Solarpanel, Licht und Luft: Grüner Wasserstoff für jeden und überall?
Können wir bald selbst grünen Wasserstoff auf unserem Dach produzieren? Die Technik dazu ist gerade in der Erprobungsphase. Doch wie sinnvoll und effizient ist das? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
Auf dem afrikanischen Kontinent soll künftig grüner Wasserstoff in großem Stil produziert und eventuell dann auch nach Deutschland importiert werden. Hier in Europa arbeitet die Wissenschaft an Lösungen, Wasserstoff für jeden zugänglich zu machen. Forscher der KU Leuven sind bereits ziemlich weit: Sie haben Solarpanels entwickelt, die sowohl Wasser als auch Sonnenenergie aus der Luft einfangen und direkt in Wasserstoffgas umwandeln. Aktuell bereiten sie sich darauf vor, die Technologie über ein Spin-Off in die Massenproduktion zu bringen, 2026 soll es so weit sein. Wir sind der Frage nachgegangen, inwieweit diese Wasserstoffmodule eine Zukunft haben können und wie sinnvoll es ist, sich solch ein Modul aufs Dach zu schrauben.
Das Projekt
Köpfe des Projekts „Wasserstoffmodule“ sind Jan Rongé und Tom Bosserez. Sie arbeiten als Bioingenieure an der Katholieke Universiteit Leuven (KU Leuven) in Belgien. Seit mehr als zehn Jahren forschen sie an Prototypen von Solarpanels, die nicht Strom, sondern Wasserstoff als Produkt erzeugen. Das Besondere: Für die Zerlegung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff mit Hilfe von Strom verwenden sie kein Wasser aus der Leitung, sondern sie entnehmen es der Luft. Das begeistert: Im Jahr 2022 erreichten Wasserstoffmodule eine Top-3-Platzierung beim renommierten europäischen Erfinderpreis, der vom europäischen Patentamt vergeben wird.
Nach Angaben der Wissenschaftler, ist ihr System in der Lage, rund 250 Liter Wasserstoff pro Tag und Modul zu produzieren. Das alles bei einem Wirkungsgrad von 15 Prozent. Die Wasserstoffmodule sollen fast überall auf der Welt in der Lage sein, genügend Feuchtigkeit aus der Luft zu ziehen, allenfalls in den trockensten Orten der Erde arbeiten die Module nicht effizient. Aktuell befindet sich das Projekt in der Übergangsphase von der Forschung zur Anwendung. Dazu wurden entsprechende Räumlichkeiten bezogen und der Firma einen Namen gegeben: Solhyd.
Wie funktionieren die Wasserstoffmodule?
In der obersten Schicht des Solarmoduls wird Elektrizität erzeugt, so kennen wir es bereits bei Photovoltaik-Modulen. Der so produzierte Strom gelangt aber nun nicht über Leitungen zum Stromnetz, sondern in ein Röhrensystem. Dort werden die Wassermoleküle mit Hilfe einer Membran direkt aus der Luft gewonnen, anschließend erfolgt die Elektrolyse. Dabei werden die Wassermoleküle mit Hilfe des Stroms in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt.
Der Sauerstoff gelangt wieder in die Luft, stellt sich die Frage, was nun mit dem Wasserstoff passiert. Hier äußert sich Jan Rongé folgendermaßen: „Kurzfristig zielen wir vor allem auf mittelgroße Anwendungen wie Notstromversorgung, Logistik, Schwertransport, aber auch auf die Energieversorgung im globalen Süden. Später kann man sich alles vorstellen, von der Ammoniakproduktion im großen Maßstab bis hin zu kleinen netzunabhängigen Systemen.“
Lohnt sich eine Wasserstoffproduktion auf dem eigenen Dach?
Warum sich Eigenheimbesitzer solche Wasserstoffmodule auf das Dach schrauben sollten, ist nicht wirklich klar. Was ist der Vorteil, Strom in Wasserstoff und dann wieder in Strom zu verwandeln? Eigentlich ist das doch recht ineffizient. Wäre es nicht besser, den gewonnenen Strom für den Betrieb einer Wärmepumpe zu nutzen? Als erst mit Verlusten Wasserstoff herzustellen, mit dem dann eventuell eine Brennstoffzellenheizung betrieben wird, wo Wasserstoff mit Verlusten wieder in Strom verwandelt wird? Mit Hilfe einer Wärmepumpe lassen sich aus einem Anteil Strom, drei bis fünf Anteile Wärme erzeugen.
Momentan sind die Anwendungsfälle von Wasserstoff im eigenen Haushalt recht überschaubar. Man könnte es zum Heizen verwenden oder mit Hilfe von Brennstoffzellen wieder in Strom verwandeln. Wasserstoff hat jedoch andere Stärken, gilt er doch als Energiespeicher der Zukunft, um regenerativ erzeugte Energie im großen Stil während der Sommermonate aufzufangen und in der Heizperiode im Winter wieder nutzbar zu machen. Elektrische Speicher können das in dem benötigten Umfang nicht. Hier stellt sich, insbesondere in häuslicher Umgebung, die Frage nach der Sicherheit bei der Wasserstoffspeicherung, ist Wasserstoff doch ein äußerst zündfreudiges Gas.
Sicherheit von Wasserstoff
Zum Thema „Sicherheit von Wasserstoff“ haben wir uns bei Kollegen umgehört, die sich tagtäglich damit beschäftigen. Der TÜV SÜD schreibt auf seiner Website: „Das Gefahrenpotential von Wasserstoff ist nicht größer als das von Erdöl, Erdgas oder Uran. Seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften nach gehen vom Wasserstoff keine außergewöhnlichen Gefahren aus. Daher gibt es für ihn z. B. in Deutschland keine anderen Sicherheitsvorschriften als für alle anderen brennbaren Gase.“
Generell ist Wasserstoff jedoch ein Element, das sehr leicht mit Sauerstoff reagiert und dabei zu Wasser verbrennt. Wenn Wasserstoff in geschlossenen Räumen freigesetzt wird, besteht eine höhere Explosionsgefahr. Wer das Gas zum Beispiel in komprimierter Form bei sich zu Hause lagert, sollte unbedingt für eine erhöhte Belüftung und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen sorgen. Generell ordnet der TÜV SÜD die sicherheitstechnischen Erfahrungen mit Wasserstoff jedoch als gut ein. In der chemischen Industrie wird das Gas bereits seit hundert Jahren genutzt.
Werden wir bald selbst zu Wasserstoff-Produzenten?
Solhyd ist sicherlich eine spannende Technologie, zumal sie ohne Wasser und ohne Stromzufuhr von außen auskommt. Die Wasserstoffmodule können ihre Stärken daher insbesondere dort ausspielen, wo ein Mangel an Wasser und Strom herrscht. Unser Blick richtet sich in Wüstenregionen, die Sonne satt haben, aber sonst nichts außer Hitze und Staub. Sollten die Module tatsächlich noch genügend Wasser aus der Luft saugen können, wie es die Erfinder behaupten, könnten dort große Mengen grüner Wasserstoff produziert werden. Die Produktion von Wasserstoff auf dem eigenen Dach zuhause, ist zunächst einmal recht ineffizient. Es sei denn, man möchte sich völlig autark von anderen machen und im Sommer genügend Wasserstoff produzieren, der einen dann über den Winter bringt.
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