Solarenergie 10.02.2012, 12:01 Uhr

Solarthermie erobert die Wüsten

In den Vereinigten Arabischen Emiraten entsteht derzeit das weltweit erste Sonnenwärmekraftwerk auf Wüstensand. Es dient als wichtige Referenz für kommende Projekte. Denn in den feucht-heißen und sandigen Regionen Nordafrikas und des Nahen Ostens ist der Bau solcher Anlagen eine große technische Herausforderung.

Wer in jüngster Zeit die Vereinigten Arabischen Emirate bereist hat, dem ist er beim Abflug von der Hauptstadt Abu Dhabi vielleicht aufgefallen: der silbrige See, der aus der kargen Landschaft hervorsticht. Allerdings ist es kein Wasser, das da unten in der Sonne schimmert, sondern Tausende parabolisch geformte Spiegel. Sie sammeln das Licht für das weltweit erste solarthermische Wüstenkraftwerk „Shams 1“, das im Herbst dieses Jahres ans Netz gehen soll. Concentrated Solar Power, kurz CSP, heißt diese Technologie im Fachjargon, die Sonnenwärme über Absorber als primäre Energiequelle nutzt.

Shams 1 gilt als wichtiger Meilenstein der CSP-Industrie. Die Internationale Energieagentur IEA erwartet, dass CSP und Photovoltaik bis 2060 zu den wichtigsten Energiequellen aufsteigen und mehr als die Hälfte des weltweiten Strombedarfs decken.

Wichtige Grundlage dafür ist ein Gürtel von Solarkraftwerken in den Wüsten des Nahen Osten und von Nordafrika, doch wegen des Wassermangels und der aufwendigen Bodenpräparation wurde dort bisher kein kommerzielles CSP-Großprojekt umgesetzt.

Die Unternehmen konzentrierten sich auf technisch leichtere Vorhaben in Spanien und den USA, wo sie bereits Sonnenwärmekraftwerke mit mehr als 2000 MW Gesamtleistung errichteten. Die Shams Power Company, ein Joint Venture von Masdar Power, Abengoa Solar und Total, hat nun als erste Firma für umgerechnet 450 Mio. € eine CSP-Anlage mitten in die Große Arabische Wüste gesetzt.

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Solarthermie in der Wüste: Wassermangel ist das Hauptproblem

„Wir zeigen, dass Solarthermie auf diesem schwierigen Terrain realisierbar ist“, sagt Masdar-Power-Chefingenieur Olaf Goebel. Mit 100 MW Leistung wird Shams 1 rund 20 000 Haushalte mit Strom versorgen und dabei 175 000 t CO2 pro Jahr einsparen. Allerdings waren für das Projekt einige technische Kniffe zu lösen. Hauptproblem ist, dass in der Wüste kein Wasser vorhanden ist. Daher kann der Abdampf des Kraftwerks nicht auf konventionelle Weise durch Kondensation in einem Nasskühlturm abgekühlt werden.

Dampfkühlung ist aber notwendig, denn nur dann bildet sich im Kraftwerk eine Druckdifferenz zwischen heißer und kalter Seite, die den Dampf in Bewegung setzt und den Antrieb einer Turbine erst ermöglicht. Die Shams-Ingenieure mussten daher auf die teurere Trockenkühlung umschwenken.

Die Technik, die der Herner Anlagenbauer GEA Energietechnik liefert, funktioniert wie ein Autokühler: Der Dampfstrom wird durch große Luftkondensatoren geleitet und kühlt dabei durch Konvektion, die große Ventilatoren unterstützen, ab. „Das reduziert den Wasserverbrauch des Kraftwerks um den Faktor 20“, erklärt Goebel.

Nachteil der Trockenkühlung ist jedoch, dass der Abdampf wegen der hohen Umgebungstemperatur schlechter gekühlt wird als in einem Kühlturm. Um dennoch eine hohe Temperaturdifferenz im Kraftwerk zu gewährleisten, erhitzen die Ingenieure den solar erzeugten Dampf mit einem zusätzlichen Erdgasbrenner von 380 °C auf 500 °C, sorgen also für einen „heißen Eintritt“. Dadurch steigt der Wirkungsgrad der Dampfturbine Goebel zufolge um sechs Prozentpunkte auf 40 % – ein für ein Parabolrinnenkraftwerk überdurchschnittlicher Wert.

Solarthermie-Projekt dank Subventionen konkurrenzfähig

Allerdings steigen durch die Trockenkühlung und den zusätzlichen Gasbrenner deutlich die Stromgestehungskosten. Sie liegen bei Shams 1 bei etwa 0,30 €/kWh, also rund 0,10 €/kWh über den Kosten aktueller spanischer CSP-Kraftwerke und sogar mehr als zwei Drittel über denen konventioneller Kohle-und Gaskraftwerke.

Dennoch rechnet sich das Projekt für die Betreiber, weil die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate das Projekt finanziell unterstützt. Der staatliche Energieversorger Abu Dhabi Water and Electricity Company nimmt den Strom im Rahmen einer 25-jährigen Bezugsvereinbarung für 0,025 €/kWh ab, die Differenz zum Erzeugungspreis von 0,2975 €/kWh steuert der Staat als Subvention bei. Die großzügige Hilfe lässt sich damit erklären, dass die Emirate den Anteil erneuerbarer Energien an ihrem Energiemix bis 2020 von derzeit 0,1 % auf 7 % steigern wollen.

Solarthermie soll eine Schlüsselrolle spielen

Solarthermischen Kraftwerken soll eine Schlüsselrolle zukommen, denn bei der hohen Einstrahlung in der Golfregion von 2000 kWh/m2 arbeiten sie sehr ertragreich und weisen zudem noch hohes Kostensenkungspotenzial auf. „Neue Technologien können die Kosten in den kommenden zehn Jahren halbieren“, sagt Robert Pitz-Paal, Co-Direktor des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Ein neuer Ansatz sind Wärmespeicher, riesige, mit Flüssigsalz gefüllte Tanks, die es ermöglichen, Strom rund um die Uhr auch bei Dunkelheit und Wolken zu produzieren. Dadurch wird das Kraftwerk besser ausgelastet und die Stromgestehungskosten sinken. Außerdem kann CSP so helfen, Lücken in der Photovoltaik- und Windstromerzeugung zu schließen.

Shams 1 integriert noch keinen Speicher, da bei der Planung marktreife Lösungen gefehlt hätten, erklärt Goebel. Daher muss ein zweiter Gasbrenner einspringen, wenn das Kraftwerk im Dunkeln Strom liefern soll. Alle Nachfolgeprojekte in den Emiraten sollen laut Goebel aber Speichertechnik enthalten. So auch Shams 2, das Ende des Jahres ausgeschrieben werde. „Dadurch wird der Solarstrom um rund ein Drittel billiger“, verspricht Goebel.

Große Hoffnung verbinden Forscher und Ingenieure auch mit der Solarturmtechnik, einer neuen CSP-Variante. Hunderte Spiegel bündeln die Sonnenstrahlung auf einen Röhrenabsorber in 150 m Höhe am oberen Ende eines Turms. Darin zirkulierendes Salz erhitzt sich und erzeugt bis zu 1000 °C heißen Dampf.

Dank der höheren Temperaturen können Solartürme deutlich effizienter gefahren werden als gängige Parabolrinnenkraftwerke. Anfang Oktober ist in Cordoba in Spanien der erste kommerzielle Solarturm mit Salzspeicher mit 20 MW Leistung in Betrieb gegangen.   

Ein Beitrag von:

  • Sascha Rentzing

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