben noch Ermessensspielraum.

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2023 hat auch die Thüringer Grünen-Fraktion gefordert, dass die Häuser unter Denkmalschutz einfacher mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden sollten. „Wir sind der Meinung, es muss klar sein, dass Denkmalschutz kein KO-Kriterium sein darf. Erneuerbare sind dringend auszubauen und brauchen ein stärkeres Gewicht“, kommentierte die Grünen-Umweltpolitikerin Laura Wahl  diese Forderung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur vor etwa einem Jahr. Dabei nannte sie als Beispiel das Land Hessen. Da gibt es eine Richtlinie, die in der Abwägung dem Klimaschutz ein besonderes Gewicht zukommen lässt. So können auch denkmalgeschützte Häuser ihren Beitrag zur umweltfreundlichen Stromerzeugung leisten.

Auch andere Bundesländer wollen mehr Solaranlagen, erneuerbare Energien und Sanierungen möglich machen und die Installation dieser Anlagen auch an den denkmalgeschützten Häusern erleichtern. Man kann die Genehmigung für die Installation gegebenenfalls erhalten, wenn sich die Solaranlagen der eingedeckten Dachfläche unterordnen, bzw. wenn sie möglichst flach angebracht werden und farblich abgestimmt sind.

Keine einheitlichen Kriterien für Solaranlagen auf Denkmalschutz-Häusern

Welche Kriterien könnten noch bei den Einzelfallentscheidungen einbezogen werden? Stöbert man durch die Medien, findet man keine einheitliche Liste. Aber man könnte folgende Kriterien ansetzen, die bei den Entscheidungen in Betracht gezogen werden könnten:

  • Optik: Die Anlagen dürfen nicht sichtbar sein, bzw. nicht auffallen
  • Der Seltenheitswert und die historische Bedeutung des Gebäudes: Diese Gebäude werden stärker geschützt.
  • Die Höhe der Einspeisung: Lohnt es sich, die Anlagen zu installieren und deshalb das Gebäude zu verändern?
  • Umgebung bzw. Ensembleschutz: Wenn in der Nähe ein besonderes Gebäude steht, könnte die ästhetische Wirkung durch die Module beeinträchtigt werden.
  • Anlagenfarbe und die Struktur des Gebäudes: Bei diesem Punkt ist es wichtig, dass die zu installierenden Paneele nicht auffallen. Von daher sind individuelle Lösungen und Ansätze sehr wichtig, so dass die Paneele sich in das Dach integrieren lassen.

SpriColor-PV passt sich wie ein Chamäleon an die Umgebung

Die Firma Merck hat Farbpigmente entwickelt, mit denen Solarmodule bunt gestaltet werden können. Bei Sprinz GmbH wird die Farbpaste dünn auf die Frontgläser der Module gedruckt. Dadurch entstehen viele Farben und Designs, und die Sichtbarkeit der Photovoltaik wird verringert.

Modulen mit einem Ziegelmotiv "Biberschwanzoptik"

Modul mit einem Ziegelmotiv „Biberschwanzoptik“.

Foto: Sprinz GmbH

Die Farbgebung basiert auf einem Prinzip, bei dem nur die für die gewünschte Farbe benötigten Lichtwellen reflektiert werden, was die Leistung des Moduls kaum beeinträchtigt. Die Effizienz von Farbmischungen basierend auf RGB-Farben liegt zwischen 90-95%, während andere Farben je nach Glas und Farbton eine Effizienz von 80-98% haben können.

Motiv "Holzbretter"

Motiv „Holzbretter“ .

Foto: Sprinz GmbH

Das SpriColor-PV von Sprinz ermöglicht ähnlich wie ein Chamäleon eine Anpassung an die Umgebung. Dieses System erlaubt farbenfrohe Muster und Verläufe, die für die Gestaltung von Fassaden genutzt werden können, zum Beispiel durch das Drucken von Logos oder Bildern auf die Photovoltaik-Anlage. Neben Farben können auch Designs wie Beton- oder Holzoptiken sowie Steinstrukturen reproduziert werden, um der Fassade ein individuelles Aussehen zu verleihen.

