Solarstrom aus der Sahara für 2,25 Millionen Haushalte in Europa
Die Sahara soll zu einer gigantischen Solarstromquelle für Europa werden. Das Londoner Unternehmen TuNur plant den Bau riesiger Solarkraftwerke auf einer Fläche von 14.000 Fußballfeldern in Tunesien. Der Wüstenstrom soll über drei Leitungen durchs Mittelmeer nach Europa fließen. Strom für 2,25 Millionen Haushalte.
Wo lässt sich Solarstrom am effektivsten produzieren? Dort, wo die Sonne zuverlässig und konstant scheint. Das ist in Tunesien der Fall, im Südwesten des Landes, in der Sahara. Im südtunesischen Rjim Maatoug soll in den nächsten Jahren ein gigantischer Solarpark entstehen, so der Plan der privaten Planungsgesellschaft TuNur aus London mit tunesischen und europäischen Teilhabern.
Solarturm-Kraftwerke sollen auf einer Fläche entstehen, die so groß ist wie 14.000 Fußballfelder. „Der Standort in der Sahara erhält im Vergleich zu Standorten in Mitteleuropa doppelt so viel Sonnenenergie, sodass wir für die gleiche Investition doppelt so viel Strom produzieren können“, ist Kevin Sara, Geschäftsführer von TuNur überzeugt.
Der erste Wüstenstrom könnte in fünf Jahren fließen
TuNur hat beim tunesischen Energieministerium jetzt einen Antrag für den Bau von Stromleitungen gestellt, die von Tunesien aus nach Europa reichen. Die gelieferte Elektrizität soll ausreichen, um in Europa 2,25 Millionen Haushalte mit Energie zu versorgen – alternativ mehr als sieben Millionen Elektrofahrzeuge.
Derzeit gibt es laut TuNur Gespräche mit verschiedenen Regierungen, auch mit dem deutschen Wirtschaftministerium – eine Anschlusszusage des italienischen Netzbetreibers liegt angeblich schon vor. TuNur will den ersten Wüstenstrom schon in fünf Jahren von Afrika nach Europa liefern.
Grundlastfähig: Solarturm-Kraftwerke liefern 24 Stunden Strom
In der ersten Bauphase plant TuNur, im südtunesischen Rjim Maatoug Solarturmkraftwerke mit 250 MW Leistung zu bauen. Ihr Funktionsprinzip: Tausende im Kreis angeordnete Spiegel projizieren Sonnenstrahlung auf einen Wärmetauscher mit einem Flüssigsalzspeicher in einem mittig platzierten Turm.
Das System nutzt die Sonnenenergie, um Wasser zu erhitzen. Der entstehende Wasserdampf treibt Stromgeneratoren an. Diese sogenannten CSP-Kraftwerke sollen jährlich 1.000 GWh erzeugen – genug Strom, um 250.00 Haushalte zu versorgen. „1,6 Milliarden Euro wird die erste Phase nach unseren Schätzungen kosten“, sagt Sara.
In der zweiten Projektphase sollen Kraftwerke entstehen, die weitere 9.000 GWh produzieren. Das Besondere: Die Anlagen sind dank des Flüssigsalzspeichers grundlastfähig. Das Flüssigsalz wird tagsüber so heiß, dass die Temperatur auch noch nachts so hoch ist, dass sie zur Stromerzeugung ausreicht. Entsprechende Versuche laufen auch beim DLR in Jülich.
Strom fließt durch Unterseekabel nach Europa
TuNur möchte die Energie in Gleichstrom umwandeln und über drei Leitungswege verlustarm nach Europa bringen. Das erste Unterseekabel soll Tunesien mit Malta verbinden, da Malta bereits mit dem europäischen Netz verbunden ist. Das zweite geplante Kabelsystem wird Tunesien mit einem Stützpunkt nördlich von Rom verbinden. Ein drittes Kabel verbindet Tunesien mit dem Süden Frankreichs.
„Wenn die europäischen Regierungen das Pariser Abkommen ernst nehmen und das Zwei-Grad-Ziel der globalen Erwärmung erfüllen wollen, müssen wir mit dem Import von erneuerbaren Energien beginnen“, sagte Sara der britischen Tageszeitung The Guardian. Auch dem tunesischen Arbeitsmarkt würde das Projekt nutzen. 20.000 Arbeitsplätze sollen im Land entstehen.
Die Idee, Strom in der Sahara zu produzieren und dann nach Europa zu transportieren, war schon ein Traum der Desertec-Initiative. Die wollte Solarkraftwerke in der marokkanischen Wüste bauen und per Stromkabel in die EU exportieren.
Doch während Desertec seine Pläne aufgegeben hat, entsteht derzeit in Marokko der größte Solarpark der Welt. Allerdings ohne Anbindung an Europa, sondern zur Versorgung des Landes.
Ein Beitrag von: