Solartechnik 18.03.2011, 19:52 Uhr

Strom und Wärme aus einem Modul

Hybridmodule vereinen Solarthermie und Photovoltaik. Auf dem Papier eine gute Idee – doch in der Praxis entsteht ein Zielkonflikt.

Auf den ersten Blick ist der Gedanke so einfach wie überzeugend: Wenn Photovoltaikmodule nur maximal 20 % der Strahlungsenergie der Sonne verwerten können – warum nicht die verbleibenden 80 % nutzen, um zusätzlich Wärme zu gewinnen? Dieser Gedanke liegt den sogenannten Hybrid- oder PVT-Modulen zugrunde, die Solarthermie und Photovoltaik in einem Produkt kombinieren.

Deren Hersteller haben in erster Linie Hausbesitzer mit kleinen Dächern im Visier, die sich bislang entscheiden mussten, ob sie auf ihren knapp bemessenen Flächen lieber Strom oder Wärme erzeugen. Hybridmodule können beides: Sie koppeln Solarzellen mit einem thermischen Absorber. Wie bei einem herkömmlichen Solarthermiekollektor wird die Wärme über Kupferrohre in den Heizkreislauf abgeführt. Damit wächst zugleich der Stromertrag. Denn Photovoltaikzellen liefern umso mehr Strom, je kälter sie sind. Umgekehrt können die Module im Winter durch den Anschluss an den Heizkreislauf erwärmt werden, so dass Schnee auf den Solarpaneelen schneller schmilzt – auf diese Weise erzeugen sie mehr Strom.

Doch hinter der Kombination von Solarthermie und Photovoltaik steckt ein Zielkonflikt, meint Gunter Rockendorf, Gruppenleiter Solarthermie am Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH): „Es ist nicht ganz einfach, die Produktion von Strom und Wärme in einem Modul optimal miteinander zu koppeln. Wenn ich das System mit dem Ziel der maximalen Deckung eines bestehenden Wärmebedarfs betreibe, muss die Modul-Austrittstemperatur hoch sein. Wenn ich aber einen maximalen Stromertrag erzielen will, muss das Modul so kühl wie möglich betrieben werden. Da haben wir also einen Widerspruch.“

Ob die Anlage primär auf die Wärme- oder auf die Stromerzeugung ausgerichtet ist, hängt vor allem davon ab, wie die Module konzipiert sind (siehe Infokasten). Wer sich ein Hybridsystem auf das Dach schrauben will, muss sich also entscheiden: Soll die Anlage so ausgelegt sein, dass sie vor allem Strom erzeugt, auf Kosten des Wärmeertrags? Oder geht es in erster Linie darum, mit der Sonnenenergie die Heizkosten zu senken?

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Dazu kommt, dass die Hybridanlagen am meisten Wärme erzeugen, wenn sie am wenigsten benötigt wird: im Sommer. Kein Problem damit haben die Besitzer von Swimmingpools, die sie mit der Solarenergie beheizen können. Als Alternative bietet es sich an, Hybridmodule mit einer Wärmepumpe zu koppeln und den Erdboden als Speicher zu verwenden. Was dies konkret bringt, untersucht zurzeit das ISFH in einem dreijährigen Forschungsprojekt.

„Die Wärmeerträge werden zum einen genutzt, um die Wärmepumpe direkt zu unterstützen, zum anderen, um das Erdreich im Sommer zu regenerieren. Zugleich werden die Photovoltaikzellen gekühlt. Das bringt in unserer Pilotanlage nach vorläufigen Messdaten einen Strommehrertrag von etwa 4 %“, sagt Gunter Rockendorf. „Zugleich benötigt die Wärmepumpe weniger Energie, weil die Temperatur an der Erdsonde jetzt höher liegt. Die ersten Messungen und Analysen in der von uns untersuchten Anlage deuten darauf hin, dass aufgrund des Anstiegs der Wärmequellentemperatur der Strombedarf der Wärmepumpe um 10 % sinkt.“

Wer eine Hybridanlage installieren will, muss das gesamte Heizungssystem betrachten. Deshalb lässt sich auch die Frage nach der Rentabilität genauso wenig pauschal beantworten wie die nach Erträgen und Wirkungsgraden. Benno Nieberle vom Hybridmodulehersteller Solarzentrum Allgäu wagt dennoch eine Kalkulation: Er gibt für seine Module einen Strommehrertrag von 20 % gegenüber vergleichbaren herkömmlichen Photovoltaikmodulen an – also deutlich mehr als in der ISFH-Testanlage.

Zwar liegen die Modulkosten um bis zu ein Drittel höher als bei den handelsüblichen Photovoltaiksystemen, doch Nieberle geht davon aus, dass sich der finanzielle Mehraufwand gegenüber den PV-Modulen ohne Wärmeableitung durch die Stromvergütung innerhalb von zwei Jahren amortisiert hat, da die Anlage mehr Strom erzeugt. „Und für diese Investition erhält der Kunde zusätzlich vom ersten Tag an gratis Wärme“, erklärt Nieberle.

Bislang ist das Angebot an Hybridmodulen noch sehr überschaubar: Nur das Solarzentrum Allgäu und Solarhybrid fertigen zurzeit hierzulande solche Kombiprodukte. Dazu kommen einige ausländische Anbieter wie ecoTec Energy aus den USA, ZEN Renewables aus Belgien oder PVTwins aus den Niederlanden. Der Zielkonflikt bei der Erzeugung von Strom und Wärme, die vergleichsweise komplizierte Konzeption und Steuerung der Systeme, Unsicherheiten bei der Rentabilitätsrechnung – es gibt viele Gründe dafür, dass die Hybridmodule nicht aus ihrer Nische kommen – auch wenn die Idee noch so bestechend klingt. RALPH DIERMANN

Ein Beitrag von:

  • Ralph Diermann

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