Green IT 09.12.2019, 07:00 Uhr

Stationäre Energieversorgung mit Brennstoffzellen

Brennstoffzellen gelten neben Akkus als innovative Lösung zur Mobilität von morgen. Sie eignen sich aber auch für Systeme zur stationären Energieversorgung. Ein Pilotprojekt soll die Technologie jetzt weiter vorantreiben.

Brennstoffzelle

Ingenieure entwickeln auf der Basis automobiler Brennstoffzellen ein Konzept für die stationäre Stromerzeugung mit Brennstoffzellen.

Foto: Mercedes-Benz AG

Automobilkonzerne haben in den letzten Jahren viel Expertise im Bereich von Brennstoffzellen gesammelt, um Fahrzeuge künftig mit Wasserstoff als umweltfreundlicher Energiequelle anzutreiben. Auch bei der Mercedes-Benz AG gehören die Systeme zur Strategie. Der Konzern arbeitet zusammen mit der Rolls-Royce Power Systems AG auch an stationären Lösungen. Sie eignen sich als Aggregate in sicherheitsrelevanten Einrichtungen, etwa für Rechenzentren oder Kliniken. Bereits Anfang kommenden Jahres soll das Projekt beginnen.

„Das Prinzip der Brennstoffzelle ist so genial wie einfach, die Technik ist bekannt, aber trotzdem anspruchsvoll in ihrer Anwendung“, sagt Martin Teigeler. Er ist Entwicklungsleiter des Rolls-Royce-Geschäftsbereichs Power Systems. „Jetzt ist sie serienreif und damit bereit für den kommerziellen Markt.“

Wasserstoff bringt die Green IT voran 

Zum Hintergrund: Rechenzentren müssen heute eine nahezu hundertprozentige Ausfallsicherheit gewährleisten. Sie steuern sicherheitsrelevante Bereiche in allen Bereichen der Wirtschaft. Um dies zu gewährleisten, arbeiten Ingenieure mit Microgrids, also lokal abgegrenzten Stromnetzen, die nur aus einem oder einigen wenigen Elektrizitätswerken bestehen. Das soll für mehr Ausfallsicherheit sorgen und Risiken der Sabotage minimieren. Hinzu kommen teure, wenig umweltfreundliche Dieselaggregate zur Notstromversorgung.

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Bei der Konzeption von Rechenzentren stehen Ingenieure einer weiteren Herausforderung gegenüber. Mehr Rechenleistung und mehr Speicherplatz erfordern auch mehr Energie. Einer Studie des amerikanischen Natural Resources Defense Council (NRDC) zufolge steigt der Strombedarf von Rechenzentren in den USA bis 2020 auf 140 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr, was der Jahresproduktion von rund 50 Kraftwerken und einem jährlichen Kohlendioxid-Ausstoß von 100 Millionen Tonnen entspricht. Umso wichtiger sind nachhaltige, umweltfreundliche Energieversorgung als Bestandteil umweltfreundlicher Informations- und Kommunikationstechnik („Green IT“).

Brennstoffzellen gelten in dem Bereich als ideale Lösung. Bekanntlich entsteht bei der Energiegewinnung aus Wasserstoff und Sauerstoff nur Wasserdampf. Auch lässt sich Wasserstoff gut bevorraten, was Rechenzentren unabhängig von externen Infrastrukturen macht. Hinzu kommt die leichte Skalierbarkeit: Brennstoffzellen „wachsen“ mit, wenn sich ein Rechenzentrum vergrößert. Mehr Module bedeuten mehr Leistung vor Ort; sie lassen sich nachträglich integrieren. Beim Betrieb sind auch Synergien denkbar, um die Kühlung effizient zu gestalten: Die Ausgangstemperatur des Kühlmittels von Computern entspricht der Eingangstemperatur des Brennstoffzellenkühlmittels; beide Kreisläufe können kombiniert werden. Die hohe Zuverlässigkeit, der niedrige Geräuschpegel und der geringe Platzbedarf gelten als weitere Vorteile im Praxisbetrieb.

Ganzheitlicher, nachhaltiger Ansatz zur Energieversorgung 

Bereits vor zwei Jahren hat Mercedes-Benz auf der IAA Vorserienmodelle des GLC F-CELL präsentiert. Die Brennstoffzellen sind 30% kleiner und 40% leistungsfähiger als ähnliche Systeme. Und aufgrund ihrer Abmessungen eignen sie sich nicht nur für den Bereich Automotive, sondern zur direkten Energieversorgung von Computerserver-Racks in Rechenzentren.

Brennstoffzellen könnten dabei zum integralen Bestandteil eines ganzheitlichen, Kohlendioxid-freien Systems werden, wie folgendes Konzept zeigt: Der Grundstrombedarf eines Rechenzentrums könnte – je nach Standort – von Solar- und Windkraftanlagen abgedeckt werden. Steht viel Strom aus regenerierbaren Quellen zur Verfügung, wird per Elektrolyse aus Wasser Wasserstoff hergestellt und vor Ort gespeichert. Auf diese Ressource greifen Brennstoffzellen zu, falls sich der Energiebedarf nicht aus Sonne oder Wind decken lässt.

Was gut für die Umwelt ist, senkt auch Investitionskosten beim Betreiber. Die klassische Stromversorgung macht beim Bau eines neuen Rechenzentrums zwischen 30 und 40% der Kosten aus. Ohne Dieselgeneratoren, zentrale unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme (USV), Schaltanlagen und Kupferleitungen lässt sich viel Geld sparen.

Automobile Brennstoffzellen als treibende Kraft für Innovationen 

Der Entwicklung stationärer Brennstoffzellen gingen zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich Automotive voraus. Bestes Beispiel ist der Mercedes GLC F-Cell, ein Elektrofahrzeug mit Brennstoffzelle und Lithium-Ionen-Akku. Beide Systeme bieten in Kombination emissionsfreies Fahren mit großer Reichweite und Flexibilität hinsichtlich der Energiequellen. Kaufen kann man das Auto nicht. Laut ADAC ist es für 799 Euro pro Monat zu mieten – inklusive Wartung und Versicherung, ohne Anzahlung.

Den Medienberichten zufolge soll es aber nur ein paar hundert Exemplare geben. Denn Daimler konzentriert sich darauf, die Brennstoffzellen-Technik in Bussen und Lkws voranzubringen – und jetzt zusammen mit Rolls-Royce in stationären Systemen.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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