Terrakotta-Ziegel mit Solarzellen für Altstädte

Es gibt mittlerweile mehrere Hersteller, die die PV- und Solarthermie-Module in Form von Dachziegeln in verschiedenen Farben anbieten. So können sie eine kleinteilige Dachstruktur besser in Form und Farbe nachahmen und fallen nicht so auf. In einigen Fällen reicht es, die Paneelen farblich verändern, damit sie optisch besser passen können.

Es gibt auch erfolgreiche Beispiele, die plakativ darstellen, dass eine erfolgreiche und nicht auffällige Installation möglich ist und der Klimaschutz und Denkmalschutz gar nicht in Konflikt geraten. So baut eine italienische Firma Terrakotta-Ziegel mit Solarzellen, die optisch überhaupt nicht auffallen. Mit diesen beschichteten Solarpaneelen können ganze Altstädte ausgestattet werden. Mit ihrem klassischen Look römischer Terrakottafliesen beeinträchtigen sie die Ästhetik kaum.

Photovoltaikanlage für 400 Jahre altes Kloster

Ein weiteres Beispiel kommt aus Belgien: Dort wurde ein Kloster in Mechelen erfolgreich saniert und mit Paneelen ausgestattet. Auf dem 400 Jahre alten Dominikanerkloster „Het Predikheren“ in Mechelen wurde im vergangenen Jahr eine 21 kWp PV-Anlage installiert. „Um die Denkmalschutzauflagen zu erfüllen, wurde eine metallene Stehfalzeindeckung aufgebracht, die es ermöglicht, eine Photovoltaikanlage modular zu installieren, ohne die optische Wirkung des historischen Gebäudes zu beeinträchtigen“, heißt es auf der Seite des Projektes. Die montierten AluPlusSolar – Profiltafeln sind mit AluPlusZinc Dark beschichtet und konnten sich unauffällig in das Gesamtbild einfügen.

All das zeigt, dass es keine nicht zu überwindenden Hürden gibt. Es gibt Lösungen, die sowohl dem Denkmalschutz als auch dem Klimaschutz gerecht werden.

Ganzheitliche Betrachtung der Energieeffizienz von Baudenkmälern und Ensembles sind das A und O

Allerdings dürfte die Installation der Photovoltaikanlagen eine Option, aber nicht das Allheilmittel sein.

„Es wäre falsch, nun alle Dächer denkmalgeschützter Gebäude mit Photovoltaikanlagen zu versehen, nur weil die Ampelkoalition die Nachrüstung zuletzt erleichtert hat“, kommentierte Klaus-Jürgen Edelhäuser, Denkmalexperte aus Rothenburg ob der Tauber und Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.

„Es ist gut, dass diese Möglichkeit besteht, denn wir müssen uns der Klimakrise entschieden entgegenstellen und bislang wenig genutzte Optionen ausschöpfen. Tabus darf es da nicht geben. Aber ebenso wenig ist es zielführend, nun jedes Dach mit Photovoltaik auszustatten. Welche Maßnahme die richtige ist, um aus einem Denkmal das energetisch Beste rauszuholen, müssen Planerinnen und Planer mit entsprechender fachlicher Expertise bewerten“, erklärt Edelhäuser weiter und plädiert dafür, dass eine ganzheitliche Betrachtung der Energieeffizienz von Baudenkmälern und Ensembles das A und O ist. Denn: PV-Anlagen seien ein Element der regenerativen Energiebereitstellung, aber nicht das einzige.

„Unsere große Verantwortung ist es, unsere Kulturlandschaft für die Zukunft zu erhalten und gleichzeitig einen wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Gebäudebetrieb sicherzustellen“, sagt Edelhäuser.

Fachkundige Planerinnen und Planer können aber beide berechtigte Interessen (Denkmalschutz und Klimaschutz) unter einen Hut bringen.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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