Sonne schafft Aufwind – eine vernachlässigte Alternative
Die Nutzung der Sonnenenergie für die zukünftige Wärme-, Strom- und Kraftstoffbereitstellung ist nicht mehr nur durch eine einzige Technologie, wie die gegenwärtig intensiv popularisierten Solarrinnenkraftwerke, zu lösen. Für Professor Franz Adolf Sturm stellt die bereits in den 80er-Jahren in Spanien erprobte Technologie eines solaren Aufwindkraftwerkes eine der Energietechniken der Zukunft dar, wie er im nachstehenden Artikel erläutert. VDI nachrichten, Hamburg, 15. 1. 10, swe
Die weitere Entwicklung der solaren Energietechnik erfordert vordringlich intensive Aktivitäten durch Forschung, Technik und Überführung für die reale Nutzung auf vielen unterschiedlichen Gebieten. Dazu gehört unter anderem die Vorbereitung neuer Energiewandlungsverfahren in Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte in Asien und Afrika.
Es gilt die Nutzung der Solareinstrahlung für Solarenergieanlagen bei hoher Sonneneinstrahlung, unbegrenzten Flächen in Wüsten und wüstennahen Territorien zu entwickeln. Hinzu kommt die Entwicklung umgebungsbezogener Energiespeicherverfahren für die Solarenergie.
Für die praktische Umsetzung benötigt man die Bereitstellung ausgereifter, instandhaltungsarmer, möglichst einfacher Technologien der Sonnenenergienutzung. Dies muss in einer Aus- und Weiterbildung von Fachkräften aus Entwicklungsländern für die Solarenergienutzung münden.
Ein Beispiel zur Lösung einer solchen Aufgabe ist die technische Überführung der Idee eines Aufwindkraftwerkes. Ein erstes Aufwindkraftwerk wurde in den 80er-Jahren als Funktionsmodell im spanischen Manazanares mit einem 200 m hohen Turm durch den Bauingenieur und damaligen Professor an der Universität Stuttgart, Jörg Schlaich, errichtet.
Das Prinzip: Die Sonne erwärmt die Luft. Diese erwärmte Luft wird durch Auftrieb in einem Schlot in höhere Luftschichten transportiert. Windturbinen am Fuß des Schlotes betreiben mit dieser erwärmten Luft elektrische Generatoren. Strom wird in vorhandene oder zu errichtende elektrische Netze gespeist.
Die Verfügbarkeit der elektrischen Leistung über 24 h wird durch Wärmespeicherung realisiert. Unterhalb des Glasdachkollektors sind Wärmespeicher angeordnet. Sie bestehen aus mit Wasser gefüllten, elastischen, schwarzen Schläuchen oder Behältern. Auch die Erde unterhalb der Speicherschläuche ist Wärmespeicher.
Für den Service und die Instandhaltung dieser Anlagen sind neue Randbedingungen zu beachten. Besonders ist zu nennen der Nachweis vernachlässigbarer Abnutzung infolge von Klimaeinflüssen tropischer und subtropischer Regionen an Komponenten.
Hinzu kommt die Frage, inwieweit Verschleiß von Glasdachkollektoren durch Sandstürme in wüstennahen Regionen bei einer erwarteten Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren auszuschließen ist.
Die Möglichkeit einer Korrosion durch große Tag-Nacht-Temperaturschwankungen infolge Schwitzwasserbildung ist zu klären. Materialermüdung durch unterschiedliche Temperaturwirkung tags und nachts auf der Sonnen- und Schattenseite von Türmen durch Biegung des Schaftes bei großen Turmhöhen von 500 m bis 1000 m gilt es zu ermitteln.
Instandhaltungszyklen, Nutzungsdauer und Lebensdauer sind für die zu erwartenden Klimaverhältnisse nachzuweisen. Die Instandhaltung an rotierenden Maschinen für den ununterbrochenen Betrieb erfordern Präzisionsarbeiten.
Für Services und Instandhaltung an Solarenergieanlagen geschultes Personal ist in den Ländern der Dritten Welt nicht vorhanden. Nicht alle anspruchsvollen Servicearbeiten und Instandhaltungsarbeiten können wegen hoher Lohn- und Anreisekosten von Spezialisten der Ausrüstungshersteller durchgeführt werden. Präzise Anlagendokumentation für alle instandzuhaltenden Ausrüstungen ist erforderlich. Instandhaltungsdokumentation ist für technisch nicht ausgebildetes, nur eingewiesenes Personal zu erarbeiten. Sie sollte vom Lieferer der Ausrüstungen bereitgestellt werden. Es gilt Schulungsmaterial und Vor-Ort-Schulungen vorzubereiten.
Was spricht nach zwei Jahrzehnten für die Wiederaufnahme der Realisierung dieser kühnen, aber praktikablen Technologie eines Aufwindkraftwerks? Zuvorderst steigt der Energiebedarf der Welt, insbesondere der Strombedarf, weiter an. Seine Verdopplung ist in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten.
Die Technologiekosten haben sich seit den 80er-Jahren merklich reduziert. Theoretische Untersuchungen und Begutachtungen von Studien zu Aufwindkraftwerken versprechen inzwischen akzeptable Amortisationszeiträume. Technische Entwicklungen und neue Technik haben in den vergangenen Jahrzehnten in Drittländern unverkennbar Anwendung und Nutzung gefunden.
Die Investitionskosten für Aufwindkraftwerke sind nach wie vor hoch. Der Ertrag aus der Nutzung eigener Ressourcen kann aber für die Entwicklungsländer zu nutzbarem Kapital für Investitionen von zusätzlichen Aufwindkraftwerken im eigenen Land werden. FRANZ ADOLF STURM
Dieser Artikel berücksichtigt Ideen und Projekte von Prof. Dr.-Ing. Jörg Schlaich, Stuttgart/Berlin, Prof. Dipl.-Ing. Volkwin Marg, Hamburg, Prof. Dr. Franz Adolf Sturm, Hamburg.
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