Solarer Linearspiegel soll gleichzeitig heizen und Strom gewinnen
Den Linear-Solarspiegel stellte die Herstellerfirma Isomorph dieser Tage in Bayreuth vor: Damit lasse sich konzentriert sowohl Wärme wie Strom aus solarer Strahlung gewinnen. Eine „Weltneuheit“, postuliert Firmenchef Hans Graßmann. Erste Serienprodukte des Spiegels seien im Herbst 2010 zu kaufen.
Genial einfach, dennoch schlichtweg Hightech: So sieht Isomorph-Chef Hans Graßmann seinen „Linearspiegel“ zur Konzentration von Sonnenstrahlung. Denn das System kommt mit gerade mal zwei Motoren für alle Spiegel eines Arrays aus Planspiegeln zusammen aus. Dagegen werden bislang beispielsweise für Solarturmkraftwerke für jeden Reflektor zwei Stellmotoren für die Sonnennachführung benötigt. Graßmanns Trick: „Man muss die Spiegel schräg aufhängen und mit einem Stangensystem miteinander verbinden. Ein kleines Rechnersystem steuert die Sonnennachführung.“
„Langfristig sollten 200 €/m2 möglich sein“, meint Hans Graßmann zu den voraussichtlichen Kosten: Ein Bruchteil des heutigen Preises von Sonnenkollektoren oder Solarstrommodulen. 2,7 Cent koste die kWh Solarwärme bei Serienproduktion seines Spiegels, hat er ausgerechnet.
Damit aus dem Linearspiegel-Prototypen auch tatsächlich ein Serienprodukt wird, haben Hans und Martin Graßmann die Isomorph Deutschland GmbH (IMD) mit Sitz in Bamberg gegründet: Die hat inzwischen sechs Angestellte. IMD will z. B. die flachen Aluspiegel dann nicht mehr auf den Nachführrahmen nieten, sondern kleben. Das Gestänge könne auch aus Kunststoff statt wie jetzt aus Metall sein: Damit wäre es leichter, und auch die Herstellung wäre einfacher, heißt es.
Martin Graßmann will „die Fabrikation in Deutschland auf schnellstem Wege verwirklichen: Wir werden in diesem Herbst am Markt sein“, verspricht er. Der Stückpreis soll bei 4000 € bis 5000 € liegen. Das Grundsätzliche will sein Bruder Hans auch zukünftig in Italien weiterentwickeln: Mit der Isomorph s.r.l., einer Ausgründung der Udineser Universität.
Das Graßmann“sche System ist wesentlich kleiner als ein Solarturmkraftwerk. Das Spiegelarray reflektiert die Sonnenstrahlen auf eine Empfängerfläche. Um die konzentrierte Sonnenstrahlung der 24 Flachspiegel mit etwa 7,4 m2 Gesamtfläche aufzufangen und an einen angeschlossenen Heißwasserspeicher abzugeben, verwendet Isomorph einen herkömmlichen Flachwärmetauscher von 70 cm x 80 cm. „Zirka 4 kW oder 77 %“ der vom Spiegel eingefangenen Sonnenstrahlung nutze der Wärmetauscher, hat Isomorph errechnet: Das sei „etwa das Doppelte herkömmlicher (Solarkollektor-)Anlagen“.
Was genauso wichtig scheint: „Über 100 °C auch bei leicht bedecktem Himmel und auch im Winter“ würden erreicht – genug, um nicht nur Brauch- oder Heizungswasser zu erwärmen, sondern auch thermische Prozesse der Industrie zu versorgen. In Zukunft ist laut Hans Graßmann auch Dampferzeugung möglich. Und zwar in Mitteleuropa, nicht in der Wüste wie beim Projekt „Desertec“.
Während die Entwicklung des thermischen Solarsystems – die Spiegel sollen auf Flachdächern von Häusern oder Hallen aufgestellt werden – schon recht weit gediehen scheint, könnte es mit der zweiten Nutzungsart noch etwas dauern: Zwar sei der britische Technologiedienstleister und -entwickler Narec in der Lage, quadratmeterweise konzentrierende Solarzellen zu liefern, wie Hans Graßmann behauptet, doch die am Weltpremieren-Spiegel angebrachte Konstruktion ließ ziemlichen Entwicklungsbedarf erkennen. Dennoch: Mit dem Linearspiegel gleichzeitig Solarstrom und -wärme zu gewinnen ist möglich das zeigten Messgeräte. Zumal konzentrierende Solarzellen laut Physiker Graßmann nur 80 °C heiß werden dürfen: Das Kühlwasser könnte den Wärmespeicher aufheizen.
Genau hier, bei den Speichern, hat Hans Graßmann erheblichen Entwicklungsbedarf ausgemacht: „Die Geräte von heute sind nicht überzeugend“, behauptet er und verweist auf die riesigen Tanks in heutigen sogenannten Sonnenhäusern, die möglichst ausschließlich von der Sonne beheizt werden.
Graßmanns Idee ist: „Die Wärme im Sommer einfangen und in den Winter bringen.“ Außerdem fordert der Physiker: „Wir müssen die Architektur ändern“, um Flachdächer für die Spiegelaufstellung zu haben. Wobei ihn sein Bruder unterstützen kann: Der ist studierter Bauingenieur. HEINZ WRANESCHITZ
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