Sonnenkraftwerke wie Dachpappe
Die Leipziger Solarion AG arbeitet an flexiblen Solarmodulen, die auf Dächern ausgerollt und einfach verklebt werden können. In seiner ersten Fabrik wird das Unternehmen seine Solarfolien allerdings noch zu starren Standardmodulen verarbeiten.
Es ist wie ein Blick in die solare Zukunft, wenn Alexander Braun und Karsten Otte ihr flexibles Solarmodul präsentieren. Die robuste schwarze Kunststofffolie, die beide Vorstände der Solarion AG in den Händen halten, erinnert ein wenig an Dachpappe, die Flachdächer gegen die Witterung schützt. Wie Dachpappe soll künftig auch die Solarfolie des Leipziger Unternehmens auf Dächern ausgerollt und selbstklebend auf der Dachhaut befestigt werden können. Dann hilft sie nicht nur gegen schlechtes Wetter, sondern produziert bei gutem Wetter auch noch Sonnenstrom.
Bis Dachdecker Solarions solare Dachpappe verlegen können, dürften allerdings noch einige Jahre ins Land gehen. Denn die Barrierefolien, mit denen die Solarzellen im Inneren des Moduls vor der Witterung geschützt werden, sind noch sehr teuer. „Die Hersteller der Barrierefolien haben in den vergangenen Jahren dramatische Fortschritte erzielt“, erzählt Braun. „Aber diese Folien sind immer noch fünfmal so teuer wie Glas.“
Daher wird Solarion in seiner ersten Fabrik noch keine flexiblen Solarmodule herstellen. Die – ebenfalls flexiblen – Solarzellen will das Unternehmen zunächst zwischen Glasplatten packen und als starres Standardmodul mit einem Wirkungsgrad von 10 % auf dem Photovoltaikmarkt verkaufen.
Als Investor für diese Fabrik konnten die Leipziger nach langer Suche schließlich den taiwanischen Mischkonzern Walsin Lihwa gewinnen, der sich in den vergangenen Jahren zunehmend im Bereich erneuerbarer Energien engagiert hat. Durch eine Kapitalerhöhung beteiligte er sich mit 49 % an Solarion. Nun kann Solarion 40 Mio. € aus der Kapitalerhöhung und 20 Mio. € Fördermittel in ein Werk investieren, in dem 140 Mitarbeiter ab 2012 jährlich Solarmodule mit einer Spitzenleistung von 20 MW produzieren sollen.
In Solarions neuer Fabrik wird für die Solarzellenfertigung im Wesentlichen die gleiche Technik installiert, die sich bereits in der bisher betriebenen Pilotanlage bewährt hat. Allerdings werden die neuen Maschinen viermal so groß ausgelegt: Wird auf der Pilotanlage noch ein 20 cm breites Folienband mit Halbleitermaterialien für den photovoltaischen Effekt beschichtet, soll es auf der Serienanlage dann 80 cm breit sein.
Zunächst bleibt es dabei, dass jeder Beschichtungsprozess in einer speziellen Maschine erfolgt: Die nur wenige Mikrometer dünne Polyimid-Kunststofffolie erhält zunächst in einer Vakuumkammer eine ebenfalls hauchdünne Rückkontaktschicht aus Molybdän. Danach kommt in einer weiteren Vakuumkammer durch einen Ionenstrahlprozess eine p-leitende Absorberschicht aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS) hinzu. Diese Absorberschicht wird in einer nasschemischen Anlage mit einer n-leitenden Cadmiumsulfidschicht überzogen. Nun kommt die Folie wieder in eine Vakuumkammer, wo sie ihre letzte Schicht erhält: einen transparenten Frontkontakt aus Zinkoxid.
Das Ionenstrahlverfahren ermöglicht es, die CIGS-Beschichtung sehr genau zu steuern und bei relativ niedrigen Temperaturen von 400 °C ablaufen zu lassen. Zum Vergleich: Andere CIGS-Hersteller arbeiten mit Beschichtungstemperaturen von 550 °C. Damit habe Solarion leichte Vorteile beim Energie- und Materialverbrauch sowie der Prozessgeschwindigkeit, erklärt Braun.
Gegenüber der Fertigung kristalliner Siliziumzellen sinke der Energieverbrauch sogar auf 25 %, so Braun. Die Energierücklaufzeit für ein Kraftwerk mit CIGS-Glasmodulen, das in Deutschland betrieben wird, beziffert Solarion auf zwei Jahre.
„Mit den Produkten aus der ersten Fabrik schreiben wir eine schwarze Null“, erklärt Braun die betriebswirtschaftliche Kalkulation. Zahlen für das dann erreichbare Kostenniveau je Watt Modulleistung will er nicht nennen. Später ist der Aufbau von größeren Fertigungsstätten für Glasmodule geplant. Der nächste Schritt dürfte eine Fabrik mit 180 MW Jahresproduktion sein, die nach vorläufiger Planung 2013 in Betrieb gehen soll. Wenn Solarion danach mit weiteren Fabriken eine Jahresproduktion von 500 MW erreicht, hält der Vorstand auch deutliche Kostensenkungen für möglich. Dann könne das Unternehmen bei Glasmodulen Preise von 0,70 €/W erreichen.
Weitere Möglichkeiten für Kostensenkungen sieht er in der Produktion der flexiblen Solarmodule. Braun ist überzeugt, dass die Hersteller der Barrierenfolie in den nächsten Jahren drastische Preissenkungen erreichen können und diese Folien günstiger werden als Glas. „Es ist absehbar, dass man diese Folien nach 2013 in der großtechnischen Umsetzung für Solarprodukte einsetzen kann. Dann haben wir einen strategischen Vorteil.“ STEFAN SCHROETER
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